Die Konzertszene in Trier hält immer wieder Entdeckungen bereit. Wir hören für euch in die Alben rein und sagen euch, was sich lohnen könnte. Heute: Tiny Ghosts mit „Another Poison Wine“.
Das Album beginnt mit dem treibenden „Question of Love“ mit hypnotischer Gitarre, bevor die Freiberger mit „Godmachine“ das Tempo anziehen. Ähnlich „Human Ways“, das Abschiedsstück der Platte: aufkratzend, vielschichtig, kantig. Es ist eine bemerkenswerte Leichtigkeit, die einem aus den Lautsprechern entgegen schallt. „Birdland“ klingt mit seiner perlenden Gitarre nach kühler Erfrischung im Sommer. Auch „Break Up“ beginnt mit einer perlenden Gitarrenlinie, doch so richtig catchy wird das Stück mit dem mehrstimmigen Refrain, der zunächst roh vor reduzierter musikalischer Begleitung steht, später dann in ein vielschichtiges Arrangement integriert wird.
Musikalisch speist sich „Another Poison Wine“ aus so vielen Quellen, das es nicht einfach zu verordnen ist. Ich denke an Hüsker Dü, die ganz frühen R.E.M., Americana und Indie der späten 80er. Doch sind diese Einflüsse nicht einfach zusammengesetzt, sondern auf das Wesentliche reduziert. Es ist dieses Rohe, das diese Musik auszeichnet, etwa wenn in „New Drummer“ hinter der sägend-singenden Lead eine zweite, mahlend verzerrte Gitarre tritt. „Heritage“ ist bei aller Reduktion hymnisch geraten. Komplexe rhythmische Strukturen und kleine Akzente verbergen sich hinter den unscheinbaren Stücken, die einem bei jedem Hören mehr auffallen. Es sind diese kleinen Akzente.
„Another Poison Wine“ ist ein bemerkenswertes Album geworden, das sich immer stärker in die Gehörgänge schleicht und sich dort festsetzt. Es ist nicht der ganz große Wurf, nicht das Album des Jahres. Aber man fühlt: Die Band ist auf einem sehr guten Weg. Es ist ein Album wie Radioheads „The Bends“: Nicht musikalisch, aber in der Bedeutung ähnlich. Man hört ihm an, dass diese Band noch großartige Musik schreiben wird. „Another Poison Wine“ ist ein Album einer Band auf dem Weg, die nun einen vielversprechenden Zwischenstopp einlegt. Es macht Spaß, ihr dabei zuzuhören. Und es macht Spaß, auf die Musik zu warten, die da noch kommen wird.
Vorhören könnt ihr die Musik auf MySpace – und wer Tiny Ghosts lieber live kennen lernen möchte, kann das heute Abend im Café Exakt.
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