„Sed Venici“ hallt es durch das Gebäude. Das Gebäude, welches sich kahl und hart erhebt an der Stelle der Stadt wo das meiste Leben pulsiert. Viele Menschen sind nur wegen ihm gekommen. Wenige Bauwerke strahlen eine harte, kühle Ruhe, aber gleichzeitig eine solche altertümliche Anmut aus. Die Porta Nigra ist ein solches Bauwerk. Aus Stein gebaut, der mit der Zeit schwarz und angegriffen von der Luft und seiner Geschichte ist. Und um diese geht es. Die Geschichte der Porta Nigra erleben – als Römischer Soldat, der die Stadt, die nördlichste Bastion des römischen Imperiums, vor den „barbarischen Germanen“ schützt. Eben dies kann man im Rahmen einer Führung tatsächlich erleben. Ein Schauspiel – man selbst: Mittendrin.
„Die Erlebnisführungen sind eine sehr gute Gelegenheit diese großen Bauwerke der Stadt Trier mal aus einer ganz anderen Perspektive zu sehen,“ sagt Markus Friedmann hinterher. Friedmann ist Schauspieler und spielt – als einer von sechs – den Zenturio. Der Zenturio weiht den Besucher in „das Geheimnisse der Port Nigra“ ein. Dies ist gleichzeitig auch der Name des Stücks.
Und in der Tat – die Erlebnisführung ist genau das. Ein vollständiges Theaterstück mit Handlung, Dramaturgie, Szenen, Gestik, Mimik und ausdifferenzierten Figuren. Fast 20 sollen es sein, die vorkommen. Und alle gespielt von Friedmann und seinem „Adjutanten“ Boris Klein. Markus Friedmann kommt ursprünglich aus Berlin und ist nun schon seit 20 Jahren in Trier. „Schauspieler sind aber eigentlich ein fahrendes Volk gewesen, deshalb bin ich viel unterwegs und spiele in unterschiedlichen Städten“. Der 35-jährige weiß wovon er spricht. Als hauptberuflicher Darsteller wirkte er schon in einigen Theater- und Fernsehproduktionen mit. So spielte er zum Beispiel in Shakespeares berühmten Stück „Ein Sommernachtstraum“ am Dresdener Staatsschauspiel. „Die Bemühungen rund um Trier was Tourismus angeht bringen die Region deutlich nach vorne. Ich bin froh Teil dieser Bemühungen zu sein und dazu beitragen zu können, dass Menschen Spaß an Geschichte haben,“ sagt Friedmann.
Das Stück beginnt am Eingangsgitter des großen Tores. Ein Mann in einer braunen Lederrüstung geleitet die Zuschauer – eine bunt gemischte Truppe mit Kindern, älteren Menschen, Touristen, Einheimische – in den schwarzen Bau. Die Veranstaltung ist ausverkauft: 50 Personen nehmen teil und werden für die nächsten 120 Minuten zu römischen Mitbürgern. Unsere Aufgaben erscheinen zunächst noch recht einfach: Zusammen bleiben, die Markierung als Teilnehmer tragen und fotografieren verboten.
Die Zeitreise beginnt als der römische Zenturio in voller Rüstung die Treppe herab steigt.
„Ihr seid also meine neue Truppe“, ruft er der wartenden Menge von oben zu – die Spannung der Teilnehmer kann man förmlich spüren. Friedmann bezieht sie alle sofort mit ein. Einer wird der Steinmetz, einer der Künstler, ein anderer der Bauer – wir alle müssen dafür sorgen, dass der Hauptauftrag erfüllt wird: die Stadt muss verteidigt werden.
Neben dem amüsanten Schauspiel und der Interaktion mit den Besuchern werden immer wieder auch geschichtliche Informationen eingestreut. Passend zur Szene erfahren wir alles über das Tor.
Die Porta Nigra wurde um 180 v. Chr. erbaut und diente als Zugang zur römischen Stadt Augusta Treverorum. Die Bauweise – eine Doppeltoranlage mit Innenhof (Zwinger) – der Porta fasziniert: Dicke Quader sind übereinander geschichtet und mit Eisenklammern verbunden. Die Porta diente den Römern nicht nur als Eingangstor und Verteidigungsmöglichkeit gegen Feinde, sondern als Demonstration von Größe und Macht des Römischen Imperiums. Die Porta Nigra ist seit 1986 UNESCO-Weltkulturerbe.
Wir werden angegriffen!
„Sed Venici“ – „Mitkommen“ – werden wir angehalten und schon setzt sich der Tross in Bewegung: „Man kann sich das nicht als typische Führung vorstellen. Wir Schauspieler sagen immer: Erlebnisziehung.“ Für Menschen mit Gehbehinderung ist die Veranstaltung deshalb auch nicht geeignet. Kaum Pausen bleiben nach dem Aufstieg in das oberste Stockwerk denn: Wir werden angegriffen! Schon werden imaginäre Steine und heiße Kessel mit siedendem Öl geschleppt und auf die Feinde runter geworfen. Verdutzte Menschen unten, als germanische Feinde identifiziert, schauen sich fragend an. Immer wieder bezieht Friedmann die Leute mit ein – Lässt Ausschau halten und macht Witze über „Amphorenliebhaber“. Die Teilnehmer lachen.
Eines der Highlights der Tour ist der Besuch der Krypta in der Porta Nigra, die auch den Beinamen Porta Martis – das Tor des Mars, eine römische Gottheit aus der Antike – trägt. In der Krypta ist es dunkel. Nur wenig Licht scheint aus den Scheinwerfern. Die Kinder drücken sich fest an ihre Eltern. Hier hat auch das Schauspiel eines seiner vielen Höhepunkte. Starke Monologe überzeugen auch den letzten Zweifler. Man befindet sich in einem Theaterstück und die gesamte Porta dient als Bühne. „Jeder Schauspieler spielt das Stück nur einmal am Tag, ganz selten zweimal, wenn es gar nicht anders geht. Wir haben viel Spielfläche und müssen sehr agil sein um diese auch auszunutzen – durchaus anstrengend.“ Die Geschichte, die Friedmann erzählt klingt abenteuerlich – eine Mischung aus historischen Fakten und ausgeschmücktem Theater lässt sie unwirklich und doch logisch erscheinen. So z.B. dass die Porta einst in eine Bergkirche umgebaut war und wie dieser Umbau vonstatten ging. Oder dass sich ein griechischer Mönch, namens Simeon, sich einst das Gebäudeeinmauern ließ um Gott zu finden. Viel wird auch erzählt von Kaiser Konstantin, dem Christenfreund und einem rostigen Nagel.
„Bist du Jupiter, dass du Blitze wirfst?“
Friedmann malt faszinierende Bilder mit seinem guten Schauspiel –die Kulisse tut ihren Dienst dazu. Die Menge lauscht gespannt den Worten und einer versucht wieder das Erlebte auch bildlich festzuhalten: „Fotografieren stört die Konzentration und passt ja auch zeitlich gar nicht darein,“ sagt Friedmann mit einem Lächeln, „aber es gibt natürlich immer mal wieder Menschen die die Grenzen austesten, wie weit sie gehen können. Darauf musst du dann als Schauspieler reagieren.“
Das in seiner Zeit als ‚Zenturio‘ in der Porta schon einige die „Grenzen ausgetestet haben“ merkt man an seinem routinierten Umgang mit jeder Kameralinse. „Bist du Jupiter, dass du Blitze wirfst“ schimpft er als der Fotograf den Auslöser betätigt.
Ob es eine große Umgewöhnung ist ein solches Stück zu spielen möchte ich wissen, als die Führung vorbei ist: „Es ist Theater wie jedes andere auch. Die Stelle wird ausgeschrieben, es gibt ein Vorsprechen, und proben tun wir auch. Aber natürlich gibt es Unterschiede. Das Stück funktioniert nur in dieser Kulisse. ‚Das Geheimnis der Porta‘ wird also niemals in Berlin aufgeführt werden. Und auch das Proben ist abenteuerlich. Meistens Abends, wenn wenig los ist.“ Besonders ist für ihn die spezielle Interaktion mit den Teilnehmern: „Da passiert schon ab und zu mal was lustiges“, erklärt Friedmann und erzählt seine Lieblingsgeschichte: „Einer meiner Figuren, die ich im Stück spiele ist ein Bischof. Und einst hatte ich mal den Dompropst aus Greifswald zu Besuch. Ihm fiel zu meiner Aufführung nur ein: ‚Mit Verlaub her Bischof, Sie sind eine Pfeife.“
Man merkt: Friedmann hat Spaß an diesem Stück, bei dem Regie geführt wurde von Alexander Etzel-Ragusa. Ragusa schafft es geschichtliche Fakten und interessantes Theater zu vereinen. Genau deshalb ist das Stück nicht nur für Touristen interessant. „Wir wünschen uns, dass mehr Trierer unser Angebot wahrnehmen, denn das Besondere an unserem Stück: Selbst wenn man die Porta schon kennt lohnt sich der Besuch unserer Aufführung. Und sei es nur um das Geheimnis der Porta Nigra zu erfahren.“
Denn das wird hier natürlich nicht verraten…
Stimmen:
Familie Metzler: „Wir kommen aus Norddeutschland und verbringen ein langes Wochenende in Trier. Entscheiden haben wir uns für die Erlebnisführung vor allem weil das Angebot sehr verlockend klang und wir auf eine ganz normale Führung nicht so viel Lust hatten. Erlebt haben wir fantastisch gutes Theater. Wir haben ein richtiges Gefühl für das Gebäude bekommen. Gut gemacht!“
Maren Matys: „Meine letzte Führung durch die Porta Nigra ist schon Jahre her. Ich wollte das gerne noch mal machen und hab dann von dem Angebot der Erlebnisführung gehört. Ich wusste nicht was mich erwartet und hab es deshalb einfach mal ausprobiert. Diese Entscheidung hab ich nicht bereut – Ich kann jedem nur empfehlen diese Sache mal mitzumachen. Das ist ganz anders als normale Führungen. Hier ist viel mehr Aktionismus dabei und Herr Friedmann ist ein großartiger Schauspieler.“
Das Geheimnis der Porta Nigra
Buch und Regie: Alexander Etzel-Ragusa
Darsteller des Zenturios im Wechsel: Thom Nowotny, Thomas Peters, Tim Olrik Stöneberg, Markus Friedmann, Guillaume Karl, Jan Krüger
Alle Preise und Informationen zur Buchung der Erlebnisführung finden sie unter www.erlebnisfuehrungen.de. Dort finden sie auch weitere Erlebnisführungen in Trier.
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