Von Niklas Stilz
Seit dem 19. März ist Jens Kiefer offiziell Cheftrainer und sportlicher Leiter bei Eintracht Trier. Die Bilanz des neuen Übungsleiters ist durchwachsen, im Pokal steht der SVE zwar standesgemäß im Endspiel, in der Regionalliga aber kam das Team auch unter Kiefer noch nicht richtig ins Rollen. 5vier.de hat sich mit dem Saarländer und frisch gebackenen Fußball-Lehrer getroffen und mit ihm über seine ersten Eindrücke, seine Erwartungen und Ziele gesprochen.
5vier: Hallo Herr Kiefer, Sie sind jetzt seit ziemlich genau sechs Wochen im Amt. Wie würde ein erstes Fazit ihrerseits ausfallen? Haben sich ihre Erwartungen an die neue Aufgabe erfüllt?
Kiefer: Grundsätzlich ist erstmal alles positiv, was so rundherum um den Verein existiert. Die Trainingsbedingungen sind hervorragend, das Umfeld ebenfalls sehr angenehm. Auch die Mannschaft hat tolle Qualitäten, die Einstellung der Spieler ist vorbildlich und sie haben eine gute Trainingsmentalität. Allerdings muss ich zugeben, dass ich es mir leichter vorgestellt hatte, dem Team meine Philosophie zu vermitteln, vielleicht überfordere ich die Spieler da auch gelegentlich ein bisschen. Ich habe insbesondere im taktischen Bereich eine gänzlich andere Idee von Fußball als mein Vorgänger, was auch völlig normal ist, weshalb es aber vielleicht noch nicht so rund läuft. Insgesamt überwiegt dennoch klar das Positive, einzig die nur neun Punkte aus den sieben Spielen in der Regionalliga ärgern mich.
5vier: Sie haben die durchwachsene Punkteausbeute angesprochen: Hatten Sie sich diesbezüglich mehr erwartet?
Kiefer: Ja, das muss ich schon klar so sagen! Vier oder fünf Zähler mehr wären schon drin gewesen. Es weiß zwar jeder, dass der Kader in der Breite nicht so stark besetzt ist und wir Schlüsselspieler deshalb auch nur schwer ersetzen können, eine Ausrede soll und darf das aber nicht sein. Gegen Ulm und Baunatal sind wir beispielsweise an unserer katastrophalen Chancenauswertung gescheitert.
5vier: Wenn Sie nach sechs Wochen einen kleinen Vergleich wagen sollten: Wo liegen die Unterschiede zwischen Eintracht Trier und Ihren bisherigen Stationen Homburg und Elversberg?
Kiefer: Das ist natürlich schwer zu vergleichen, in Homburg haben wir ja damals noch in der Oberliga gespielt und sind erst in die Regionalliga aufgestiegen. Da herrschen hier natürlich viel professionellere Bedingungen. Elversberg hingegen ist aus meiner Sicht schon einen Schritt weiter als wir, hat diesen Schritt aber auch erst im letzten Jahr gemacht. Als ich dort anfing waren die Bedingungen ähnlich wie hier. Ein gravierender Unterschied ist sicherlich die finanzielle Situation, da stehen in Elversberg durch den Hauptsponsor deutlich mehr Mittel zur Verfügung. Dafür sind hier die äußeren Verhältnisse, wie eben die angesprochenen Trainingsbedingungen, besser als dort.
5vier: In der Liga läuft es für das Team nach wie vor nicht wirklich gut. Schon zum Start in das Jahr 2014 lief es unter Ihrem Vorgänger Roland Seitz nicht rund, auch jetzt holt die Mannschaft noch nicht konstant die Punkte. Wie verkraften die Spieler den Einbruch, nach dem sie in der Hinrunde noch ganz oben mitspielen konnten? Woran machen Sie den Leistungsabfall fest?
Kiefer: In der Hinrunde gab es kaum Verletzungen, es haben vorwiegend die selben 13, 14 Spieler gespielt. Das Team hat sich dann auch in einen Lauf gespielt und aus einer guten und kompakten Defensive heraus die Gegner attackiert. Nach dem Winter mussten sowohl mein Vorgänger, als auch ich jetzt, immer wieder einzelne Spieler ersetzen. Da fiel mal hier einer aus, mal dort. Trotzdem muss ich ganz klar sagen: Die eben erwähnten vier bis fünf Punkte mehr wären trotzdem drin gewesen.
5vier: Woran kann man die angesprochenen Punktverluste denn festmachen? Hinterfragen Sie auch Ihre eigenen taktischen Maßnahmen?
Kiefer: Ja selbstverständlich. Ursprünglich haben wir oft versucht den Ball auf dem Boden zu halten und Fußball zu spielen – gegen Mainz habe ich das System dann aber etwas mehr an die Mannschaft angepasst. Wir haben dann mehr über lange Bälle agiert, was ja letztlich auch zum Erfolg geführt hat. Diese Art des Fußballs passt zwar aktuell besser zu Mannschaft, dass man damit aber auf Dauer erfolgreich sein kann, bezweifle ich allerdings.
5vier: Das ist also nicht das, was man in Zukunft von Ihrer Mannschaft erwarten darf?
Kiefer: Das kommt ganz auf die Mannschaft an, die ich in der kommenden Saison zur Verfügung habe. Ich bin niemand, der einem Team seine Philosophie aufzwingt, das dafür nicht gemacht ist. Die aktuelle Mannschaft ist beispielsweise sehr stark in der Arbeit gegen den Ball, was man dann in der Partie gegen Mainz II auch gesehen hat. Das 4-1-4-1 hat dort gut funktioniert. Im Umkehrschluss bedeutet das aber nicht, dass wir in Zukunft immer so spielen werden.
5vier: Sie haben es eben selbst angesprochen: Das Team hat einen großen Einsatzwillen, schon ihr Vorgänger hatte angekündigt viel auf die charakterliche Eignung der Spieler achten zu wollen. Die Mannschaft wirkt jedenfalls sehr homogen und gut zusammengestellt. Wie sehen Sie das?
Kiefer: Das ist sicherlich richtig, die Spieler sind charakterlich einwandfrei. Manchmal würde ich mir allerdings wünschen, dass wir noch ein, oder zwei Spieler dabei hätten, die in den entscheidenden Situation ihre Mitspieler noch mehr pushen und den Laden zusammenhalten. Spieler, die in prekären Situationen einen kühlen Kopf bewahren, an denen sich die Mannschaft nochmal aufrichten kann. Aber die gibt es nicht wie Sand am Meer.
5vier: Heißt das, dass Sie schon konkrete Namen im Kopf haben?
Kiefer: Man hat immer schon konkrete Namen im Kopf! Ob wir diese Spieler dann aber auch bekommen, kann man jetzt noch nicht sagen.
5vier: Ab wann bekommen die Fans denn eine „echte“ Kiefer-Mannschaft zu sehen? Nach der Vorbereitung?
Kiefer: Ich habe dieses Team hier vor sechs Wochen übernommen, seitdem ist das meine Mannschaft. Da möchte ich mich auch nicht aus der Verantwortung stehlen. Natürlich würden in einem Team, das von mir zusammengestellt ist, ein paar andere Schwerpunkte gesetzt. Trotzdem ist das jetzt schon meine Mannschaft.
5vier: Derzeit stehen mit Dingels, Buchner und Anton nur drei Spieler unter Vertrag. Wie geht es mit den anderen Akteuren weiter?
Kiefer: Wir werden zeitnah mit unseren Spielern sprechen und hoffen, dass bald einige von ihnen neue Verträge unterzeichnen. Gleichzeitig haben wir auch derzeit schon regelmäßig Testspieler zu Gast. In der dritten Liga endet die Saison in zwei, in der Regionalliga in vier Wochen, da werden wahnsinnig viele Spieler auf den Markt kommen. Da wir auch dann noch reagieren wollen, dürfen wir jetzt noch nicht alle Kaderplätze vergeben.
5vier: Haben sie da auch die zur kommenden Saison aufgelösten U23-Teams aus Frankfurt und Leverkusen im Blick?
Kiefer: Klar gibt es auch dort für uns interessante Spieler. Die Frage, die sich stellt, ist allerdings, ob diese Jungs dann nicht auch für einen Drittligisten in Frage kommen. Deshalb müssen wir schauen, ob, und wenn ja, wen wir überhaupt bekommen können. Jeder Spieler hofft natürlich irgendwie noch in der dritten Liga unterzukommen, dementsprechend spekulieren sie zum Teil auch relativ lang.
5vier: Gibt es auch Akteure bei der Eintracht mit denen Sie gerne verlängern würden, die sich aber aktuell noch anderweitig umsehen?
Kiefer: Klar spekulieren auch unsere Spieler, das ist aber absolut legitim. Wir schauen uns um – die Spieler tun das auch. Es ist derzeit aber noch nicht klar, wie genau unser finanzieller Rahmen aussehen wird. Deshalb ist es schwierig genaue Prognosen über eine mögliche Vertragsverlängerung, oder Verpflichtung, einzelner Spieler abzugeben.
5vier: Drückt die Ungewissheit auch auf die Stimmung im Team?
Kiefer: Natürlich machen sich die Spieler Gedanken. Die Atmosphäre bei uns im Team ist aber trotzdem gut, wer im Fußball arbeiten will, muss mit der Ungewissheit leben können. Das geht mir als Trainer ja nicht anders.
5vier: Die Regionalliga wird in der nächsten Saison ausgesprochen attraktiv. Mit Saarbrücken kommt ein spannendes Team runter, auch Elversberg könnte noch absteigen. Währenddessen möchte der FC Homburg wohl erneut mit finanzstarker Unterstützung oben angreifen. Welche Ziele haben Sie für die neue Saison? Hat der Vorstand bei Ihrer Verpflichtung irgendwelche Vorgaben gemacht?
Kiefer: Nein, der Vorstand war diesbezüglich sehr zurückhaltend. Und das bin ich auch. Solange ich nicht weiß, was für eine Mannschaft ich in der kommenden Saison zur Verfügung habe, klopfe ich hier auch keine großen Sprüche. Mein persönliches Ziel ist es, schnell wieder eine Klasse höher zu spielen – aber eben nur, wenn das auch realistisch ist. Erstmal geht es darum ein konkurrenzfähiges Team auf die Beine zu stellen. Ich freue mich auf eine Liga, in der richtig Feuer drin sein wird, in der auch viele Zuschauer kommen und richtig Stimmung machen.
5vier: In Elversberg ist ja inzwischen ihr Vorgänger Roland Seitz der Cheftrainer. Wünschen Sie dem Team eher den Klassenerhalt in der dritten Liga, oder wünschen Sie sich das direkte Duell?
Kiefer (schmunzelt): Ich wünsche dem Verein und auch Roland Seitz schon den Klassenerhalt. Damit hätten wir dann in der neuen Saison auch einen Konkurrenten weniger.
5vier: Wie stehen Sie zu der aktuellen Diskussion um die U23-Teams? Die DFL hat ja kürzlich die Pflicht aufgehoben, als Verein der ersten und zweiten Bundesliga eine u23 Mannschaft stellen zu müssen.
Kiefer: Ich halte die Abschaffung der Pflicht für absolut sinnvoll. Gleichzeitig bin ich grundsätzlich kein Gegner der U23-Teams, die in ihren Vereinen einen wichtigen Beitrag zur Nachwuchsförderung darstellen können. Was mich viel mehr ärgert, ist beispielsweise dieser merkwürdige Relegationsmodus in den Regionalligen. Ein Meister sollte immer direkt aufsteigen.
5vier: Die zweite Mannschaft des SC Freiburg hat bereits angekündigt, auf einen möglichen Aufstieg in die Drittklassigkeit verzichten zu wollen. Was passiert denn, wenn auch Kaiserslautern II und Mainz II plötzlich alle Ambitionen abmelden?
Kiefer (lacht): Na dann steigen wir natürlich auf! Nein, Spaß beiseite. Ich gehe fest davon aus, dass diese beiden Teams den Aufstieg anpeilen und antreten würden. Deshalb beschäftigen wir uns mit einem solchen Szenario gar nicht.
5vier: Abschließend noch eine Frage: Wie sieht der Fahrplan für die kommenden Wochen und Monate aus? Auch für Sie persönlich?
Kiefer: Es wird jetzt viele Gespräche geben mit unseren Spielern, externen Akteuren und Beratern. Gleichzeitig läuft der Trainingsbetrieb natürlich normal weiter, wo auch immer wieder Testspieler dabei sein werden. Ich habe zwar auch einige Spieler im Kopf, die ich auch ohne Probetraining sofort verpflichten würde, aber wir wollen ja auch nichts und niemanden verpassen. Sportlich peilen wir natürlich noch den Pokalsieg an, danach geht es in den Urlaub. Die Spieler brauchen die Zeit zur Regeneration. Und auch wenn ich vermutlich viel arbeiten werde – ein bisschen Urlaub gönne ich mir auch.
5vier: Vielen Dank für das Interview!
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