Von Andreas Gniffke
Volker Streiters Roman Fischblasenschlitzer nimmt den Leser mit auf eine verrückte Reise um die Welt. Ein geschwätziger Professor und sein grönländischer Assistent machen sich auf, zahlreiche Rätsel und Mysterien zu lösen, aber so ganz kann man ihrem Bericht dann doch nicht über den Weg trauen.
Professor Karl-Friedrich Hülsenbusch ist ein Reisender, Genussmensch und – mit Verlaub – ein ziemlicher Schwätzer. Der „investigative Physiker“ bereist im Auftrag der Regierung die entlegenen Winkel unserer Erde. Von Indien nach Simbabwe, über Ecuador und die Eifel nach Kuba. Im gediegenen Kamingespräch, mit einem guten Glas Wein in der Hand, fabuliert der Humboldt-Epigone über seine Abenteuer und der Leser weiß schon bald nicht mehr, was Wahrheit ist und was nur der sprudelnden Fantasie des merkwürdigen Professors entsprungen ist.
Niemand wird wohl sagen, dass die folgenden Erzählungen gänzlich unwahr sind. Andererseits wird sich wohl niemand dazu hinreißen lassen, sie für völlig bare Münze zu nehmen.
Volker Streiter merkt man den großen Spaß deutlich an, den er an Hülsenbuschs Abenteuern hat. Zuletzt veröffentlichte der Autor den Gebirgs-Krimi Fressen ihn die Raben. Der Köln-Krimi Blutzeug spielt in seiner Wahlheimat. In seinem humorvollen Stadtführer Mit Caspar, Melchior und Balthasar durch Köln begegnet man zahlreichen Persönlichkeiten der Kölner Stadtgeschichte, die dem Leser die Geheimnisse der Rheinmetropole verraten.
Streiter, geboren in Soest, ist Polizist, was seine Freude an Krimis zumindest teilweise erklärt. In seinem Erstling Fischblasenschlitzer (was genau es mit dem seltsamen Titel auf sich hat, soll hier nicht verraten werden) verarbeitet er Eindrücke, die er auf seinen eigenen Reisen gesammelt hat, reichert diese aber mit einer überbordenden Fantasie an, was das Buch zu einem großen Lesevergnügen macht. Der akademische Münchhausen Hülsenbusch ist selbstverliebt und immer darum bemüht, die eigene Rolle in den Expeditionen hoffnungslos zu überhöhen. Doch zum Glück hat Streiter einen Kunstgriff eingebaut, denn Hülsenbuschs treuer Begleiter Asnapohc Nas, ein grönländischer Eskimo, ergänzt, relativiert und korrigiert die Ausführungen des Professors.
Die Reisen der beiden Gefährten führen sie auch in unsere Region. Ein Glas Eifler Pflaumenbrand weckt die Erinnerung des Professors an einen Aufenthalt in Holsthum.
Ach ja, Holsthum. Vor Jahren weilte ich in der südlichen Eifel, einem merkwürdig vergessenen Landstrich. Kaum eine Gegend in Deutschland ist so entvölkert. Man entbehrt dort eine industrielle Infrastruktur, wird aber dafür durch Mischwälder und viel Landwirtschaft auf kargen, steinigen Böden entschädigt. […] Diese mittelgebirgige Gegend erinnert mich immer wieder an Irland oder Galizien, auch wegen ihrer verschlossenen, wettergegerbten Bevölkerung.
Dort wird er alsbald in merkwürdige Geschehnisse verwickelt, denn eine Brauerei aus Bitburg will ihr Bier auf der Weltausstellung in Paris präsentieren, fürchtet aber die Missgunst der ausländischen Konkurrenten. Gerade die Amerikaner versuchen mit Gewalt die knappe Hopfenernte aufzukaufen, in seiner Verzweiflung wendet sich der Besitzer der Brauerei an Hülsenbusch. Der ist ja immerhin Professor und hat tatsächlich eine geniale, wenn auch nicht ganz legale Idee, nach der es zum Eklat kommt und die amerikanische Konkurrenz aus dem Wettbewerb geworfen wird. Doch damit nicht genug, denn auch das Fass mit dem edlen Getränk verunglückt auf dem Weg nach Paris und jetzt ist Hülsenbusch erst recht gefragt. Nun kann nur noch ein genialer Physiker helfen, und zwar mit vollem Körper- und Geisteseinsatz!
Neben der schwierigen Mission rund ums Bier bleibt Hülsenbusch und Asnapohc Nas aber auch noch Zeit, die Schönheit der Eifelnatur zu erwandern. In der Luxemburger Schweiz verirren sich die beiden aufgrund von mangelnder Beschilderung der Wanderwege allerdings und nur ein erfahrener Naturbusche wie Asnapohc kann trotz der für ihn äußerst verwirrenden Landschaft, die so rein gar nichts mit seiner grönländischen Heimat gemein hat, den Weg hinaus finden.
Volker Streiter schafft es, die offensichtliche Freude am Schreiben auf seine Leser zu übertragen, auch wenn manches Geschwafel des Professors etwas zu langatmig geraten ist. Und für all die Zweifler, die bis zum Ende an Hülsenbuschs Geschichten gezweifelt haben, bietet der Autor noch eine kurze Auflistung, was denn nun tatsächlich Wahrheit und was nur der Fantasie entsprungen ist. Aber das haben wir natürlich gleich gewusst, oder?
Ein ausführliches Interview mit Autor Volker Streiter folgt in Kürze!
Volker Streiter
Fischblasenschlitzer. Die denkwürdigen Reiseberichte des Prof. Hülsenbusch
196 Seiten, 13 Zeichnungen des Autors
traveldiary.de-Reiseliteratur-Verlag, 14,80 €
Hans-Peter meint
Na Holsthum, und das Ferschweiler Plateau mag ich. Bitburger hat ja tatsächlich Goldmedaillen gewonnen, wenn die denn gemeint sind. Bin gespannt.
Scheint aber ein Spezialbuch zu sein :-), mein Buchhändler um die Ecke hat rumgezickt.
Online ist es aber überall zu beziehen. Da hab ichs gleich beim Verlag bestellt.
http://shop.traveldiary.de/product_info.php?products_id=64
Und wenn die Empfehlung nix taugt, meld dich mich wieder.
Äddi.
Hendrik meint
Sehr unterhaltsames Buch. Gerade, wenn man die Eifel ein bisschen kennt…
S. meint
Der Titel ist ja super! 😀 Da wird man gleich neugierig…