von Stephen Weber
Eintracht Trier in der Elefantenrunde. Anlässlich des Rückrundenstarts fand am Donnerstagmittag ein Treffen zwischen den Verantwortlichen des Vereins mit Medienvertretern statt, um über Projekte und Ziele für die Rückrunde 2013 zu sprechen. Dabei ging es unter anderem über die Bewertung der aktuellen sportlichen Lage – und um ein neues Konzept, das den Verein für potentielle Neu-Mitglieder attraktiver gestalten soll.
Es war ein beachtlicher Endspurt, den Eintracht Trier im vergangenen Kalenderjahr in der Regionalliga-Südwest geboten hat. Nun äußerten sich die Obersten des Vereins nach überstandenem Neujahrsrutsch und Trainingsauftakt erstmals zur Perspektive für die anstehenden 17 Herausforderungen, die in der Rückrunde noch auf das Team warten. Die Zielsetzung hierbei ist klar: „Wir stehen auf dem vierten Platz und haben nur drei Zähler Abstand auf einen Relegationsrang. Natürlich wollen wir nun versuchen, so lange wie oben mitzuspielen. Es fühlt sich geil an, da oben zu stehen und in den oberen Regionen sich zu bewegen“, konstruierte Vorstandsmitglied Ernst Wilhelmi den Erwartungshorizont für das neue Jahr.
(Noch) kein Neuzugang absehbar
Der Aufstieg hingegen sei keine zwingende Angelegenheit, ganz im Gegensatz zum Gewinn des Rheinlandpokals: „Der Pokal ist aus finanzieller Sicht ein absolutes Muss, da gibt es nichts dran zu rütteln. Wir sehen immer wieder, wie sich kleine Vereine bis in die zweite Runde und weiter kämpfen. Da wollen wir auch wieder hin“, ließ Wilhelmi weiter vernehmen. Denn es sind eben diese fehlenden finanziellen Mittel, die zurzeit laut dem Vorstandsvorsitzenden das Handeln der Verantwortlichen einschränken: „Ein Trainingslager wird es in der dieser Winterpause nicht mehr geben. Ebenso ist eine Neuverpflichtung vom Verein derzeit nicht zu stemmen.“ Umso gelegener kommt deshalb für den Klub die gegenwärtig laufende Fan-Aktion, die unabhängig von der Vereinsführung versucht, Spenden für einen Neuzugang zu mobilisieren (5vier.de berichtete). Über 7500 Euro sind schon zusammen gekommen. Zum Testspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern soll das Konto weiter aufgestockt werden. „Das ist wirklich sensationell, was hier passiert. Wir freuen uns über jeden Euro und sind wirklich beeindruckt, was die Fans hier auf die Beine gestellt haben.“
Ob jedoch der Einsatz der Anhänger Früchte tragen wird, ist ungewiss. Denn auch, falls der in die Rheinlandliga-Mannschaft versetzte Narciso Lubasa den Verein noch vor Schließung des Transferfensters verlassen sollte (5vier.de berichtete), könne man noch nicht prognostizieren, ob ein adäquater Spieler zu finanzieren sei. Dringlich wäre es allerdings. Ersatzstürmer Markus Fuchs (Muskelabriss in den Adduktoren) wird um eine Operation nicht herumkommen, nachdem er beim Auftakttraining einen Rückschlag erlitten hatte und seine lockeren Laufversuche abbrechen musste. Da auch Burak Sözen aufgrund einer Sprunggelenksverletzung derzeit nicht am Trainingsbetrieb teilnehmen kann, hat der SVE momentan nur eine echte Sturmspitze im Aufgebot – Chhunly Pagenburg.
Doch trotz der personellen Knappheit blickte auch Trainer Roland Seitz durchaus optimistisch in die Glaskugel: „Die Jungs haben über die Pause gut gearbeitet und wir haben nun mit dem richtigen Training begonnen. Das heißt zunächst mal viel Laufarbeit und Spielformen.“ Selbstredend möchte der Coach das neue Jahr beginnen, wie das Alte endete. Der Oberpfälzer hat sich dafür neue Vorsätze gefasst. „In den vergangenen zwei Jahren waren wir auswärts eine Macht. Nun soll es auch daheim konstant positiv laufen, damit die Fans gerne ins Stadion kommen und wieder zufrieden nach Hause gehen.“
Neue Mitgliederkampagne soll für Schwung sorgen
Dafür kann auch eine Kampagne sorgen, mit der die Identifikation mit der Eintracht gestärkt werden soll. Geschäftsführer Dirk Jacobs stellte das Konzept vor, nach dem neue Mitglieder ein umfangreiches Gutscheinpaket mit Vergünstigungen bei Sponsoren und eine Freikarte zu einem Regionalliga-Spiel von Eintracht Trier erhalten. So wurden Paten wie der Musiker Helmut Leyendecker gewonnen, die auf Plakaten für die Aktion „Meine Heimat. Mein Verein“ werben. Über soziale Netzwerke sollen Fans zukünftig noch intensiver über die Abläufe rund um den Klub informiert werden. „Da waren wir vielleicht bislang zu konservativ aufgestellt“, meinte Vorstandsmitglied Harry Thiele. Dazu wurde die Möglichkeit angesprochen, sich als Mitglied mit einer eigenen Stimme einbringen zu können.
In Spitzenzeiten in der 2. Bundesliga, so Jacobs, habe der Traditionsverein von der Mosel „über 1.000 Mitglieder gehabt“. Nach dem Abstieg in die Viertklassigkeit schrumpfte sie auf derzeit rund 870. „Die alte Marke irgendwann wieder zu erreichen, ist natürlich ein Ansporn. Aber wir werden uns auf keine Zahl X festlegen. Jedes Mitglied zählt.“ Die Aktion ist zunächst bis Ende Februar befristet.
+++Eintracht in Kürze+++
Fan-Aktion im Kicker: Nachdem bereits ein Interview mit dem 11Freunde-Magazin bezüglich der Spenden-Aktion des Trierer Supporter-Clubs erschienen ist (5vier.de berichtete), griff nun auch das Fachmagazin „kicker“ das Projekt auf und veröffentlichte in der aktuellen Ausgabe einen Bericht über die Initiative in Trier.
Paul Gascoigne meint
Es ist zu kurz gesprungen, sich auf die Jagd neuer Mitglieder zu begeben, wenn die alten 870 nicht wissen, was ihnen die Mitgliedschaft bringt. In Zeiten sportlicher und finanzieller Turbulenzen sinkt die Bereitschaft, nur für das gute Gefühl Eintrachtmitglied zu sein, Geld bezahlen zu wollen. Mit Familienbeiträgen wurde der finanzielle Beitrag verträglicher gestaltet, der Infoservice via E-Mail ist ein weiterer Schritt. Wie wäre es mit einer Weihnachtskarte und einem Dankesbrief zum Jahresende für die treuen Mitglieder? Auch den Discount in Burger King-Filialen habe ich einst als nette Geste empfunden. Es gibt viele, kostenneutrale Gesten der Wertschätzung. Bei der Eintracht merkt man davon fast nichts. Wenn es dem Marketingspezialisten schon an Einfällen fehlt, hilft der Dialog mit den Anhänger sicher weiter. Das SVE-Vereinsmitglied darf bei der Eintracht aber nur eines: Schnee schippen, sich anderweitig ehrenamtlich engagieren oder finanzielles Engagement zeigen. Allein es fehlt die Wertschätzung. Bin ich Eintrachtmitglied? Die ganze Familie ist es, und wir werden es bleiben. Weil wir ein Ehrgefühl mit der alten Dame verbinden, an das sich manch Verantwortlicher, der beim SVE sein Geld verdient und sich Mitgliederaktionen ausdenkt, erinnern sollte.