Von Stephen Weber
Was wurde nicht alles über den modernen Fußball geschrieben: Ob nun dynamische Doppelsechs, kombinationssichere Kurzpassstafetten mit einer beweglichen Spitze oder turbulenter Tempofußball – wer up-to-date sein möchte, muss mit den Auswüchsen neu-entwickelter Taktikschulen Schritt halten. Angeblich.
Eintracht Trier hat in dieser Saison – so scheint es mal wieder – aus einer Not eine Tugend gemacht. Entgegen verbreiteter Trends stellte der Dirigent am SVE-Reißbrett, Roland Seitz, seine Mannschaft in den vergangenen Partien auf ein klassisches 4-4-2-System um und konnte auf diese Art und Weise seiner Defensive mehr Sicherheit verleihen. „Durch die neue Formation üben meine Spieler durch zwei verteidigende Angreifer wesentlich früher Druck auf die gegnerische Mannschaft aus. Wenn dann auch das Mittelfeld die Räume zu macht, weiß sich der Gegner oft nur durch lange Bälle zu behelfen, was uns mit den zwei großgewachsenen Abwehrriesen Dingels und Hollmann entgegen kommt“, begründet der Oberpfälzer den Systemwechsel.
Nur ein Gegentor in den zurückliegenden sechs Ligaspielen spricht für die neue Grundordnung, bei der „alle elf Mann auf dem Feld für die Defensive arbeiten“, so Seitz. Neben Marco Quotschalla, der den verletzten Chhunly Pagenburg als Stürmer vertritt, übernahmen bisher Christoph Anton, Alon Abelski und Erdogan Yesilyurt die Rolle als zweite – zumeist hängende – Spitze. Dadurch entstanden neue Räume im offensiven Mittelfeld, die durch die zwei Sechser Steven Kröner und Maximilian Watzka genutzt wurden und dem Angriffsspiel des SVE so zusätzliche Dynamik verliehen.
„Bin mir sicher, dass es gegen Ulm wieder klappen wird“
Es zeigt sich also, dass die Umstellung nicht nur die Abwehr stabilisiert, sondern ebenso das Offensivspiel der Trierer belebt – befindet auch Christoph Anton: „Es hat bisher gut geklappt. Wir haben schöne Spielzüge im neuen System gespielt und gute Angriff zustande gebracht. Zusätzlich können wir jetzt intensiver pressen und den Gegner früher im Aufbauspiel zu Fehlern zwingen.“ Das Trierer Eigengewächs fühlt sich dabei in seinem neuen Aufgabenbereich sichtlich wohl: „Grundsätzlich spiele ich auf jeder Position gerne. Auch der Job als zweite Spitze liegt mir. So ist mir auch mein Treffer gegen Homburg gelungen, der mir neues Selbstvertrauen und Leichtigkeit zurückgegeben hat.“
Neben ihm steht Marco Quotschalla als zweiter Angreifer im Sturmzentrum der Moselstädter. Dem laufstarken Winterneuzugang kommt die Umstellung ebenfalls entgegen: „Wenn man zu zweit in der Spitze spielt, kann man sich die Aufgaben teilen. Man kann beide Seiten gleichzeitig abdecken und den Gegner so stören“, meint Quotschalla. Dass es in den letzten beiden Ligapartien nicht zu einem Tor für die Eintracht gereicht hat, verstimmt den Stürmer indes nicht: „Manchmal klappt es halt, manchmal nicht. Vielleicht hat gegen Kaiserslautern oder Großaspach einfach der letzte Pass gefehlt, um zum Torerfolg zu kommen. Ich bin mir jedoch sicher, dass es gegen Ulm wieder klappen wird.“
Unsicher hingegen ist derzeit noch die Zukunft des blonden Angreifers, dessen Vertrag ausläuft: „Bisher wurden noch keine Gespräche über die nächste Saison geführt. In meinem Fall ist noch alles offen.“ Der alleinige Blick richtet sich folglich zunächst auf das Duell gegen die Spatzen und den noch möglichen Relegationsplatz der Regionalliga-Südwest.
Wenn das gelingt, beweist sich mal wieder: Moderner Fußball ist der, der erfolgreich ist.
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