Von Martin Köbler
„Da ist jedes Wort zuviel.“ – das sind die Worte eines Trainers eines Fußballvereines, der zwar aus einer Mannschaft besteht, aber längst keine Mannschaft ist, vielleicht in der Tat nicht mehr sein WILL.
„Jeder macht sein eigenes Ding“, äußerte die einstige Sturmhoffnung und der verblasste Pokalschreck Sahr Senesie am vergangenen Samstagnachmittag nach der emotionslosen 0:2-Vorstellung auf dem Rasen des Mainzer Bruchweges, gefühlte 200 Jahre nach einem gewissen 4:2-Sieg nach Verlängerung gegen Arminia Bielefeld, als die blau-schwarz-weiße Welt noch in Ordnung war.
Foto: Tief durchatmen – Eintracht Trier, eine Sisyphosarbeit für Roland Seitz?
Mehr als diese zwei Zitate muss man in der Tat um Eintracht Trier im Sommer 2010 nicht verlieren. Ein Trainer, der ein wenig an den griechischen Held Sisyphos erinnert, der jede Woche versucht hat, in der Trainingsarbeit elf Individualisten zumindest augenscheinmäßig zu dem zusammenzufügen, was ein „Team“ ausmacht – Zusammenhalt, Kampf, Einsatz – bis eben zum Anpfiff, wenn der Felsblock den mühsamen Hang der Trainigswoche donnernd über seinem Rücken zusammenbricht und er nach einer neuerlichen Niederlage ohne eigenen Torerfolg wieder – schon wieder – von vorne anfangen kann. Warum? Weil jeder „sein eigenes Ding macht“ – schon seit Monaten, so auch gestern, beim letzten Spiel des SV Eintracht-Trier 05 e.V. in der Regionalliga West – für wie lange? Das weiß niemand mit absoluter Gewissheit – noch nicht einmal die Götter der Antike, die Sisyphos einst mit seiner nach ihm benannten Strafarbeit belegten.
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Die Stadiontechnik im Moselstadion hat in den letzten Wochen ein erstaunliches Feingespür dafür entwickelt, die Darbietungen der elf Männer unten auf dem Platz treffend musikalisch zu untermalen – schon mehrmals habe ich an dieser Stelle darauf hingewiesen, wie treffend die „Hells Bells“ erklangen (wie auch gestern) oder wie schön es doch gewesen wäre, „aufzustehen, wenn man am Boden steht“ – diese Serie setzte sich gestern in den Klängen der Pausenunterbrechung durch, als die „Fantastischen Vier“ über die Lautsprecher an der Zeughausstrasse verkündeten: „Gebt uns ruhig die Schuld – den Rest könnt ihr behalten! Gebt uns ruhig die Schuld – es trifft auf keinen Fall die Falschen!“
Tja, wer hat Schuld? Was ist hier zum Teufel schief gegangen? Betrachtet man die Tabellenplatzentwicklung in der Mitte des „Eintracht-Echos“, weiß man nicht so ganz, ob man lachen oder weinen soll. In der Tat gleicht diese bizarre Linie etwas dem Hang, den Sisyphos zu bewältigen hat – tatsächlich wurde am Anfang der Saison etwas aufgebaut, ehe es vor der Vollendung zusammenbrach. Warum? Wo war der Knick? Wieso wurden Spieler (nach-) verpflichtet, die schon in der Winterpause wieder in der Versenkung verschwanden? Wieso fallen der sportliche Niedergang in dieser Saison fast auffällig direkt mit der Nachverpflichtung dieser Herren zusammen?
Vier minus Eins ergibt nach Adam Riese bekanntlich Drei – ob dies jedoch alles „fantastisch“ war, was in dieser Saison an Entscheidungen getroffen wurde – oder eben nicht getroffen wurde – ist zumindest ernsthaft zu bezweifeln.
Und jetzt? Jetzt behalten die Anhänger des gestrandeten Traditionsvereines von der Mosel den „Rest“ – wieder einmal ein Trümmerhaufen am Ende einer Spielzeit, in die man mit riesigen Erwartungen gestartet ist. Wieder einmal ein propagierter „Neuanfang“. Es ist eben doch wie einst mit Sisyphos – jedes Mal das Gleiche. Ist dann wirklich jedes Wort zuviel? Gestern schien es so gewesen zu sein – Schweigen nach dem Schlusspfiff, fluchtartiges Verlassen des heiligen Tempels im Trierer Norden. Keine Pfiffe, nichts.
Und doch wären keine Worte so treffend gewesen wie: „WIR HABEN DIE SCHNAUZE VOLL!“
Eintracht Trier im Jahre 2010 – der Felsblock liegt mal wieder in der Talsohle. Wie 2005. Wie 2006. Wie 2007. Wie schon irgendwie die ganze Zeit seit Oktober 2009. Roland Seitz, übernehmen Sie. Bitte!
Foto: Daniel Prediger
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