Ihr Lieben!
Wenn ich am Wochenende meine Eltern in der Heimat besuche, wird mir der Luxus, eigentlich aus dem Saarland zu stammen, erst so richtig bewusst. Was habe ich während dem Studium immer jene bemitleidet, die ewig zu ihren Familien durch die Republik pendeln mussten. Ein Hoch auf die Saar-Lor-Lux-Region!
Trotzdem hat es mich nun seit 11 Jahren ins Exil (für den Saarländer ist ein Wohnsitz in der Pfalz ja nicht gerade ein Griff in die Bonbondose) nach Trier verschlagen. Ich muss sagen, ich freunde mich langsam mit der Situation an.
Wie das so ist, wenn man sich entschließt, fern der Heimat zu wohnen, bringt dies auch allerlei Umzüge mit sich. Zum Studium in eine fremde Stadt – und noch mit Mama und Papa im Schlepptau – auch das war ein Highlight, kann ich Euch sagen. Aber schlimmer sind dann die Umzüge, bei denen Papa nicht mehr mitschraubt, der Freund grad den Fuß gebrochen hat und alle anderen Freunde „zufällig“ gerade dann Termine haben, wenn man selbst, als weibliche Spezie, umzieht.
In meinem Fall musste ich zweimal innerhalb eines Jahres die Wohnung wechseln. Um Fragen vorzubeugen, es lag nicht daran, dass ich eine so unangenehme Person bin, sondern an den örtlichen Gegebenheiten. Aber das Problem bei so einem Umzug beginnt ja schon bei Kleinigkeiten. Da hast du einerseits den Typ „Heimwerker“ im Freundeskreis, der dir sagt „Mensch Mädche, mach das doch selbst, es gibt so viele schöne Anleitungen im Internet“ und andererseits den Typ „Goldschisser“, der einfach alles kauft und voller Selbstverständnis mit großen Kulleraugen zu dir aufblickt und entrüstet feststellt: „Also ich würde das ja einfach kaufen und den Aufbau gleich mit kalkulieren.“
Ja, dann stehst du da als Frau von Welt, nicht reich genug, einfach ein Umzugsunternehmen beauftragen zu können und nicht fähig, plötzlich zum Heimwerker zu mutieren. Verzweifelt auf der Suche nach dem Typ „Mittelfeld“, ich kann von allem ein bisschen. In den Ohren die Ratschläge deiner Freundinnen, dir endlich mal nen gescheiten Mann zu suchen. Klingt ja im Grunde nicht besser als „such dir ne Frau, die kochen kann“.
Hilfe, ich brauche Bob den Baumeister, aber ohne weitere Nebenwirkungen. Als emanzipierte Frau vom Land nimmst du den ganzen Kram dann doch selbst in die Hand und scheiterst schon daran, dass du resigniert feststellen musst, dass du nicht mal nen Hammer zuhause hast, geschweige denn einen Kreuzschraubenzieher, vom Rest unterscheiden kannst. Das ist übrigens der Moment, wo deine überemanzipierten Freundinnen zu erklären versuchen, dass es auch Frauen gibt die so was können. Na danke! Für mich übrigens der Moment, in dem ich meinem Bruder mitteile, dass ich ohne ihn auf KEINEN Fall umziehen kann. Ich glaube für ihn die Erkenntnis, dass er vor 6 Monaten erst Möbel vom 2. Stock in den 4. umgezogen hat. Am Ende dieser ganzen Odyssee sind dann doch ein paar Helfer am Start und schleppen schwitzend Kisten, die du zuvor ebenso transpirierend gepackt hast. Du stehst zwischen all dem Chaos und hoffst, dass keiner die gute Kommode von Oma fallen lässt, dass die Couch (die du natürlich nur per Augenmaß ausgemessen hast- wer braucht schon nen Meter) in die favorisierte Ecke im Wohnzimmer passt und dass keine der Kisten (die natürlich völlig überpackt sind) auf dem Weg nach oben reißt.
Nicht, dass das alles deine heile Welt schon außerordentlich durcheinander bringt, nein, dann kommt noch die Situation, in der du dich einfach nicht mehr davor drücken kannst, selbst in den Baumarkt zu fahren weil „etwas fehlt“. Du signalisierst mit eingefrorenem Lächeln, dass das ja gar kein Problem für dich wäre – du bist schließlich eine emanzipierte starke Persönlichkeit. Ich meine, ein Baumarkt „hallo?“. Gestärkt durch die Tatsache, dass du vor den zwei muskelbepackten Bauarbeitern vorm Eingang mit einem Zug die erstbeste Parklücke genommen hast, steuerst du so lässig es geht auf die Drehtüre zu, um dann über den Teppich im Eingangsbereich zu stolpern. Macht nichts, Krone richten, erhobenen Hauptes weitergehen – du bist die wahre Königin der Baumärkte. Im Innenbereich folgst du aufmerksam den Schildern zur Farbabteilung. Du ignorierst, dass du natürlich den Beispielpinsel vergessen hast. Es wird sich schon der Richtige finden- man hat ja schließlich studiert. Der Gedanke ist schnell verflogen, als der mitleidig grinsende Mitarbeiter der Fachabteilung fragt: „Brauchen se vielleicht Hilfe?“ Klar verdammt, ich brauche Hilfe – bei allem. Man grinst höflich zurück und fragt nach den benötigten Produkten. Spätestens nach 10 Minuten ist klar, dass frau nicht mehr als Bauqueen glänzen kann und der Organismus schaltet auf „hilflos“. Das hilft im Zweifel immer und der positive Nebeneffekt ist, dass man nach 30 Minuten bepackt mit sämtlichen Utensilien den Markt verlassen kann. Natürlich bejaht man die Frage „hat alles geklappt?“ bei Rückkehr mit einem entspannten Lächeln, während das Gehirn noch heulend vor Niederlage um den Baumarkt rennt.
Das Unnötigste bei Umzügen ist aber eigentlich das, was nach dem ganzen Renovierungs- und Schleppmarathon kommt. Die Königsdisziplin – Möbelaufbau. Und wie bei allen Umzügen stellt man sich die Frage, ob das wirklich sein muss. Ja, es muss. Die moderne Frau von heute ist sich aber bewusst, dass sie diese Schlacht nicht alleine schaffen wird. Also lädt sie ihre Freundinnen zur Unterstützung ein. Eine wird schon den Dreh raushaben, im Zweifel hilft Alkohol – immer. Gut, dieser ist dann auch der einzige Freund an diesem Abend. Nicht, dass man nicht gewusst hätte, dass man Schränke besser nüchtern aufbauen sollte. Der Kater am nächsten Morgen, der neben einer Aspirin einzig wahrer Sexualpartner der Nacht war, teilt einem mit sanfter Stimme mit: „Produktiv war das jetzt nicht.“ Grinsend ziehen die Bilder des Abends an einem vorbei und man schaut voller Stolz zum Fernsehtisch, den man in 4 Stunden mit 3 Frauen und zahlreichen Diskussionen aufgebaut hat. Man schwebt ein wenig auf Wolken, genießt den Moment des Stolzes, um dann mit verzerrter Miene zum Kleiderschrank zu blicken, dessen Türen wie müde Äste an den Scharnieren hängen. „Scheiße mein Freund“ – wär man doch nur mit Bob verheiratet. Dem muskulösen, oberkörperfreien Adonis in Blaumann. Der nicht nur an Möbeln schraubt sondern auch… Ok, willkommen in der Realität. Ich fasse zusammen: Bob ist irgendwo, weit weg von den Einzelteilen, die verstreut auf meinem Fußboden liegen.
Die Wahrheit ist, im Endeffekt hat doch jeder von uns den Freund, der einem aus der Patsche hilft. Genau der bekommt, noch während frau denkt, eine Nachricht und wird es wie ein Samariter mit allen Schrauben und Hölzern dieser Welt für mich aufnehmen. Ich weiß es.
Wenn dann endlich alles steht und man den Umzug Revue passieren lässt, sieht die Welt schon wieder zuckerfarbenweiß aus, der Himmel blau und die applaudierenden Hände schreien in Gedanken nach Glitzerregen. Und wenn wir mal ehrlich sind, bin ich doch die Königin der Umzüge 😉
Daje und bis zum nächsten Mal,
Eure
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