Kurz vor den Bundestagswahlen führte es in der vergangenen Woche auch die deutsche Bundeskanzlerin vor die Porta Nigra in Trier. Hatte man aufgrund der Berichterstattung der letzten Wochen Pfeifen und Tröten erwartet, wurde man in der ältesten Stadt Deutschlands von schlimmeren Störungen weitgehend verschont. Die AfD (welche zuvor im Internet dazu aufgerufen hatte) war zwar mit Einzelpersonen vor Ort und auch die NPD versuchte mit Plakaten, die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu gewinnen, beide Aktionen wurden jedoch von der CDU-Jugend weitgehend verdeckt. Die Bundeskanzlerin zeigte sich an diesem Tag trotz der aufziehenden Wolken außerordentlich gut gelaunt. Sie witzelte mit dem Moderator und lud die Zuhörer spontan in ihre Heimat ein.
Inhaltlich breit aufgestellt, nahm sie relativ intensiv Bezug auf die deutsche Bildungspolitik. Themen wie Nachmittagsbetreuung und Lehrermangel waren neben der Digitalisierung Kernthemen des konservativen Wahlprogramms. Auch versprach sie Steuersenkungen für kleinere und mittleren Einkommen sowie einen schrittweisen Abbau des Solidaritätszuschlages. Auch Familien standen im Fokus ihrer Rede: Kinder sollen durch Veränderungen im Steuerrecht wieder mehr ins Zentrum der Politik rücken. Eine Erhöhung des Kindergeldes sprach sie ebenfalls an, nannte jedoch keine konkreten Zahlen.
Die Bundeskanzlerin lobte die gute Arbeitspolitik der großen Koalition und den deutlichen Rückgang der Arbeitslosenzahlen seit ihrem Amtsantritt. Sie gestand aber ein, dass ihre Politik noch besser werden müsse. So seien gerade im Pflegebereich noch große Baustellen vorhanden. In Zukunft soll eine gut ausgestattete Pflegeversicherung die notwendigen Veränderungen bringen.
Lobende Worte fand Merkel bei ihrem Auftritt auch für den Trierer Spitzenkandidaten der CDU, Andreas Steier. Sie hob dessen spannende Vita hervor und bekundete großes Interesse an einer zukünftigen Zusammenarbeit mit Steier. Vom scheidenden Bundestagsabgeordneten Bernhard Kaster bedankte sie sich herzlich.
Die Kanzlerin wirkte so kurz vor der Wahl überraschend ruhig und war ausgesprochen gut gelaunt. Auffallend waren ihre lobenden Worte, mit denen sie sich an die Polizei wandte (die bei einem Auftritt der Bundeskanzlerin naturgemäß mit vielen Beamten präsent ist). Ob dies daran lag, dass sie auf ihren Wahlkampfveranstaltungen selbst immer wieder feststellen muss, wie wichtig der Schutz durch die Polizei ist, oder ob sie hierbei generell an der Sicherheitslage in der Bundesrepublik dachte, lässt sich nicht entscheiden.
Angela Merkel ist tatsächlich volksnah, sie spricht mit den Leuten, erklärt und erläutert Sachverhalte. Im Vergleich zur Trierer Rede ihres Konkurrenten Martin Schulz fiel mir insbesondere auf, dass sie auf Spitzen gegen ihren Koalitionspartner völlig verzichtete, was einen sehr positiven Gesamteindruck hinterließ. Für mich eine starke Rede. Stark deshalb, weil Angela Merkel den Mut hat, offen die eigenen Fehler einzugestehen und zugleich nach pragmatischen Lösungen zu suchen. Daran sollte sich so mancher politische Konkurrent ein Beispiel nehmen.
Wer sich die Rede von Angela Merkel am 15.09.2017 in Trier nochmal anhören möchte, findet das 5vier-Audio hier.
Kommentar verfassen