Christian Held, Co-Trainer und kommender Headcoach der RÖMERSTROM Gladiators Trier, hat sich mit uns zu einem Interview getroffen und uns zu einem Arbeitstag eingeladen. Er sprach unter anderem mit uns über die Rolle eines Assistenztrainers, worauf es beim Videoscouting ankommt und über die Playoffserie gegen Chemnitz. In den folgenden Tagen dürft ihr euch über zwei weitere Interviewteile freuen.
Christian, aktuell bist du in Trier als Co-Trainer aktiv, warst aber auch schon selber Headcoach in der ProB und wirst im Sommer Marco van den Berg als das beerben. Welche Rolle muss ein Assistent aus deiner Sicht erfüllen?
Das ist abhängig von den Fertigkeiten und Fähigkeiten der jeweiligen Coaches und dem Trainerteam an sich. Das muss zusammenwachsen. Der Co mischt überall mit, ist überall dabei, hat mal mehr, mal weniger Einfluss. Aber letztlich trifft immer der Headcoach die Entscheidung. Anders würde das auch nicht funktionieren, wie in anderen Berufsfeldern auch. Bei mir persönlich ist aktuell die Gegnervorbereitung ganz entscheidend. Im Training unterstütze ich wo Hilfe gebraucht wird.
Beim Videoscouting schaue ich je nach Saisonphase nicht nur die Gegner, sondern auch unser Spiel an. Vor allem am Anfang der Spielzeit schaut man mehr auf sich selbst. Wenn wir dann immer mehr eingespielt sind und das Fundament gelegt ist, kann man mehr und mehr den Fokus auf die anderen ProA-Ligisten legen.
In den Playoffs ist es dann so, das hat man letztes Jahr extrem gegen Chemnitz gesehen, dass die Analyse und das Reagieren auf den Gegner entscheidend sind. Im 1. Spiel haben sie unser Pick’n’Roll ganz speziell verteidigt und gewonnen. Beim 2. Aufeinandertreffen haben wir das auseinandergenommen, weil wir uns darauf eingestellt haben. In der 3. und 4. Partie verlief es noch einmal ähnlich, sodass es im entscheidenden 5. Spiel darum ging, wer die Plays macht. Da hat man sowohl bei Chemnitz als auch bei uns die Entwicklung gesehen, es gab immer Veränderung.
Man kann dem Gegner nicht alle Optionen wegnehmen, sonst hieße das Ergebnis 0:0, das wäre langweilig. Jede Defense ist angreifbar, weil sie nur reagieren kann. Und auch wegen Fehler der Spieler, keiner ist perfekt. Das müssen Basketballer verstehen, vor allem junge, das es nicht darum geht keine Fehler zu machen, sondern wie man mit den Fehlern umgeht.
Was genau siehst du dir an, wenn du scoutest? Und wie viel Zeit investierst du dafür?
Ich fange häufig schon morgens um 6 Uhr am Schreibtisch damit an. Auch mittags zwischen den Trainingseinheiten sitze ich daran, meistens fünf Tage in der Woche. Über eine Plattform, auf der spätestens 20 Stunden nach Spielende die vollständigen Partien hochgeladen werden müssen, kann ich mir die einzelnen Spielszenen zusammenschneiden. Auf diese Plattform haben alle Trainer und Spieler der ProA Zugriff.
Ich sortiere dann nach „Calls“ (Ankündigung, welcher Spielzug gelaufen werden soll, Anm. d. Verf.), Spielern oder ob Spielzüge erfolgreich waren oder nicht. Ich sehe mir an, wie Pässe und Laufwege aussehen und zeichne das digital auf. Auch, wie sie Blöcke oder Post-Ups (Spiel nahe am Brett, Anm. d. Verf.) verteidigen, sind zwei von vielen weiteren Punkten. So kann man sich dann gezielt vor dem Aufeinandertreffen darauf vorbereiten. Meistens schaue ich mir die drei vorangegangenen Spiele des Gegners an. Ich drucke dann viele Informationen für Marco und mich aus und wir entscheiden, worauf wir Wert legen.
„Er wirft gerne, obwohl er nichts trifft.“
Die Spieler bekommen auch eine Mappe mit Informationen zu den Gegenspielern (zeigt uns eine). Da steht dann zum Beispiel „Lefty“, ist also Linkshänder oder dass er gerne wirft, obwohl er nichts trifft (grinst). Unsere Männer müssen vor allem ihre direkten Gegenspieler ausreichend kennen, aber natürlich ist es auch hilfreich, wenn sie die Stärken und Schwächen von Spielern auf anderen Positionen ebenfalls auf dem Schirm haben. Wir gucken aber auch als Team zusammen Video.
Wenn man dann auf die andere Seite schaut, also die Gegner die Gladiators Trier scouten und eure Stärken bremsen und Schwächen auszunutzen wissen, muss man sich dann nicht ständig neu erfinden? Man wird ja mit jedem Spieltag ausrechenbarer.
Das stimmt. Als ich in Oldenburg war hatte die Mannschaft ein Spiel verloren, da sie Probleme mit der gegnerischen Zonenverteidigung hatten. Das haben dann die nachfolgenden Gegner für sich nutzen können. Da musst du in der Lage sein dir was einfallen zu lassen. Aber man muss deswegen nicht alles komplett umwerfen, sondern man muss an die eigene Stärke glauben. Man kann nicht alles richtig machen, nicht jeder Pass ist planbar. Sondern man muss wissen was man tun muss, wenn die Defense das macht oder das macht. Dafür muss man das Spiel lesen können.
Was Christian Held über die Kaderplanung für die nächste Saison, seine Assistentensuche und die Jugendakadamie zu sagen hat, erfahrt im zweiten der drei Teile.
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