Es ist nicht selbstverständlich, einen Blick hinter die Kulissen in Profivereinen zu bekommen. Christian Held – Noch-Co-Trainer und zukünftiger Headcoach der RÖMERSTROM Gladiators Trier – ließ das vergangene Woche zu: 5vier.de durfte ihn an einem Trainingstag von morgens bis nachmittags begleiten. Ab dem Wochenende lest ihr bei uns seine Aussagen über seine kommende Beförderung, die Playoffserie gegen Chemnitz, über Autorität und zahlreiche weitere Themen.
Trier. Entspannt reicht er die Hand. Christian Held umgibt eine Aura der Ruhe, von Anfang an, als wäre es das Normalste der Welt, einen Fremden bei seiner Arbeit zusehen zu lassen. Wir haben Dienstag, den 27. Februar, und es sind noch drei Tage bis zur Partie gegen Ehingen. Morgens, kurz vor der ersten Trainingseinheit: Noch ist in der Nebenhalle eine Schulklasse, die es mit dem Abbau ihrer Matten nicht eilig hat. Entspannt passiert der Co-Trainer der Gladiators Trier die Schülerinnen und Schüler, um den trockenen Wischer zu holen und den Boden trainingsfertig zu machen. Es befinden sich neben der Schulgruppe weitere Gäste in der Nebenhalle, fünf Jugendspieler um die 15 Jahre aus den Niederlanden und einem aus Wasserbillig. Sie trainieren heute mit den Profis.
Ebenfalls entspannt beginnt dann auch die Trainingseinheit der Gladiators Trier. Alle Spieler sammeln sich in der Mitte und formen einen Kreis, es wird etwa eine Minute geschwiegen, der Fokus ist gesetzt. Kevin Smit leitet die Aufwärmübungen, bevor der Ball in die Hand genommen wird. Es wird in drei Sprachen kommuniziert, bei den Übungen selber aber ausschließlich auf Englisch. Es wirkt so, als würden die Coaches viel den Spielern überlassen, die sich kurz nach den Ansagen, was nun gespielt werden soll, immer wieder in ihren Gruppen sammeln und austauschen. Eigenverantwortung und Kommunikation können dadurch mit einer einfachen Methode gefördert werden.
In den etwa 120 Minuten werden sieben Spielformen trainiert. Mal ein 5 gegen 0 mit möglichst intelligentem High-Low Passspiel, später muss der Fastbreak in maximal sieben Sekunden abgeschlossen werden oder es werden Defensivrotationen in Unterzahl einstudiert, zwischendurch Wurfdrills. Christian Held bleibt der ruhige Part. An diesem Morgen ist seine Rolle die des Beobachters, aktiv wird er nur als Passer für genannte Drills.
Lauter wird Headcoach Marco van den Berg auch vor allem dann, wenn es seiner Meinung nach zu gemächlich von statten geht. Gerade bei Defensivübungen ruft er klar und deutlich: „You can’t play defense with your hands down.“ Er appelliert an den Vorbildcharakter seiner Spieler vor dem Nachwuchs. Trotzdem wirkt er insgesamt zufrieden während den Einheiten.
Zum Ende wird die Atmosphäre nochmal lockerer, es werden Freiwürfe geübt (nur „Swishes“ zählen, also Treffer, die ohne Ringberührung durch den Korb fliegen) und zwei der Niederländer zeigen, wie sie ihre Athletik in Dunks umwandeln können. So manches Ding wäre durchaus bei einem BBL Allstar Day wettbewerbsfähig.
Nach dem Training geht es ins Front of House essen. Held bestellt sich nach Empfehlung einer Mitarbeiterin der Geschäftsstelle Hähnchengeschnetzeltes mit Basmatireis. Der baldige Nachfolger von van den Berg nimmt und lässt sich Zeit für ein Interview (freut euch auf Samstag). Man kriegt gar ein schlechtes Gewissen, da er offen, phrasenfrei und ausgiebig antwortet und sich somit sein Essen immer weiter abkühlt. Großmutters Alptraum, doch für uns ein Geschenk. Es wird sich über die Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft unterhalten. Über ihn als Person und seinen Arbeitgeber RÖMERSTROM Gladiators Trier. Über Profis und Jugend. Einfach über Basketball.
Basketball vom Schreibtisch aus
Nachdem Held seine Cola-light getrunken hat, lässt er einen Blick in einen seiner wichtigsten Arbeitsbereiche, dem Videoscouting, zu. Er erklärt worauf er beim Gegner achtet, wie er die Videoaufzeichnungen strukturiert und schneidet und wie diese zahllosen Informationen später aufbereitet werden. Normalerweise macht er das in Ruhe zu Hause, in der Regel fünf Mal die Woche. Natürlich erst nach seinem ersten Kaffee um 6 Uhr morgens, mit Blick aus Ruwer über die Mosel. Ganz entspannt.
Seine Aufgaben sind vielfältig. Jugendkoordination und Vernetzung mit den örtlichen Vereinen. Trainingsbetrieb und Scouting. Telefonate, die „gefühlt 80 % meines Tages ausmachen, tatsächlich sind es aber wahrscheinlich weniger“. Er habe quasi überall seine Finger im Spiel. Er vereint so viele Vereinsaktivitäten in einer Person, die zum Beispiel an der Universität in Gonzaga, einer seiner Karrierestationen, auf zahlreichen Schultern verteilt werden. Es macht ihm nichts aus, denn er liebt Basketball. Da machen für ihn auch die anfallenden Überstunden nicht viel aus, denn genau so will er das. Wegen des Ehrgeizes und der Leidenschaft. Beides strahlt er durchweg aus. Aber entspannt.
Kommentar verfassen