Unser wöchentlicher Ausblick auf Neustarts, Geheimtipps und empfehlenswerte Streifen, die in den nächsten Tagen aus den Kinosälen verschwinden…
Gestern ist ein neuer Spider-Man-Trailer erschienen! Aber Moment, ein neuer Spider-Man? Schon wieder?
Kaum eine Comic-Figur hat eine derart bewegte Geschichte hinter sich wie the Amazing Spider-Man. Im deutsch-sprachigen Raum ist er der mit Abstand erfolgreichste Marvel-Charakter, seit er 1962 zum ersten Mal das Licht der Welt erblickte. In der Welt der bewegten Bilder hatte der Spinnenmann allerdings mit so einigen Startschwierigkeiten zu kämpfen. Im TV funktionierte das Format um den Spinnenfäden schießenden Teenager zumindest einigermaßen gut, zunächst 1967 als Cartoon, dann von 1978-79 als TV-Serie und ab 1994 als Animationsserie von FOX, die zwar mit haarsträubenden Zensuren zu kämpfen hatte (niemand durfte sterben, die Wörter „sterben“, „töten“ und Ähnliches mussten durch Wörter wie „zerstören“ ersetzt werden), aber dennoch den bis dahin erfolgreichsten Anlauf darstellte, „Spiderman“ ins Bewegtbildformat zu übertragen.
In die Kinos hatte es die populäre Comicfigur bis dahin nie geschafft, in erster Linie aufgrund von rechtlichen Problemen. 2002 wagte sich Columbia Pictures in einer Koproduktion mit den Marvel Studios an den ersten großen Kinofilm, der unter der Regie von Horror-Profi Sam Raimi mit Tobey Maguire in der Hauptrolle zum Hit wurde. Der schnell hinterher geschobene zweite Teil toppte dies noch mal mit einem Einspielergebnis von 784 Millionen US-Dollar, bevor man für den dritten Teil das drittgrößte Budget aller Zeiten verballerte. 285 Millionen US-Dollar kostete „Spider-Man 3“ und spielte trotz verworrenem Script mehr als das dreifache ein. Danach kam es zum Supergau der sogenannten Raimi-Trilogie: Die Drehbuch zum fest eingeplanten 4. Teil gefiel Sony nicht, der nächste Entwurf missfiel Regisseur Sam Raimi, dessen Wunsch-Schurke ebenso wenig Platz in der geplanten Verfilmung finden sollte, wie ein für Anne Hathaway geplanter neuer Hauptcharakter und das gewünschte Effekt-Budget entsprach auch nicht seinen Vorstellungen. So zerfiel „Spider-Man 4“, bevor er im Jahr 2010 in Produktion gehen konnte.
Sony stand nun vor einem Problem: entweder die Rechte an die mittlerweile extrem erstarkten Marvel Studios verlieren oder schnell einen weiteren Film aus dem Ärmel schütteln. Da Sam Raimi für Probleme sorgte, entschied man sich kurzerhand für ein sogenanntes Reboot, also einen kompletten Neustart der Geschichte mit neuem Hauptdarsteller, neuem Regisseur etc. So wurde 2012 „The Amazing Spider-Man“ auf den Markt geworfen mit Andrew Garfield und Emma Stone in den Hauptrollen, der schon zwei Jahre später ein Sequel erhielt. 2017 ist es nun soweit, nicht der dritte Teil der vor 5 Jahren neugestarteten Reihe kommt in die Kinos, sondern wieder ein Neustart der Serie.
Warum das ganze? Nach dem nur mäßig erfolgreichen Reboot mit Andrew Garfield in der Hauptrolle, entschloss man sich in Zusammenarbeit mit den Marvel Studios zu einem erneuten Reboot, um die beliebte Comic-Figur endlich ins „Marvel Cinematic Universe“ einzugliedern, in dem bereits ein Großteil der Marvel-Charaktere Film-übergreifend zusammenarbeitet. So durfte der neue „Spidey“ Tom Holland schon im letztjährigen „Captain America: Civil War“ mitmischen und bekommt dieses Jahr seinen ersten eigenen Film, der ihn schon im Titel symbolisch bei Marvel zuhause willkommen heißt: „Spider-Man: Homecoming“. Am 13. Juli darf sich das deutsche Kinopublikum also wieder an den nächsten neuen Spiderman gewöhnen.
Mit einer solchen Masse an Reboots hat DER Neustart der aktuellen Kino-Woche glücklicherweise nicht zu kämpfen. „Ghost in the Shell“ ist zwar auch kein eigenständiges Drehbuch, wurde aber bisher noch nie als Real-Verfilmung auf die Leinwand gewuchtet. Dem Manga von 1989 folgten mehrere Anime, von denen die Umsetzung von Mamoru Oshii 1995 als Klassiker ins Genre einging. Auf den Kinoleinwänden gibt es nun die Hollywood-Umsetzung des Stoffes zu sehen, der bereits im Vorhinein viel Staub aufgewirbelt hat (wir berichteten in der letzten Kino-Woche: Whitewashing, Kult-Sequel und Trash-Granate). Ob Scarlet Johansson als US-Schauspielerin in der Anime-Verfilmung an der Seite von asiatischen Megastars wie Takeshi Kitano überzeugen kann, kann man ab morgen in den Kinos der Region überprüfen.
Zweiter Neustart der Woche ist die Animations-Komödie „Boss Baby“, in der der siebenjährige Tim von seinen Eltern plötzlich einen Anzug tragenden Baby-Bruder präsentiert bekommt, der so gar nicht in die Welt des verwöhnten Einzelkindes passt. Hinter dem seltsam seriösen Erscheinungsbild des „Boss Baby“s steckt aber natürlich mehr als nur ein Baby mit extravagantem Kleidungs-Stil.
Wem das für seine Kleinen etwas zu abgedreht ist, hat nach wie vor Disneys Hit-Blockbuster „Die Schöne und das Biest“ (unsere Kritik: Die Schöne und das Biest – So muss Disney sein), „Bibi & Tina – Tohuwabohu total!“, „Die Häschenschule – Jagd nach dem goldenen Ei“, „Die Schlümpfe – Das verlorene Dorf“, „Monster Trucks“ und das erstaunlich erwachsene „Lego Batman Movie“ zur Auswahl.
Zum Schmachten geht’s wahlweise in den nur auf den ersten Blick skandalösen „Fifty Shades of Grey – Gefährliche Liebe“ oder in den qualitativ zweifellos hochwertigeren „La La Land“. Ansonsten hat sich die actionhaltige Blockbuster-Auswahl seit dem ruhigen Winter wieder gut gefüllt…wem Scarlett Johansson im Hautengen Anime-Kostüm nicht reicht, kann auch weiterhin zwischen „John Wick: Kapitel 2“, „Kong: Skull Island“ (unsere Kritik: Kong: Skull Island – Auf der Insel der kämpfenden Monster), „Life“ (unsere Kritik: Life – Im Weltall nichts Neues), „Logan“, „Split“ und den „Power Rangers“ wählen.
Zu lachen gibt’s zur Zeit ausschließlich in der deutschen Spät-Fortsetzung „Lommbock“.
Neu im Broadway läuft diese Woche der österreichische Dokumentarfilm „Bauer Unser“ von den Produzenten von „We Feed The World“, „Let’s Make Money“ und „More Than Honey“. Der Film wirft einen Blick auf Österreichs Bauernhöfe und stellt fest, dass das Mantra der Industrie – schneller, billiger, mehr – so nicht weiter verfolgt werden kann.
Für Cineasten besonders interessant dürfte der Kinostart von Martin Scorseses „Silence“ sein, der seit vielen Jahren ein Herzensprojekt von dem Kult-Regisseur darstellt. Mit „Spider Man“ Andrew Garfield in der Hauptrolle entführt die Literaturverfimung im Jahr 1638 ins völlig von der westlichen Welt abgeschottete Japan auf, um Gerüchten über den berühmten Cristóvao Ferreira auf den Grund zu gehen. Auf Scorsese ist normalerweise Verlass, auch wenn das Projekt an den Kinokassen baden ging.
Weiterhin laufen der Animationsfilm „Ballerina – Gib Deinen Traum Niemals Auf“, „Der Hunderteinjährige der die Rechnung nicht bezahlte und verschwand“ und „Der junge Karl Marx“.
Die genauen Spielzeiten der einzelnen Filme gibt’s auf Cinemaxx.de und bei Broadway Trier.
Und was läuft an der Uni? Cineasta!
Neben dem Standard-Programm gibt’s an dieser Stelle normalerweise auch einen Hinweis auf das wöchentliche Kinoprogramm des cineasta an der Universität Trier, wo zweimal wöchentlich (Dienstag und Mittwoch) Filme verschiedenster Genres und Epochen gezeigt werden.
Aufgrund der Semesterferien gibt es in der kommenden Kino-Woche aber leider kein Cineasta-Programm.
Titel-Foto: © 2016 Sony Pictures Releasing GmbH
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