Von Florian Schlecht
Wenn Karsten Willems zum Strafstoß antritt, ist das eigentlich immer ein Tor für die SG Ruwertal. Der 22-Jährige, der seit der F-Jugend für den Verein spielt, hat fast die Hälfte seiner zehn Saisontreffer vom Elfmeterpunkt aus erzielt. Was die Freude noch größer macht: In der Fußball-Bezirksliga steht seine Mannschaft momentan auf dem ersten Platz.
Wenn der Name von Karsten Willems unter den Torschützen der SG Ruwertal auftaucht, muss er sich von seinen Freunden und Verwandten immer die gleiche Frage anhören. „Alle erkundigen sich, ob ich wieder einen Elfmeter geschossen habe“, lächelt der 22-Jährige, der bei dem Fußball-Bezirksligisten die interne Torjägerliste anführt.
Das Kunststück daran, auf das englische Nationalspieler neidisch wären: Vier der zehn Saisontreffer von Willems sind Strafstöße. In der vergangenen Spielzeit behielt er in elf Anläufen vom Punkt die Nerven und schrieb in der Partie gegen Laufeld Schlagzeilen mit einem lupenreinen Elfmeter-Hattrick in nur 17 Minuten. Auch beim 2:1 gegen den SV Krettnach am Wochenende traf er so sicher zur 1:0-Führung. Sein Geheimnis klingt einfach. „Üben lassen sich Elfmeter nicht. Ich suche mir vor jedem Schuss eine Ecke aus und kann genauso gut nach links wie nach rechts schießen.“
Die Coolness des Elferkönigs ist so ein Grund dafür, warum Ruwertal sensationell Tabellenführer ist. Acht Spiele in Folge hat die Mannschaft gewonnen. Am Wochenende erlebte sie, wie ein solcher Lauf beflügeln kann. Als alles darauf hindeutete, dass der Willems-Strafstoß zum Sieg ausreicht, glich Krettnach in der Nachspielzeit aus. Doch der Spitzenreiter setzte in der 93. Minuten noch einen drauf – und triumphierte dank eines Kopfballtreffers von Philipp Weber in letzter Sekunde.
„Wir waren überglücklich und haben hinterher noch im Hühnerstall in Waldrach gefeiert“, erzählt Willems. In der Gaststätte gehen die Spieler gerne gemeinsam etwas essen und trinken. Auch das erklärt die überraschenden Erfolge in der Liga. „Wir sind ein geiler Haufen. 90 Prozent der Jungs bei uns kommen aus dem Ruwertal. Wir kennen uns einfach gut.“
„Ich fühle mich pudelwohl in Ruwertal“
Ein echtes Urgestein ist dabei der „Mann für die Elfmeter“ – auch wenn er erst 22 Jahre ist. Willems, der in Kasel lebt, spielt schon seit der F-Jugend für die SG Ruwertal. Wenn er nicht die Fußballschuhe für die Herren schnürt, trainiert er die C-Junioren. „Das mache ich sehr gerne.“ Trainer Jan Stoffels lobt: „Karsten ist menschlich ein super Typ, zuverlässig, ehrlich und strebsam. Er steht neben anderen Spielern als Sinnbild der Vereinsphilosophie, Geduld zu haben und auf den eigenen Nachwuchs zu setzen.“
Bei der nächsten Jahreshauptversammlung will sich Willems zudem als Beisitzer für den Vorstand aufstellen lassen. Das Herzblut für den Klub liegt in der Familie: Vater Ernst war neun Jahre lang Vorsitzender der Spielgemeinschaft. So ist es nahezu undenkbar, dass Karsten Willems irgendwann den Verlockungen des Fußballs widersteht. Höherklassige Angebote hat der Elferkönig im Sommer aus Prinzip abgelehnt. „Natürlich ist der Anreiz da, ein, zwei Klassen höher zu spielen. Ich fühle mich aber pudelwohl in Ruwertal. Und vielleicht ist in den nächsten Jahren auch hier der Aufstieg möglich.“
Wenn es um die Ziele in dieser Saison geht, hält er den Ball betont flach. „Erst einmal geht es darum, die 41, 42 Punkte zu erreichen, um den Klassenerhalt zu sichern“, sagt Willems, der eine Ausbildung zum Bauzeichner absolviert. „Ist die Marke geknackt, nehmen wir danach alles mit, was kommt.“ Das gilt auch für die Strafstöße. Nur eine Ausnahme bremst den leidenschaftlichen Fan des Hamburger SV. „Wenn ich gefoult werde, schieße ich nicht. Das ist nun mal die Regel.“
Ansonsten will der Elferkönig aber weiterhin Verantwortung tragen und mit Ruwertal in der Erfolgsspur bleiben. Scherze von Freunden und Verwandten, wie er sein Tor am Wochenende genau geschossen hat, nimmt er da gerne hin.
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