Von Andreas Maldener
(Text und Fotos)
Der Herbst ist eingekehrt in Trier. Nächtliche Temperaturen um den Gefrierpunkt und trotz der letzten Sonnenstrahlen bringt es das Thermometer auch am Tage nicht auf über 10 Grad Celsius. Es wird so langsam ungemütlich, es beginnt der Teil des Jahres, an dem man sich in den eigenen vier Wänden am wohlsten fühlt. Doch der Berufsalltag der Kicker von Fußball-Regionalligist Eintracht Trier bringt diese Vorzüge nicht mit sich.
Foto: Darf er auch in Bochum erneut von Beginn an ran?`Nico Patschinski im Training, sein Sturmpartner Thomas Kraus scheint einen Stammplatz derzeit sicher zu haben.
Auch heute wieder rief Trainer Roland Seitz nach einem trainingsfreien Wochenende zum Training auf den Nebenplatz des Moselstadions, und seine Spieler folgten dem Ruf. Punkt 15.30 Uhr betraten 16 Akteure, die Mehrzahl den kühlen Temperaturen und dem rauen Wind angepasst mit langen Sporthosen und Pullovern, den vom morgendlichen Tau noch nassen Rasen. Währendessen arbeiten neben dem Grün auf dem Laufpfad des Moselstadions die Stadtwerke, mit einem Radlader wird das in Massen angefallene Laub, dass den Pfad zu verdecken droht, beseitigt.
Zumindest für die Spieler der Eintracht wäre dieser Aufwand nicht von Nöten gewesen, denn das heutige Training brachte eine bisher selten dagewesene Konstellation mit sich. Kein Spieler aus dem Kader von Roland Seitz darf aufgrund etwaiger Verletzungen nur Laufeinheiten schieben, nein, der komplette Kader trainierte. Bis auf die Langzeitverletzten natürlich: Michael Dingels laboriert weiterhin an einem Innenbandteilabriss im Knie, Tim Eckstein zog sich einen Anriss des Hüftbeugers zu und Johannes Kühne plagt sich mit einem Zehenbruch. Diese drei Spieler sind es auch, die Roland Seitz am kommenden Samstag um 14 Uhr definitiv fehlen werden, wenn der Eintracht-Tross sich aufmacht, in der altehrwürdigen Lohrheide im Bochumer Stadtteil Wattenscheid gegen die zweite Garde des Bundesligisten VfL Bochum den nächsten Dreier einzufahren.
Bisher schwebten auch noch einige Fragezeichen um die Person Tolgay Asma. Der kreative Mittelfeldspieler hatte Knieprobleme, fehlte schon beim 1:0-Heimsieg gegen Schalke 04 vor zwei Wochen. Gestern absolvierte Asma eine Laufeinheit, danach ging es für ihn zur Rehabilitation. Auch deswegen äußerte sich Cheftrainer Seitz gestern noch kritisch bezüglich eines Einsatzes von Asma:”Wir müssen sehen, ob es für einen Einsatz reicht, aber es wird eng werden.” Heute beim nachmittäglichen Training sah die Welt aber schon ganz anders, nämlich deutlich positiver aus als tags zuvor. Tolgay Asma musste nicht nur laufen, der Türke trainierte hingegen über die volle Zeit hinweg ohne Anzeichen einer anhaltenden Verletzung mit. Asma zeigte sogar so viel Einsatz, dass Seitz dessen Ausfall beinahe zu vergessen schien. “Der spielt ja heute als wäre er nie weg gewesen”, ruft Seitz seinem Schützling zu, als der beim Torschusstraining einen Treffer nach dem anderen landet. Es könnte also doch noch klappen mit einem Einsatz von Asma am Samstag in Bochum. Spätestens die morgige Trainingseinheit sollte endgültige Klarheit bringen, denn schon am frühen Freitagvormittag macht sich das Team auf die lange Reise ins Ruhrgebiet.
Bis dahin darf aber durchaus noch geschwitzt werden, auch heute ließ Seitz seine Mannen zusammen mit Co-Trainer und Eintracht-Legende Rudi Thömmes fast zwei Stunden lang trainieren. Heute standen weniger taktische Übungen im Vordergrund als vielmehr das Einüben von Spielzügen, die Feinabstimmung muss gefunden werden. Wie immer war auch der Chef selbst mit Herz und Seele dabei. Mit Herz und Seele Trainer zu sein, das bedeutet für Seitz aber auch, nicht nur Anweisungen über den Platz zu brüllen, sondern für die Stimmung im Team zu arbeiten. Wie schon häufig beobachtet war Seitz auch heute wieder gut gelaunt und ließ das seine Spieler schnell wissen. “Kohler und Mvondo, die beiden machen heut definitiv keins”, ruft Seitz Stefan Kohler und Olivier Mvondo zu, als diese beim Flankentraining das Tor einfach nicht treffen wollen. Doch der Chef will nicht nur spaßig sein, er weiß genau, dass diese Anmerkungen Ansporn genug sind für seine Jungs, “Zuckerbrot und Peitsche“ scheint Seitz Devise zu sein. “So locker ist er dann aber doch wieder nicht, da ist schon Zug dahinter”, sagt Torge Hollmann mit einem Lächeln. Der Innenverteidiger spricht eine Seite seines Trainers an, die neben seiner Lockerheit ebenfalls bekannt ist. Seitz zögert nicht, disziplinarische Maßnahmen auszusprechen, wie zum Beispiel gegen Thomas Riedl, wenn ihm etwas nicht passt. Das meint auch Hollmann, wenn er von “Zug dahinter” spricht. Dennoch meint er auch, dass in der momentanen Situation eine gewisse Lockerheit angebracht sei:”Die Stimmung ist aber auch berechtigt gut, wir wissen was wir können und wenn man im Training alles gibt, dann darf man auch mal so gelöst und locker in die Woche reingehen.”
Die Mischung stimmt in der Tat, der nötige Ernst bei den Übungen im Training ist jederzeit da, alle Spieler ziehen voll und ganz mit. Dann braucht es den Trainer auch nicht zu stören, wenn nach der Einheit Alban Meha und Olivier Mvondo das Kinderspiel “Schnick, Schnack, Schnuck” spielen, um auszumachen, wer die überall verstreuten Bälle einsammeln muss. Natürlich zur Freude der versammelten Mannschaftskollegen, die Meha und Mvondo wertvolle Tipps zu geben versuchen. Diese Szenen zeigen, dass sich in kürzester Zeit eine homogene Einheit gebildet hat, dem Vereinsnamen zu Folge herrscht sein langer Zeit einmal wieder “Eintracht” bei der Eintracht. “Menschlich passt es in unserer Truppe einfach sehr gut, das ergänzt sich einfach wahnsinnig”, lobt auch Torge Hollmann die mannschaftliche Geschlossenheit. Bedenkt man, dass es vor Saisonbeginn galt, 15 neue Spieler zu integrieren, scheinen Trainerstab und Mannschaft ganze Arbeit geleistet zu haben.
Einer der 15 neuen Spieler im Dress des SVE ist auch ebenjener Torge Hollmann. Der 28-jährige, geboren in Löningen im Oldenburger Münsterland, verstärkt seit Beginn der Saison die Trierer Defensive, exakter bildet er mit Kapitän Josef Cinar die Trierer Innenverteidigung. Hollmann begann seine Karriere in der Jugendabteilung seines Heimatortes, ehe er zum SV Meppen wechselte, wo er bereits als A-Jugendlicher in der ersten Mannschaft auflaufen durfte. Selbstverständlich wurden schnell renommierte Vereine aufmerksam auf das Talent Hollmann, im Sommer 2001 ging es in den Breisgau zum SC Freiburg. Zunächst in der zweiten Mannschaft, entwickelte sich Hollmann rasch, am 16. Oktober 2004 debütierte er im Trikot der Freiburger bei der 0:3-Niederlage in Nürnberg im Fußball-Oberhaus, der Bundesliga. Als Freiburg am Ende der Saison 2004/2005 den Gang in Liga zwei antreten musste, hieß es auch für Torge Hollmann Abschied nehmen.
Es folgte die Phase seiner Karriere, die den 28-jährigen bisher am Meisten geprägt hat. Vor Beginn der Saison 2005/2006 wechselte er nach Wehen zum SV Wehen/Wiesbaden. In diesen fünf Jahren bestritt er 37 Zweitligaspiele, 18 Drittliga- sowie 65 Regionalligaspiele. Hollmann spielte stark auf, doch zwei Verletzungen warfen ihn zurück:“Ich hatte zwei Mal Pech. Gegen die Zyste im Schienbein konnte ich mich nicht wehren, und ein Mittelfußbruch in einer Kontaktsportart kommt auch mal vor. Das sind zwar zwei schwere Verletzungen, doch über die fünf Jahre hinweg bin ich wohl doch mit einem blauen Auge davongekommen.” Seine Zeit in Wehen beschreibt Hollmann selbst als “schön und erfolgreich” zugleich.
Dennoch ist der beinharte Innenverteidiger keinesfalls müde, stattdessen hat er klare Ziele für seine Zeit in Trier:”Ich bin jetzt 28 Jahre alt, da würde ich zu gerne noch einmal so eine ähnliche Zeit dranhängen. Der Weg geht immer nur nach oben. Manchmal macht man einen Rückschritt um zwei nach vorne zu machen, aber letztlich bin ich noch lange nicht satt.” Besonders froh ist er darüber, hier in Trier “eine funktionierende Truppe” mit “einem guten Umfeld und guten Fans” vorzufinden. In Trier hat sich Hollmann gut eingelebt, seit dem er vor drei Monaten an die Mosel wechselte. Mit besonderem Stolz und diesen unverwechselbaren Glanz in den Augen erzählt er dann von seinem großen Glück: Am 27. Oktober wurde hier in Trier sein Sohn Jona geboren. Gerade deswegen war der stolze Vater nur allzu glücklich mit dem spielfreien Wochenende:”Für mich kam das Wochenende wie gelegen, das war einfach großartig.” Doch nach der Pause gibt Papa Hollmann die Marschrichtung vor:”Ich bin aber jetzt auch wie die gesamte Mannschaft wieder richtig heiß, dass es weitergeht.”
Fest steht, dass Eintracht Trier mit Torge Hollmann einen Spieler an die Mosel geholt hat, der durch seine herzliche, sympathische und offene Art schon jetzt sehr viel dazu beigetragen hat, dass die Eintracht sich aktuell so geschlossen wie selten zuvor präsentiert und auch sportlich Erfolg hat.
Man kann diesem Torge Hollmann nur Glück wünschen, dass er in Trier von schlimmen Verletzungen verschont bleibt und wie er selbst sagt, in der ältesten Stadt Deutschlands noch einmal eine Zeit erlebt wie damals in Wehen – nur eben ohne Verletzungen, sondern in Eintracht und mit Erfolg.
Foto-Galerie (klicken für Groß):
muuselindianer meint
oh mann, die amateurvereine werden wieder weggeschoben. das ist wirklich nix. so gehen vereine wie die eintracht kaputt. es muss eine richtige reform kommen.
MarkusEMH meint
Die DFL hat einen 5-Punkte-Plan für die Regionalliga vorgelegt. Wenn ich mir den so angucke, fällt mir nur eines dazu ein:
Die ersten Mannschaften sollen mit Geld zum Schweigen gebracht werden, damit alles so weiter läuft, wie bisher!
Bzw., da keine Aufstiegslimite mehr vorhanden sein sollen: Damit es für die Zweitvertretungen noch leichter wird, sich in der Liga breit zu machen!!
PRO REGIONALLIGAREFORM im Sinne der Amateurvereine!!!
http://origin.kicker.de/news/fussball/regionalliga/startseite/543580/artikel_Das-5-Punkte-Paket.html
Eintracht-Fan meint
Sehr schön was vom Eintrachttraining zu lesen. TOP-Bericht!!! Der Hollmann macht wirklich einen sehr netten Eindruck. Für mich ist er der wichtigste Mann und der beste „Neuzugang“ bei der Eintracht. Hoffen und wünschen wir ihm, daß er von Verletzungen verschont bleibt und so der Eintracht helfen kann, auf einen guten Weg nach oben. Der Hollmann ist für mich einer der wichtigsten Spieler, wenn wir in eine bessere Liga aufsteigen wollen. (Vielleicht in ein, zwei Jahren??)