Von Florian Schlecht (Text) und Anna Lena Grasmück (Fotos)
Sie sind die Stehaufmännchen der Regionalliga: Beim 3:2-Sieg im Spitzenspiel bei Hoffenheim II drehte Eintracht Trier erneut einen Rückstand. Das Team ist seit der September-Krise erstaunlich gereift. Ein Indiz dafür: Der Mannschaftrat bat den Vorstand gar um eine rechtzeitige Anreise in den Kraichgau.
Jubelbilder aus Hoffenheim haben sich bei Rudi Thömmes tief in das Gedächtnis eingeprägt. Am 11. Mai 2002 gelang dem Charakterkopf aus der Region in dem 3200-Einwohner-Dorf mit Eintracht Trier der Aufstieg in die 2. Bundesliga. Was folgte, war eine wilde Fete mit Platzsturm, Umarmungen und Tränen. Über zehn Jahre später stand der einstige Pokalheld von der Mosel als Co-Trainer wieder an der Stätte seines größten Erfolges. Und obwohl die Feier eine ganze Nummer kleiner ausfiel, stand ihm ein Lächeln über das ganze Gesicht geschrieben. Der 3:2-Sieg im Regionalliga-Spiel bei Tabellenführer 1899 Hoffenheim II, eine Aufholjagd nach zwei Rückständen und das Wissen um eine gereifte Mannschaft – auch Thömmes fand genügend Gründe, um stolz zu sein, als um 15.47 Uhr im Dietmar-Hopp-Stadion abgepfiffen wurde.
„Das ist eine schöne Rückkehr. Respekt an die Jungs, die Charakter haben“, strahlte er. Was dem 43-Jährigen imponierte, war der Wille der Trierer. Hoffenheim war stark, ungeheuer stark. Technisch gewandt, schnell, athletisch, gewitzt, gallig, ein klarer Aufstiegsanwärter. Auch ohne Talente wie Denis Streker und Vincenzo Grifo, die längst mit dem Bundesliga-Kader auf weite Reisen gehen. „Wenn die komplett sind, sind sie richtig gut“, runzelte Trainer Roland Seitz anerkennend die Stirn. Dennoch fuhr die Eintracht die fette Beute ein. „Wir haben hier zwei Rückschläge wettgemacht, eine riesige Laufbereitschaft an den Tag gelegt“, freute sich Thömmes über einen letztlich nicht unverdienten Erfolg.
Mannschaftsrat bat den Vorstand um frühere Anreise
Die 90 Minuten in Hoffenheim waren ein erneutes Zeichen dafür, wie stark diese Truppe aus Trier miteinander verwachsen ist. Kochten nach der 0:1-Heimpleite gegen den SV Elversberg im September noch die Emotionen hoch, fuhren die Moselstädter seitdem 16 von möglichen 18 Punkten ein. Dafür gibt es viele Gründe. Die Systemumstellung auf eine Taktik mit zwei defensiven Mittelfeldspielern, bei der auch Trainer Seitz einen entscheidenden Hebel umlegte. Führungsspieler, die im richtigen Moment das gesamte Team zu einer Sitzung versammelten, Klartext sprachen und offenbar eindringliche Worte fanden.
Dazu ein wachsender Hunger auf Erfolg. Dies drückt sich darin aus, dass der Mannschaftsrat sich vor der Fahrt nach Hoffenheim mit der Bitte an den Vorstand wandte, bereits einen Tag früher anzureisen. Ursprünglich sollte die Anreise am Spieltag erfolgen. So wurden kurzfristig noch Sponsorengelder gewonnen, die den Wunsch erfüllten. „Es ist für die Vorbereitung besser gewesen, dass wir am Abend vor dem Spiel gemütlich im Hotel sitzen konnten und nicht am Sonntag lange im Bus gesessen haben“, meinte Fouad Brighache. „Wir sind sehr glücklich darüber, dass uns das ermöglicht wurde.“ Der Kapitän und seine Mitspieler zahlten den Vertrauensvorschuss zurück.
„Eschborn wird das schwerere Spiel“
„Wir haben einfach die Kraft, immer noch was draufzulegen und unsere Konter bis zum Ende auszuspielen“, lobte Brighache die Fitness. Und das Herz. „Es spricht für die Moral, dass wir immer wieder zurückkommen. Hoffenheim hat sich zu sicher gefühlt.“ Trier gelang es bereits zum fünften Mal in dieser Saison, nach einem Rückstand nicht zu verlieren. Nun die Wende von Hoffenheim.
„Wir mussten uns entscheiden, ob wir uns abschlachten lassen wollen oder nicht“, so Brighache. „Wir sind hungrig.“ Das bestätigte auch Maximilian Watzka, der nach drei Aluminium-Treffern endlich sein erstes Saisontor feierte. „Wir lassen nicht die Köpfe hängen, sondern glauben an uns“, sagte der Mittelfeldspieler. „Das ist eine wichtige Eigenschaft. Du kannst taktisch gut sein, kämpferisch gut sein, aber die Mentalität ist es, die uns weit nach vorne bringen kann.“
Wie weit, das wollte Watzka nicht ausführen. „Wir haben jetzt bis zum Winter noch vier Spiele, danach können wir über Ziele sprechen.“ Zumal Brighache schon wenige Minuten nach dem Adrenalinschub in Hoffenheim warnend den Zeigefinger hob. „Eschborn“, das nun auf Trier warte, sei ein viel schwereres Kaliber als der Tabellenführer, „weil die viel kompakter stehen und uns das Spiel überlassen werden“. Er klopfte die dreckigen Turnschuhe nach dem Auslaufen aus und ging in die Kabine. Selbstzufriedenheit, das zeigte er deutlich, will der Kapitän nicht aufkommen lassen.
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+++Eintracht in Kürze+++
Wiedersehen mit „Dreschi“ – Am Samstag tritt Eintracht Trier beim 1. FC Eschborn an (14 Uhr). Die Hessen sind nach zwei Niederlagen in Folge gegen Idar-Oberstein (0:1) und in Hoffenheim (1:4) auf den 16. Platz gefallen. Ein Wiedersehen gibt es mit Linksverteidiger Thomas Drescher, der seit dem Sommer für den Aufsteiger spielt.
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