Vor knapp vier Wochen kehrte Bernhard Heitkötter, Abwehrspieler beim Rheinlandligisten FSV Tarforst, von seinem fünfmonatigen Studien-Aufenthalt im chinesischen Hangzhou zurück in die Heimat. 5vier sprach mit dem 22-Jährigen über seine Zeit im Reich der Mitte, seine Eingewöhnung seit der Rückkehr nach Trier und seine sportlichen und beruflichen Nahziele.
Höflichkeit und Demut sind zwei geläufige Begriffe, wenn es um China und seine Bevölkerung geht. Das kann auch Bernhard Heitkötter nach seiner Zeit dort voller Begeisterung bestätigen: „Das Leben und Studieren in China war unfassbar! Alle Leute sind schon fast lächerlich höflich und lassen einen wirklich an ihrem Leben teilhaben“, berichtet er von seinen Erfahrungen.
Anfang September 2012 machte sich der Tarforster Junge, der seit 1997 mit einem Jahr Unterbrechung (2003/2004 in der Jugend von Eintracht Trier) durchgehend für den FSV spielt, auf zum fünfmonatigen Abenteuer. Bis Ende Januar führte er an der Zhejiang University of Science and Technology in Hangzhou sein Bauingenieur-Studium weiter, das er normalerweise an der FH Trier absolviert. Aber warum direkt China, knapp 9.000 Kilometer entfernt vom gewohnten Umfeld? „Vorher war ich eigentlich immer eng an Trier gebunden und bin nicht so viel herumgekommen. Von daher wollte ich mir die Chance nicht entgehen lassen, einen völlig anderen Kontinent zu erleben.“
Internationales Publikum bereichert das Uni-Leben
Nun also Hangzhou statt Trier, knapp sieben Millionen Menschen getauscht gegen 100.000 Moselstädter und die Porta. Besonders imponiert hat dem angehenden Bachelor das interkulturelle Flair, das sein chinesisches Uni-Leben bestimmte.
„Seien es Rumänen, Syrer, Russen oder Senegalesen, jeder der Mitstudenten war offen und wollte einfach nur eine geile Zeit haben. Und das war es definitiv“, freut er sich und ergänzt: „Die Lässigkeit und Spontaneität dieses Lebens fehlt mir rückblickend schon. Speziell der Umstand, dass wir internationalen Studenten im fernen China ja alle irgendwie im gleichen Boot saßen, hat eine starke Verbindung untereinander entstehen lassen.“
Doch für Fernweh und Melancholie bleibt angesichts der nahen Zukunftspläne gar keine Zeit: “ Im Moment sitze ich an meiner Bachelorarbeit. Das lenkt natürlich ab und bietet zum Glück nur selten Raum, dem Ganzen nachzuhängen.“Danach will Bernie, wie er von seinem Teamkollegen gerufen wird, ab Ende März an der FH Trier direkt das Master-Studium anhängen. „Vorerst bleibe ich also erstmal hier“, verspricht er.
Irgendwann auch in China arbeiten? Warum nicht.
Und wie sieht es mit der beruflichen Perspektive aus? Auch irgendwann in der fernen Volksrepublik? „Abgeneigt wäre ich auf keinen Fall, aber dafür ist ja noch reichlich Zeit.“ Denn zunächst will er sich auf seinen Master konzentrieren und danach eventuell noch ein weiteres Studium dran hängen. „Meine Kollegen denken sowieso, dass ich ein fauler Student bin. Von daher kann ich das ja auch ausleben“, ist ein Augenzwinkern nicht zu übersehen.
Doch nun endlich zur schönsten Nebensache der Welt. Aber ist der Fußball das auch in China? Na ja, lassen Bernhard Heitkötters Aussagen erahnen. “ Natürlich habe ich auch dort versucht, Fußball zu spielen und sogar einige Jungs aus Afrika getroffen, die echt richtig was drauf hatten. Jedoch herrschten auf dem Uniplatz „chinesische“ Verhältnisse, circa 60 Leute wuselten da schon einmal gleichzeitig über das Feld.“ Also gab er seine Versuche nach einiger Zeit auf und sattelte um auf Laufen, um einigermaßen fit zu bleiben.
Verbindung zum FSV hält bis ins ferne Hangzhou
Derweil schlug das FSV-Herz auch über die riesige Entfernung weiter. Spieltage und Tabellensituation wurden mit Spannung verfolgt, dem Internet sei Dank. Und über eine Nachricht freute sich der Student besonders: „Den Trainerwechsel habe ich schon in China als sehr positiv empfunden. Denn es ist ja weithin bekannt, dass Patrick Zöllner mit einer jungen Mannschaft, wie wir es sind, gut umgehen kann.“
Zurück in Trier, hat auch ein Ereignis vom vergangenen Wochenende sein anfängliches Fernweh nach Hangzhou verringert: „Nach einigen Eingewöhnungsschwierigkeiten hat mir jetzt der Sieg im Derby gegen Eintracht Trier II (Anmerkung der Redaktion: 5vier berichtete) gezeigt, dass hier meine Heimat ist und ich so etwas nicht missen möchte. Gerade weil wir im Vorfeld klarer Außenseiter waren, ist es ein besonderer Erfolg.“
„Wir wollen schnellstmöglich den Klassenerhalt schaffen“
Auch ein Derbysieg mit 22 Spielern (und nicht 60) auf dem Kunstrasen im Moselstadion kann also „geil“ sein. Wenngleich der leidenschaftliche Außenverteidiger („Das ist meine Lieblingsposition, weil neben der Defensivarbeit öfter mal Ausflüge nach vorne möglich sind“) zugeben muss, dass das 2:1 gegen die U23 des SVE etwas glücklich zustande kam. Aber wozu gibt es die alten Fußballweisheiten: „Am Ende gewinnt halt der, der die meisten Tore schießt“, freut sich der FSV-Akteur.
Die nächsten Wochen stehen für Heitkötter und den FSV Tarforst ganz im Zeichen des Punktesammelns gegen den Abstieg: „Unser Ziel für die Rückrunde ist ganz klar, den Klassenerhalt schnellstmöglich perfekt zu machen. Niemand mag den Abstiegskampf“, gibt er die Parole aus, rasch genügend Zähler einzufahren. Beginnen will er damit bereits am Samstag (17.30 Uhr) gegen den VfB Linz. „Natürlich geht es gegen Linz nur darum, die drei Punkte in Tarforst zu behalten. Dabei werden wir sie, obwohl sie abgeschlagener Letzter sind, nicht auf die leichte Schulter nehmen.“
Und auch die Spiele danach können schon richtungsweisend sein für Heitkötters Verein aus dem Höhenstadtteil, geht es doch mit dem Auswärtsspiel in Schweich und der Heimaufgabe gegen die SG Kyllburg aufeinanderfolgend gegen direkte Konkurrenten im Kampf um den Ligaverbleib.
Chinesische Höflichkeit und Demut bleiben beim Rechtsfuß da ganz sicher außen vor. Zumindest für 90 Minuten und ein Stückchen Heimat mit König Fußball bei seinem FSV.
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