Es ist soweit: Die lange angekündigte Sonderausstellung „Ein Traum von Rom – Römisches Stadtleben in Südwestdeutschland“, die vom 15. März bis zum 28. September im Rheinischen Landesmuseum Trier präsentiert wird, öffnet am Wochenende ihre Pforten. Nach zwei Terminen während der Aufbauphase konnte 5vier.de auf der Pressekonferenz am Donnerstag endlich die vollständige Ausstellung begutachten, sowie Stimmen der Verantwortlichen hören.
Was steckt dahinter?
Die Ausstellung stellt einen Meilenstein dar, wie der Direktor des Rheinischen Landesmuseums Trier, Dr. Marcus Reuter, betont. Und diese Aussage trifft in mehrfacher Hinsicht zu. Einerseits für das Museum selbst, denn seit der Konstantinausstellung im Jahr 2007 ist in Trier keine Sonderausstellung von solchem Format mehr realisiert worden. Zahlreiche Ausstellungsstücke mussten nicht von auswärts geliehen werden, sondern stammen aus dem hauseigenen Depot, das in Trier eine beeindruckende Anzahl an Stücken beherbergt. „In Trier lernt man Demut“, so beschreibt Reuter die Reaktion seiner Besucher, die er durch das Archiv führt. Auf der späteren Führung durch die Ausstellung hebt er in fast jedem Raum ein Stück hervor, welches noch nie oder nur selten ausgestellt wurde.
Außerdem handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt zusammen mit dem Landesmuseum Württemberg in Stuttgart, genauer gesagt um die erste Kooperation dieser beiden Museen. Das Projekt wird nicht nur in den Medien bundesweit angekündigt, sondern ist sogar in der Landespolitik präsent. So haben die Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, Malu Dreyer und Winfried Kretschmann, die Schirmherrschaft übernommen.
Bei dem Besuch einer derart großen Sonderausstellung beeindruckt der Gedanke daran, was alles hinter der Realisierung steckt. Bereits im Jahr 2011 begannen die Planungen. Seit dieser Zeit führten die Mitarbeiter der beiden Museen persönliche Gespräche, Telefonate und Tagungen durch, um gemeinsam ein Konzept aufzustellen, das letztendlich zu einem für den Besucher informativen, spannenden als auch angenehmen Erlebnis werden soll. Im September wird zudem in Trier alles wieder abgebaut und nach Stuttgart gebracht, wo die Ausstellung anschließend vom 25. Oktober 2014 bis zum 12. April 2015 zu sehen sein wird.
Die Stimmung der Beteiligten auf der Pressekonferenz ist angenehm heiter. Obgleich ihnen die Mühen der vergangenen Monate sicher noch im Nacken sitzen, freuen sich alle über das Ergebnis und auf die bevorstehende Eröffnung der Sonderausstellung.
Was ist zu sehen?
Für viele Bereiche des Lebens im gesamten römischen Reich hatte Rom Vorbildcharakter. So auch für die Provinzen Südwestdeutschlands; im Vordergrund stehen hier die Provinz Gallia Belgica mit Trier als Hauptstadt und die Provinz Germania superior rechts des Rheins. Die Stadtkultur dieser Regionen wird im Rahmen der Ausstellung erstmals derart aufbereitet. In insgesamt 11 Ausstellungsräumen werden dem Besucher des Landesmuseums verschiedene Aspekte des antiken Lebens in den genannten Regionen näher gebracht, wobei er vom öffentlichen Leben, wie es im Forum, in den Thermen oder auf der Handelsstraße gelebt wurde, hin zum privaten Raum, den Wohnungen und Gärten, geführt wird.
Die ersten 6 Räume befassen sich mit dem öffentlichen Leben. So werden Stadttypen, Ämter, Stadtbevölkerung, sowie das Marktleben erläutert. Um dem Besucher letzteres näher zu bringen, entschied man sich für den dreidimensionalen Nachbau einer Handelsstraße. Sie stellt nicht nur deswegen einen kleinen Höhepunkt dieses Abschnitts dar. Unter den Exponaten befinden sich unter Anderem Weinkrüge, die als antiker „Exportschlager“ der Moselregion vor ca. 1700 Jahren in das heutige Gebiet Baden-Württembergs geliefert wurden und im Rahmen der Ausstellung wieder in ihre Herstellungsregion zurückkehrten. Aus Platzgründen muss die Darstellung der Handelsstraße im Museum etwas kleiner als das Original ausfallen; eine solche Handelsstraße konnte in der damaligen Zeit gut 10 Meter breit sein.
Anderes gilt für die imposanten Darstellungen der Wandmalerei. Die Raumhöhen des Museums bieten mit 4,50 Meter die Möglichkeit der nahezu originalgetreuen Inszenierung der historischen Vorbilder mit Raumhöhen von ca. 6 Metern. Besonders hervorzuheben ist hier deren Bedeutung als Nachweis für den Vorbildcharakter Roms, denn es gäbe „nichts Römischeres für ein Haus als Wandmalerei“, so Dr. Nina Willburger vom Landesmuseum Württemberg in Stuttgart. Hier beginnt mit dem Raumnamen „Schöner wohnen“ der Teil des privaten Lebens. Dem Besucher werden beeindruckende Beispiele der antiken Innenausstattung geboten, wie eben Wandmalereien, Mosaike und Marmor, aber auch Funde aus römischen Gärten. Im letzten Raum schließlich findet man sich vor einem großen Trümmerhaufen mit der Überschrift „Aus der Traum“ wieder, der das Ende des römischen Reiches symbolisiert. Auffällig ist hier die Raumgestaltung. Während die vorherigen Räume durch rote Farbakzente und freundliches Licht das prunkvolle Leben und die florierende Wirtschaftslage unterstreichen, drücken im letzten Raum dunkles Licht und blaue Wände die düstere Thematik aus.
Getrennt werden die Bereiche öffentlichen und privaten Lebens durch einen halbrunden Raum, der eine 240°-Filmanimation präsentiert. Wer schon die Vorberichte der Ausstellung gelesen hat, dem wird die Ankündigung des „Naexus Virtual Space Scope“ nicht entgangen sein. Und wer von Technik keine Ahnung hat und sich seitdem fragt, was denn an einer animierten Präsentation im Museum so spannend sein soll, der sollte sich einfach selbst überzeugen! Durch den 240°-Winkel, der den menschlichen Blickwinkel übersteigt, und die zweifache Krümmung der halbrunden Leinwand, findet sich der Besucher inmitten einer 9-minütigen Vorführung wieder, welche die wichtigsten Aspekte der Ausstellung aufgreift und insbesondere die Stadtentwicklung eindrucksvoll visualisiert. Dieser Raum stellt mit Sicherheit ein weiteres Highlights des Projektes dar. Entwickelt wurde er unter der Leitung von Prof. Dr. Claus Dießenbacher von der Hochschule Anhalt für Angewandte Wissenschaften.
Die Kinderausstellung
Begleitend zur Ausstellung im Landesmuseum ist auch eine Kinderausstellung mit dem Titel „Römische Baustelle! Eine Stadt entsteht“ konzipiert worden; diese findet in den Viehmarktthermen in Kooperation mit mobile spielaktion e. V. statt. Verschiedene Stationen laden die Kinder zum Mitmachen ein. So können sie beispielsweise alte Werkzeuge zuordnen, antike Graffiti an die Wände kritzeln, eine Stadt planen oder antike Ziegeldächer und Wasserleitungen bauen. Manche Aktionen, wie der Bau eines Rundbogens, können nur in Teamarbeit gemeistert werden. Dank der Umgebung können einige Stationen direkt vor dem historischen Original ausgestellt werden, wie die Nachstellung eines Hypokaustum (Fußbodenheizung). Bei der Realisierung wurde besonders auf kindgerechte Materialien geachtet. Außerdem sind jederzeit zwei Betreuer als Ansprechpartner und Helfer vor Ort. Auf diese Weise wird Kindern das spielerische Lernen und Verstehen von Geschichte ermöglicht.
Fazit: Die einleitenden Texttafeln im ersten Raum erklären knapp das Thema der Ausstellung. Die Unterteilung der verschiedenen Bereiche bietet nicht nur räumliche, sondern auch gedankliche Strukturierung für den Besucher. Durch Licht- und Farbwahl sind die Räume angenehm gestaltet. Die Informationstafeln sind nicht mit Informationen überladen, sondern geben das Wichtigste wieder. Zudem sind die einzelnen Räume nicht spärlich ausgestattet, jedoch auch nicht zugestellt und die Exponate sorgfältig ausgewählt. Somit wurde hier eine Gratwanderung bewältigt, die wohl von allen Verantwortlichen einer Museumsausstellung begangen werden muss: Sowohl dem interessierten Laien als auch dem Fachkundigen eine interessante Schau zu präsentieren! Eine Ausstellung, die sowohl aufgrund ihrer Ausstellungsstücke als auch durch gelungene Inszenierung überzeugt!
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