Text & Fotos: Stephen Weber
Fußballherz, was willst du mehr? Im hitzigen Lokalderby zwischen der SG Osburg und den Gästen SG Ruwertal wurde den rund 300 Zuschauern all das geboten, was Nachbarschaftsduelle so interessant macht. Ein gut besuchter Spielfeldrand, zwei Platzverweise und Spannung bis zur letzten Sekunde. Nach Abpfiff durften sich die Hausherren in einem 2:1 (0:0)-Erfolg sonnenbaden. 5vier.de war live vor Ort.
Wenn man im Duden unter Derby nachschlägt, liest man folgende Erläuterung: „Ein sportliches Spiel von besonderem Interesse, besonders zwischen Mannschaften aus der gleichen Region.“ Und solch ein Duell fand am Sonntagmittag unter idealen Witterungsbedingungen vor knapp 300 Zuschauern am Osburger Rasenplatz statt. Zu Gast waren die Nachbarn aus dem Ruwertal, die in der aktuellen Spielzeit schon für manches Trommelfeuer gesorgt hatten.
So war man sich in beiden Fanlagern vor Anpfiff ziemlich sicher, an diesem Tag ein echtes Fußballfest erleben zu dürfen. Und die erste Überraschung machte schon vor dem Startschuss die Runde: Osburgs Topstürmer Nico Thömmes war nicht für die Startelf nominiert, sondern musste mit einem Platz auf der Bank vorlieb nehmen. Sein Coach Dieter Lauterbach begründete diese Entscheidung wie folgt: „Die Ergänzungsspieler, die letzte Woche beim 3:2 Sieg gegen Großkampen eingesetzt wurden, haben ihre Sache so ausgezeichnet gemacht, dass ich ihnen heute wieder das Vertrauen geschenkt habe. Das hatten sie sich wirklich verdient.“
Eine torlose erste Halbzeit
Es war eine von Anstoß an intensiv geführte Partie. Beide Teams begegneten sich auf Augenhöhe und versuchten immer wieder, durch schnelle Pässe die Schwachstelle im gegnerischen Abwehrverbund zu entlarven. Das gelang zuerst den Gastgebern, als Sebastian Otto nach einer Ecke Ruwertals Schlussmann Felix Kloy zum Eingreifen zwang (4.). 240 Sekunden später eine ähnliche Situation auf der gegenüberliegenden Seite. Osburgs Daniel Becker vertändelte einen Ball in der eigenen Spielhälfte an Tim Denzer, der direkt mit einem Fernschuss den Abschluss suchte. Doch sein Versuch stellte Keeper Martin Leineweber vor keine größere Herausforderung.
Danach neutralisierten sich die Kontrahenten über weite Strecke der ersten Hälfte, allerdings genoss Ruwertal ein leichtes Übergewicht an Spielanteilen. Immer wieder lief der Ball flüssig in den eigenen Reihen und sie versuchten mit dem Mut zum Risiko die Lücke im gegnerischen Abwehrgebiss ausfindig zu machen – ohne dafür belohnt zu werden. Lediglich bei ruhenden Bällen waren sie kurz davor, dem kompakten Defensivbollwerk den Zahn zu ziehen. Osburgs Bemühungen hingegen waren zu diesem Zeitpunkt der Begegnung zu statisch und das Umschalten in die Offensive funktionierte nicht immer optimal. Folglich war Dieter Lauterbach mit der Leistung seiner Elf in der ersten Halbzeit nicht immer glücklich: „Ruwertal war uns im ersten Spielabschnitt überlegen. Sie waren spritziger, kamen besser in die Zweikämpfe und wirkten insgesamt wacher als wir.“
Diese Lethargie wurde nur einmal durch Daniel Becker überwunden, als er in der 38. Minute einen scharf geschossenen Ball aus spitzem Winkel in Richtung Gästetor platzierte. Torhüter Kloy konnte das Spielgerät nur mit aller höchster Mühe in die Mitte des Strafraums abprallen lassen, wo sich zu seiner Erleichterung kein einschussbereiter Gegenspieler befand. Glück gehabt.
Doch die Fortüne verließ Ruwertal nur wenige Momente später. Ihr Mittelfeldspieler Maximilian Herres bediente mit viel Übersicht den an der linken Seite lauernden Tim Denzer, der in bester Tiki-Taka-Manier nur mit einem Kontakt auf Stürmer Nikola Wagner weiterleitete, der unbedrängt vor dem gegnerischen Tor zur riesigen Chance kam. Er erwischte aus acht Metern den Ball nicht richtig, so dass sein Schuss am linken Pfosten vorbeihauchte. Es blieb beim, aus der Sicht der Gäste, unglücklichen 0:0 nach 45 Minuten. Ruwertals Teamchef Jan Stoffels war auch nach Abpfiff noch verstimmt über die ungenutzten Möglichkeiten: “Wir haben die Partie in der ersten Halbzeit klar dominiert. Dass wir da versäumt haben, Tore zu erzielen, war letztendlich spielentscheidend. Trotzdem muss ich sagen,wir haben richtig guten Fußball geboten.“
In allerbester Derby-Manier
Mit dem Seitenwechsel drehte auch die Stimmung auf und um dem Platz. Plötzlich war es ein richtiges Derby mit viel Emotionen und einer ordentlichen Portion Hingabe. Die Fans am Seitenrand merkten das und feuerten ihre Farben immer wieder lautstark an. In der 52. Minute hatte Osburg seine erste wirklich gefährliche Aktion in der Partie: Otto trat einen weiten Eckstoß von links an den langen Pfosten, an dem Torjäger Alexander Schabo wartete und ungedeckt aus kurzer Diestanz neben das Gehäuse köpfte.
Nur wenige Minuten später folgte dann der Schlüsselmoment in der Partie. Lauterbach wechselte unter tosendem Applaus Stürmer Nico Thömmes ein und Alexander Schabo zog sich ins Mittelfeld zurück. Eine Entscheidung, die sofort fruchtete. So sah das auch der gegnerische Trainer Stoffels: „Mit Nico Thömmes war plötzlich eine ganz andere Qualität auf dem Rasen. Das hat man direkt gemerkt. Da werden Unachtsamkeiten sofort gnadenlos ausgenutzt.“
Und so war es auch. Zwar setzte Ruwertals Mario Lantes eine eigentlich gewollte Flanke noch auf die Latte der Gastgeber (58.), doch war von da an vor allem Osburg in der Vorwärtsbewegung. Allen voran ihr Tor-Express Nico Thömmes, der es immer wieder schaffte gleich mehrere Verteidiger zu binden und auszuspielen. Alexander Schabo (58.), Mehdi Zouaghi (63.) und Dominik Stehle (65.) vergaben ausgezeichnete Torchancen, die allesamt von Thömmes initiiert wurden.
Eine spannende Schlussphase
In der 67. Minute war es dann soweit: Osburgs Zouaghi durfte ohne nennenswerte Gegenwehr über die rechte Seite dribbeln und hatte genügend Zeit zum Flanken, so dass der Ball zielgenau bei Thömmes im gegnerischen Sechzehner landete, der sich mit viel Einsatz gegen zwei Abwehrspieler durchsetzte und den Ball zur 1:0-Führung in den Maschen begrub. Riesenjubel auf dem Grün und drumherum. „Wir haben in der zweiten Halbzeit die Konter sehr gut gefahren und das war heute der Schlüssel zum Erfolg“, freute sich Lauterbach über die Lauf- und Spielleistung seiner Jungs im Spielabschnitt zwei.
Ruwertal wirkte leicht geschockt aufgrund des Rückstands und fand dennoch ab der 80. Minute seine zweite Luft. Durch schöne Passstafetten versuchten sie immer wieder, Druck auf den gegnerischen Abwehrschlauch aufzubauen. Dieser wusste sich oftmals nur durch Fouls zu behelfen. Zwangsläufig flog Dominik Stehle in der 84. Minute durch wiederholtes regelwidriges Einsteigen mit Gelb-Rot vom Platz. Aber statt Pressing der Gäste fiel unmittelbar im Anschluss das 2:0 für die Osburg: Torhüter Leineweber bugsierte einen weiten Abschlag über das gesamte Spielfeld und die gegnerische Abwehr hinweg. Mitspieler Daniel Becker schaltete am schnellsten und erreichte den Ball vor dem heraus geeilten Kloy und hob das Leder aus rund 20 Meter in das verwaiste Gehäuse. Ein Schnitzer der Ruwertaler, der jedoch Jan Stoffels Gesamteindruck nicht trübte: „Ich bin eigentlich zufrieden mit dem Auftritt meiner Mannschaft. Wir haben Fußball gespielt, stets versucht, den Gegner unter Druck zu setzen, doch leider hat uns heute die Effektivität gefehlt.“
Wer allerdings dachte, dass dies der Schlussstrich unter ein schönes Derby sei, der irrte. In der 89. Minute fasste sich Ruwertals Maximilian Herres aus einer scheinbar harmloses Position ein Herz und zog aus 23 Metern flach ab. Der Ball rutschte durch sämtliche Beine und landete in der rechten Torwartecke zum 1:2-Anschlusstreffer. Als wenige Zeit später Schiedsrichter Ardnt Collmann vier Minuten Nachspielzeit anzeigte, ahnten alle, dass die Messe noch nicht gelesen ist.
Eine ereignisreiche Nachspielzeit
Aber vor allem die Hausherren hatten in Unterzahl die Gelegenheit, eine Zitterpartie zu vermeiden: Erst vergab Thömmes eine erstklassige Kontergelegenheit, dann setzte Daniel Becker einen Fernschuss an das Aluminium. Kurz danach wurde der Spieler des Tages, Nico Thömmes, aufgrund einer groben Unsportlichkeit mit glatt Rot in den vorzeitigen Ruhestand geschickt. Doch all das half dem Aufsteiger nicht – statt einer letzten Torchance hatten sie Glück, dass Alexander Schabo nach einem Konter abermals nur die Latte traf. Es sollte die letzte Aktion in einer spektakulären Partie sein, die alle zu unterhalten wusste. Der siegreiche Trainer Lauterbach war aufgrund dessen voll des Lobes für sein Ensemble: „Wir hatten heute einfach den längeren Atem und deshalb gewonnen. Wenn man die zweite Halbzeit betrachtet und die Vielzahl an Chancen, die wir hatten, kann man auch von einem verdienten Sieg sprechen.“
SG Osburg (Trainer: Dieter Lauterbach)
M. Leineweber – Dellwing, F. Herres, Becker, Höllen – P. Leineweber, Otto, Stehle, Hurt (53. Thömmes) – Schabo, Zouaghi
SG Ruwertal (Trainer: Jan Stoffels)
Kloy – Willems, Schmitt, Denzer (75. Tyrell), Jäckels – Stern (60. Pilzecker), Krees, M. Herres, Lentes – Flesch, Wagner
Tore:
1:0 Nico Thömmes (67.)
2:0 Daniel Becker (86.)
2:1 Maximilian Herres (89.)
Besondere Vorkommnisse:
Gelb–Rot: Dominik Stehle (84., wdh. Foulspiel)
Rot: Nico Thömmes (90., unsportliches Verhalten)
Schiedsrichter: Arndt Collmann (Welschbillig)
Zuschauer: 300
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