Aus Trier berichten Florian Schlecht (Text) und Anna Lena Grasmück (Fotos)
Was für ein Debakel: Ohne Kampf, Leidenschaft und Konzept ging Eintracht Trier gegen Borussia Dortmund II hoffnungslos unter. Von der Mannschaft, die im Januar noch Titelhoffnungen hatte, war nichts mehr übrig.
Es ist erst zwei Monate her, als die Fußballwelt von Eintracht Trier noch in Ordnung war. Der Fußball-Regionalligist startete nach einer gelungenen Hinrunde und einem 3:2-Sieg bei den Sportfreunden Lotte mit Rückenwind in das neue Jahr, war ambitioniert, am Ende der Saison den Aufstieg feiern zu können. Trainer Roland Seitz verlängerte seinen Vertrag bis zum 30. Juni 2014, das Zeichen für eine Aufholjagd war gesetzt, die Euphorie im Umfeld groß.
Bilder und Momente, die derzeit wie eine Ewigkeit erscheinen. Ohne Gnade leuchtete die 2:4-Heimpleite gegen Borussia Dortmund II am Mittwoch grell und bunt von der Anzeigetafel, wortlos schlichen viele Spieler vom Platz, Kapitän Torge Hollmann schnaufte erst einmal fünf Minuten am Mittelkreis durch, um die richtigen Worte zu finden. Ja, der Zug im Meisterschaftsrennen, war schon weit vor dem Spiel abgefahren. Aber die Vorführung gegen die BVB-Bubis, bei der Trier nur ein hilfloser Spielball der Leidenschaft und Kombinationslust der jungen Dortmunder war, das war ein Stachel, der vor 1.522 Zuschauern erneut ganz tief saß.
Eine Halbzeit lang hieß die Begegnung eigentlich André Poggenborg gegen Borussia Dortmund II – nicht Eintracht Trier gegen Borussia Dortmund II. Rico Benatelli tauchte früh vor dem Torhüter der Trierer auf, weil Denny Herzig einen Ball unterschätzte – gehalten (2.). Dann war Poggenborg ohne Abwehrchance, weil die gesamte Mannschaft bei einem Eckball nicht wach war, Mario Vrancic spielte das Leder ungestört durch den Strafraum, wo Ivan Paurevic ohne Gegenspieler zum 0:1 einschob (10.). Dann ging das Privatduell von Poggenborg, der letzte Fels in der Brandung, mit den hungrigen Dortmundern weiter. Marvin Ducksch wurde vor dem Keeper freigespielt, der wehrte ab (12.), ähnlich wie Freistöße von Jonas Hofmann (22.) und Vrancic (45.). Ausgerechnet der Schlussmann war dann zu zögerlich nach der folgenden Ecke, bei der Marcel Halstenberg eine Etage höher sprang und zum 0:2 traf. Der Rückstand zur Pause war „schmeichelhaft“, wie Hollmann gestand.
Während die Eintracht sich weit mit allen Spielern um den eigenen Strafraum herum verbarrikadierte und zu unentschlossen in die Zweikämpfe ging, schnürte Dortmund die Platzherren ein, kombinierte, spielte, zauberte, erarbeitete sich Chancen am Fließband. Im Stile eines DFB-Pokalspiels liefen die ersten 45 Minuten ab. Es war ein katastrophaler Auftritt der Platzherren, die mit Pfiffen in die Kabine begleitet wurden. „Das war eine brutale Halbzeit“, bekannte Hollmann. „Wir sind nur dem Ball hinterher gerannt, haben keine Ordnung reinbekommen“, haderte Denny Herzig. „Wir haben gegen einen Gegner verloren, der besser war“, meinte Roland Seitz.
„Den Klotz müssen wir erst verdauen“
Das Aufflackern der eigenen Talente im zweiten Durchgang – es kam zu spät. Die Eintracht startete mit Schwung und einem agilen Olivier Mvondo nach seiner Einwechslung aus der Lethargie, kam sogar auf 1:2 heran, als Fabian Zittlau eine Ecke von Fahrudin Kuduzovic einköpfte (49.). Ahmet Kulabas, nach einer Lebensmittelvergiftung wieder in der Startelf, verpasste gar den Ausgleich (55.). Die Hoffnungen auf eine Wende waren aber kurz danach hinfällig, als Jonas Hoffmann zum 1:3 traf (60.) und Marvin Ducksch beim 1:4 mit einem traumhaften Lupfer aus 20 Metern André Poggenborg düpierte (74.). Der Anschlusstreffer von Kuduzovic durch einen Elfmeter war nur Ergebniskosmetik (82.).
„Wer sich so präsentiert wie wir im ersten Durchgang, braucht sich nicht wundern, wenn man dann in der zweiten Hälfte nicht mehr belohnt wird“, meinte Hollmann. „Den Klotz“, bekannte der Kapitän, „müssen wir erst einmal verdauen.“ Aber Fragen werden sich stellen nach diesem Auftritt, der an die Serie der sieglosen Heimspiele 2012 nahtlos anschloss. Warum fehlte es der Eintracht an Aggressivität, um die Spielfreude von Dortmund zu unterbinden? Warum gab es keine Spielideen, sondern nur viele hektische, lange Bälle in die Spitze? Und warum blitzt, bei allen Personalproblemen, das Potenzial der Mannschaft nur noch in Ansätzen und nicht über 90 Minuten auf? Hollmann wollte sich auf Debatten nicht einlassen, zu früh war ihm die Aufarbeitung der Situation nach dem Schock. Dem Kapitän fehlte schlicht und einfach das A und O, um Spiele zu gewinnen, Zweikämpfe, Laufarbeit, Intensität. „Jeder Einzelne, ich eingeschlossen, muss sich fragen, in welche Richtung es nun gehen soll.“
So strahlten an dem Abend nur die Dortmunder. Die Analyse von BVB-Trainer David Wagner, sie war schmerzhaft für die Spieler von Eintracht Trier, traf aber den Nagel auf den Kopf. „Der Sieg war hochverdient. Wir haben die uns gebotenen Räume genutzt. Trier hat nicht attackiert. Wir hätten zur Halbzeit höher als 0:2 führen können. Ein fünftes, sechstes Tor wäre möglich gewesen, aber ich will nicht das Haar in der Suppe suchen. Der Quark vom Angstgegner dürfte sich erledigt haben.“ Jeder Satz war wie ein kleiner Donnerhall. Widersprechen wollte dem Dortmunder Coach aber an diesem Abend niemand.
Statistik
Eintracht Trier – Borussia Dortmund II 2:4 (0:2)
Trier: Poggenborg – Cozza, Hollmann, Herzig, Drescher (46. Mvondo) – Knartz (84. Spang), Karikari, Kuduzovic, Zittlau – Anton, Kulabas.
Dortmund: Focher – Fring (86. Schnier), Paurevic, Terzic, Halstenberg – Bakalorz, Vrancic – Hofmann, Benatelli, Baykan – Ducksch (90. Silaj).
Schiedsrichter: Timo Ide (Frielendorf).
Tore: 0:1 Paurevic (10.), 0:2 Halstenberg (45.), 1:2 Zittlau (49.), 1:3 Hofmann (60.), 1:4 Ducksch (73.), 2:4 Kuduzovic (84., Foulelfmeter).
Zuschauer: 1522.
Gelbe Karten: Herzig, Karikari, Anton, Zittlau – Baykan, Focher.
Das Video zum Spiel mit Stimmen:
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Die Bilder zum Spiel
Sievo meint
Es mag mir zwar nicht zustehen, ein Urteil über den Trainer zu fällen. Ich nehme es mir aber als Fan unserer Eintracht über nun mehr als 30 Jahre heraus, zwei Dinge anszusprechen, die mir auf den Magen schlagen. Von Beginn seiner Interviews an, erklärt Herr Seitz auf die Frage nach den Gründen für schlechte Spiele, dass man das so kurz nach dem Spiel nur schwer beurteilen kann. Ich bin der Meinung, dass ein Trainer die Gründe für ein schlechtes Spiel schon während des noch laufenden Spiels erkennen muss, um positiv einwirken zu können. Zum anderen haute mich fast die Antwort auf die Frage, was denn mit Drescher nach seiner Verletzung sei, fast aus den Schuhen, als der Trainer antwortete, dass er nicht wisse, ob sich Drescher momentan im Krankenhaus oder im Stadion befinde. Herr Seitz sollte sich selbst mal hinterfragen, ob er über die fachliche und soziale Kompetenz verfügt, um eine Mannschaft führen zu können.