Mit Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ lud das Theater Trier in dieser Spielzeit 2011/12 zum letzten Mal zu einer Premiere. Zum Abschluss gab es noch einmal einen Publikumsknaller.
Was wäre das Leben ohne Liebe? Vermutlich furchtbar trist, öde und langweilig, aber auch um einiges ruhiger und entspannter. Dies müssen auch die drei Paare im Zentrum von Shakespeares munterem Verwirrspiel feststellen:
Lysander (Daniel Kröhnert) liebt Hermia (Vanessa Daun) und sie ihn auch – das ist gar nicht das Problem. Vielmehr, dass sie von ihrem Vater schon an Demetrius (Tim Olrik Stöneberg) versprochen wurde und dieser nicht im Traume daran denkt, sie für einen anderen freizugeben. Demetrius wiederum wird von seiner Abgelegten, Helena (Alina Wolff), verfolgt, die ihn ganz und gar nicht an Hermia abtreten möchte. Egeus (Peter Singer), Hermias Vater, spricht schließlich ein Machtwort: Fürst Theseus (Jan Brunhoeber), der gerade in Hochzeitsvorbereitungen mit seiner Beute der Amazonenkönigin Hippolyta (Sabine Brandauer) steht, soll in der Sache entscheiden.
Munteres Verwirrspiel
Dieser entscheidet im Sinne des Gesetzes: Was vom Vater bestimmt wurde, kann weder den Willen, noch das Herz der Tochter brechen. Hermia müsse also Demetrius heiraten. Wäre da nicht das, im Wald vor Athen abgelegene, Häuschen von Lysanders Tante. Dort gelten Athens Gesetze nicht und Lysander kann „seine“ Hermia heiraten. Den gut ausgeheckten Plan erzählen die beiden Helena, die ja eigentlich nichts dagegen haben kann, wenn die Nebenbuhlerin vom Heiratsmarkt verschwindet. Trotzdem erzählt sie es Demetrius, der sich nun endgültig für sie entscheiden soll. Letzten Endes landen alle vier im nächtlichen Wald, in dem noch ganz andere Dinge abgehen, als sie auch nur ahnen konnten.
Denn beim Elfenfürsten Oberon (Jan Brunhoeber) und seiner Gattin Titania (Sabine Brandauer) läuft es im Bett so gar nicht rund. Weder er, noch sie, nimmt es mit der Treue allzu genau, was allerdings keinen der beiden stört – im Gegenteil. Nur als Titania ihr neues Boytoy nicht an den wollüstigen Oberon rausrücken will, ist Schluss mit lustig. Oder doch nicht?
Denn genau hier fängt der Witz an: Der vor Geilheit tobende Oberon beauftragt seinen Kobold Puck (Barbara Ullmann) damit, den speziell von Amor verzauberten Saft einer Blume zu finden, der einen augenblicklich in das Wesen verliebt macht, das einem als Nächstes unter die Augen tritt. Diesen möchte er seiner störrischen Gattin geben und sie mal eine Nacht lang so richtig an der Nase herumführen. Als er nun zufällig das Gespräch/den missglückten Verführungsversuch/den Streit von Helena und Demetrius belauscht, beschließt er dem gemeinen Demetrius ebenfalls etwas von dem Elixier verabreichen zu lassen.
Bäumchenwechseldich
Dumm nur, dass Puck die Liebespaare verwechselt und Lysander das Mittel gibt, anstatt Demetrius. Und dann taucht auch noch eine Bande von Möchtgern-Schauspieler-Handwerkern im Wald auf, um ein Stück für Theseus Hochzeit einzuproben. Puck will sich doch nur einen Scherz erlauben, als er den mit dem größten Maul, Bottich (Michael Ophelders), in einen Esel verwandelt. Wiederum dumm, dass genau in dem Moment die verzauberte Titania um die Ecke kommt. Das shakespearsche Verwirrspiel kann also beginnen…
Die Trierer Inszenierung von Werner Tritschler steht in einer Erfolgstradition, denn der hier präsentierte „Sommernachtstraum“ ist eine Neuübersetzung von Heinz Rudolf Kunze, welcher vor fast zehn Jahren an der Landesbühne Hannover entstand. Damals als „kommunizierbares Shakespeare-Musical“, für das Kunze, bekannt durch Lieder wie „Dein ist mein ganzes Herz“, die Songs schrieb.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen
Für die reine Schauspielfassung in Trier musste er diese nun in Texte umschreiben, für ihn keine leichte Aufgabe. Doch das Ergebnis kann sich sehen lassen. Erkennt man die shakespearschen Züge klar raus, ist die Sprache doch um einiges kompakter und tatsächlich „kommunizierbarer“, wenn die Reime auch manchmal an Kinderlieder erinnern. Ein besonderer Leckerbissen sind aber die humoristischen Einlagen, die so manche Träne in die Augen treiben.
Besonders Ullmann als Puck, Ophelders als Bottich und seine Handwerkerkollegen sowie die verzauberten Liebesversuche von Stöneberg und Kröhnert laden zum Schmunzeln ein. Generell ist die Darbietung der Schauspieler nicht nur vom humoristischen her eine Leistung, alleine der körperliche Aspekt verschafft Einiges an Respekt: so wirkt Brunhoeber in seiner Rolle als Elfenfürst nicht gerade zierlich, tobt er doch eher vor überschäumender Manneskraft. Seine Gattin Titania, alias Sabine Brandauer steht ihm in körperlicher Aktion in nichts nach, ihre Tänze erinnern mehr an modernes Tanztheater, denn an elfenhafte Bewegungen.
Obwohl die Leistung aller Mitwirkenden tosenden Applaus verdient und diesen auch bekommen hat, war es doch eine bestimmte Person, die besonders viel Aufmerksamkeit bekam: Barbara Ullmann, als kecker Puck, die mit ihren wirren roten Haaren ein klein wenig an Pumuckl erinnerte, war von der ersten Sekunde ihres frechen Auftritts an Publikumsliebling. Besonders schön zu sehen, dass augenscheinlich auch die Schauspieler ihren Spaß an der Inszenierung hatten, war doch die Applausordnung selbst noch gespickt mit humoristischen Details.
Lachmuskelkater garantiert
Werner Tritschlers Inszenierung ist nicht nur etwas für die Lachmuskeln, sondern durch die fantasievolle Ausstattung von Johanna Maria Fischer, auch etwas fürs Auge. Besonders die Kostüme der Elfen, Kobolde und Geister sind hervorragend geraten. Die von Hermia und Helena erinnern, genau wie das mit Säulen versehene Bühnenbild, an das antike Griechenland, ohne das Stück zeitlich zu sehr dort zu verankern.
Tritschlers Inszenierung besticht nicht nur mit sitzendem Humor, sondern auch mit der Bewegungsfreude seiner Schauspieler. Hier bewegt sich ständig etwas, ohne dabei unruhig zu werden oder sich etwas zu „zerlaufen“. Einfach eine runde Sache, bei der es Spaß macht zuzuschauen.
Fast das gesamte Schauspielensemble stand auf der Bühne, um dem Zuschauer eine Show zu bieten, die sich gewaschen hatte. Jede Menge (eindeutig) zweideutige Anspielungen, Slapstickhumor und pointierte Raffinessen kitzelten dem Premierenpublikum so Einiges aus dem Zwerchfell.
Fazit: Zum Abschluss einer gelungenen Spielzeit eine Inszenierung, die man eindeutig gesehen haben muss.
Fotos: Theater Trier
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