Eine Errungenschaft der letzten Spielzeit war die Einführung einer monatlichen Talkrunde. Mit wechselnden Moderatoren, Gästen und Themen stieß die gute Idee jedoch auf Eingewöhnungsschwierigkeiten. In der neuen Spielzeit wurde dieses Prinzip überdacht und geht mit einem neuen alten Konzept wieder ins Astarix: One Night Stand.
Sie treiben Opernsängern, Schauspielern und Laiendarstellern gleichermaßen die Schweißperlen auf die Stirn, lassen Nackenhaare aufrecht stehen und manchmal sogar ein Tränchen im Auge funkeln: Kritiker. Doch vom hohen Ross aus kann man leicht kritisieren, was andere machen; das dachte sich auch Dieter Lintz, seines Zeichens selbst Theaterkritiker beim Trierischen Volksfreund. Als er vor einigen Wochen von Intendant Gerhard Weber zu der Veranstaltung eingeladen wurde, und sich die erste Verwunderung über diese Einladung gelegt hatte, war die Idee schnell geboren: Kritiker werden selbst auf die Bretter geschickt, die die Welt bedeuten.
Am Donnerstag, 27. September, war es nun so weit. Nicht nur der erste One Night Stand für die neue Spielzeit, sondern auch die Kritiker standen auf dem Prüfstand. Sollten sie doch etwas tun, was sonst gar nicht in ihrer Natur liegt, nämlich hinterm Schreibtisch hervorkommen und in Erscheinung treten. Schlimmer noch: Selbst mal mit kritischen Augen betrachtet werden und ihr Fett wegkriegen für ihr „Können“.
Als Moderator des Abends allen voran Dieter Lintz, der zum krönenden Abschluss ein eigens auf das Trierer Theater umgedichtetes Lied von Reinhard Mey zum Besten geben wollte. Doch damit Triers Vorzeige-Kritiker sich nicht alleine dem scharfen Urteil der Jury, bestehend aus Schauspielerin Barbara Ullmann, Bassbariton Alexander Trauth und Klarinettist Lothar Breitmeier stellen musste, nahm er sich vier Kollegen mit ins Boot. Selbst nicht in der Kritiker-Runde, aber trotzdem kritisch, unterbrach Michael Ophelders zwischen den „Vorstellungen“ mit humoristischen, gerade weil, treffenden Zitaten über Kritiker.
Kritiker in der Kritik
Unter den Kollegen Lintz‘ befanden sich TV-Redakteur Martin Möller, Ansgar Zender vom SWR Fernsehen, Thomas Rath vom SWR2 Kulturradio und 5vier.de Redakteurin Stefanie Braun. Die fünf „Nörgler vom Dienst“ hatten ein zugegebenermaßen buntes Programm auf die Beine gestellt, das für so manchen gewollten und/oder unfreiwilligen Lacher sorgte. So machte Martin Möller mit seinen Stücken fürs wohltemperierte Klavier auch auf einem wohltemperierten Keyboard eine gute Figur und erzählte nebenher noch zwei, drei Schwänke aus dem Leben eines Musikkritikers.
Ansgar Zender führte dagegen eine artistischere Nummer auf. Wollte er zunächst zeitgleich jonglieren und den „Prometheus“ rezitieren, scheiterte dies jedoch an den technischen Möglichkeiten des Mikrofonständers. Schließlich musste Co-Moderator Dr. Peter Larsen als Mikrofonhalter einspringen und rettete so den Auftritt. Das Jonglieren klappte einwandfrei, beim Rezitieren gab es ein paar kleine Hänger, die aber der Sympathie des Auftritts keinen Abbruch taten. Dritte im Bunde war unsere hauseigene Redakteurin Stefanie Braun, die mit einem selbst geschriebenen Zeugnis über ihre ersten Tage in Trier aufwartete. Als Tipp der Jury wurde ihr nahegelegt, ihr Outfit mit etwas mehr Glitzereffekten aufzupeppen.
Live-Performance und Jonglieren
Auf den Brettern, die die Welt bedeuten, wurde sie abgelöst von Thomas Rath, der mit einer Live-Performance das Publikum nicht nur handfest einband, sondern sogar in seinen Bann ziehen konnte. Kern dieser Performance bildeten drei Karl May-Werke, aus einem las er selbst, aus zwei anderen trugen zwei Zuschauerinnen mittels Würfeln ausgewählte Worte vor, anschließend mussten sie einen Schluck Wasser trinken und mit einem Löffel gegen das Glas schlagen, dann wurde wieder gewürfelt, vorgetragen, getrunken und so weiter und so fort, bis das Glas leer war. Das Publikum durfte durchaus seinen Senf dazugeben, allerdings nur mittels gezischten, geraunten oder gerufenen Initialen des eigenen Vornamens. Wider Erwarten eine Performance, die das Publikum zu faszinieren wusste und einige Lacher auf ihre Seite zog.
Den Abschluss bestritt, wie gesagt, Lintz selbst und gab zusammen mit seiner Tochter einen Song zum Besten. Auch hier war das Publikum gewogen und die Kritiker milde, sodass niemand mit Tränen in den Augen nach Hause gehen musste. Allerhöchstens mit Lachtränen.
Fotos: Dirk Tenbrock
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