Von Stephen Weber (Text)
„Ernüchternd“ fasst den gegenwärtigen Zustand der Trierer Fußballwelt seit der 1:6-Niederlage gegen Eintracht Frankfurt II treffend zusammen. Es war für den ambitionierten Verein von der Mosel ein Kaltstart sondergleichen in die Rückrunde, der unmittelbar nach Spielabpfiff kaum zu erklären war. Zwei Tage später drängt sich allerdings nun die Frage auf, wo die vermeintlichen Ursachen eines solchen missglückten Einstandes liegen könnten.
Das Flutlicht im Frankfurter-Volksbank-Stadion war bereits erloschen, als sich Trainer Roland Seitz durch die Dunkelheit auf den Weg zu den Journalisten begab. Seine Spieler waren nach der 1:6-Niederlage gegen Eintracht Frankfurt II bereits eilig in der Kabine verschwunden, angetrieben von den Schmährufen der enttäuschten Anhänger auf der Tribüne. Sichtlich konsterniert gab der Coach im Anschluss zu Protokoll, dass er noch keine Antwort auf die 90-minütige Leistung seines Teams parat hätte und er erst einmal in Ruhe über das Erlebte nachdenken müsse.
Doch wie überraschend kam das desolate Abschneiden der Eintracht zum Rückrundenauftakt wirklich? Resümiert man die vergangenen Wochen kritisch, muss man feststellen, dass die Alarmsignale zwar vorhanden waren, jedoch falsch eingestuft wurden. Sowohl beim Test gegen den Ligakonkurrenten Mainz II, als man binnen sechs Minuten drei Tore kassierte, als auch beim Freundschaftsspiel gegen Grevenmacher, bei dem man sich ebenfalls zwei Tore innerhalb 120 Sekunden einfing, wurden Defizite im gesamten Defensivverband deutlich.
„Alle waren fassungslos“
Dieser Trend wurde nun am Freitagabend bei der höchsten Meisterschaftsniederlage seit viereinhalb Jahren (2008 setzte es am 3. Spieltag ein 0:5 daheim gegen den BV Cloppenburg 1919) bestätigt. Der Viererkette kann hierbei allerdings nur bedingt ein Vorwurf gemacht werden – vielmehr mangelte es an der kollektiven Zusammenarbeit der Vorder- und Hinterreihe: Die Verteidiger sahen sich gegen Frankfurt zu häufig mit zwei bis drei anstürmenden Spielern konfrontiert, weil das Mittelfeld nicht energisch genug gegen den Ball arbeitete und somit den Hessen viel Freiraum zur Spielentwicklung bot – eine Einladung, die der Gegner dankend annahm. Die daraus resultierende Kluft bewirkte, dass die Innen- und Außenverteidiger oftmals ihre angedachten Positionen verlassen mussten, um ihren Nebenleuten auszuhelfen. Das Ergebnis war ein unsortiertes Durcheinander, das in dieser Form von jeder spielerisch guten Mannschaft sofort bestraft wird.
So ist es also kein Zufall, dass die Schwachstellen der Vorbereitung im Liga-Alltag umso deutlicher zu Tage traten und eine sofortige Reaktion der Mannschaft fordern. Vorstandsmitglied Ernst Wilhemi fand am Tag nach der Pleite diesbezüglich unmissverständliche Worte: „Alle waren fassungslos und sich einig: Das war ein komplettes kollektives Versagen. Da gibt es in keiner Weise etwas zu beschönigen, das war ein echter Schuss vor den Bug.“
„Der Freitag wird zeigen, was die Uhr schlägt“
Die Ursachenforschung, wie es passieren kann, dass ein Team, das neun Spiele in Serie ungeschlagen blieb, derartig aus der Winterpause startet, ist freilich spekulativ. Dennoch erhitzten sich nach Spielende die Gemüter an der personellen Ausrichtung der Startelf. Während die lange verletzten Steven Lewerenz und Alon Abelski mit Trainingsrückstand und langer Einsatzpause auf dem Feld standen, mussten Spieler wie Neuzugang Marco Quotschalla oder Christoph Anton, die in der Vorbereitung vielversprechende Leistungen ablieferten, auf der Auswechselbank vorlieb nehmen. Ebenso steht der Verein in der Kritik, in diesem eisigen Winter auf die Finanzierung eines Trainingslagers verzichtet zu haben. Die Testspiele und sämtliche Trainingseinheiten fanden bei komplizierten Witterungsbedingungen lediglich auf Kunstrasen statt und verhinderten eine effiziente und angemessene Vorbereitung auf die Rückrunde.
Nun gilt es in Trier, die verheerende Niederlage in positive Energie umzumünzen, denn es ist nämlich trotz all der Bitternis nur ein verlorenes Spiel, weshalb Wilhelmi bereits den Blick auf Freitag richtet, wenn der FSV Frankfurt II zu Gast im Moselstadion sein wird: „So wollen wir uns nie wieder präsentieren. Wir werden alles dafür tun, die Leistung am Freitag auszumerzen und die drei Punkte in Trier zu behalten. Darauf hat sich jeder eingeschworen. Aus so einer Erfahrung kann man auch gestärkt rausgehen. Nachdem wir über das Spiel geschlafen haben, schauen wir wieder optimistisch nach vorne. Der Freitag wird zeigen, was die Uhr schlägt.“ Die Spieler und das Trainerteam trafen sich bereits am Samstagmittag zu einer ersten eindringlichen Analyse und um die Fehler des Geschehenen aufzuarbeiten. Es wird sich also am kommenden Spieltag beweisen, wie die 1:6-Klatsche vom Bornheimer Hang zu interpretieren ist.
+++Eintracht in Kürze+++
Eintracht Trier zahlt 3.100 Euro im Prämienstreit – Der Prämienstreit mit Spielern, die auf ausstehende Prämien der vergangenen Saison klagten, steht vor dem Ende. Anwalt Frank Rybak, der Thomas Drescher (Eschborn), Daniel Bauer (Hannover 96 II) und Thomas Kraus (Fortuna Köln) vertrat, hat das Vergleichsangebot von Eintracht Trier (5vier berichtete) angenommen. Dieses liegt bei insgesamt 3.100 Euro, die sich anteilig auf die drei Fußballer verteilen. Das bestätigte Alexander Bergweiler, der Rechtsanwalt des Fußball-Regionalligisten. Einen weiteren Kammertermin wird es noch mit Cataldo Cozza geben, der ebenfalls geklagt hat. Hier sieht Bergweiler jedoch die Einspruchsfrist überschritten.
Das Video des 1:6 gegen Eintracht Frankfurt II:
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Kaiser_B meint
Was kann denn bitteschön ein Wilhelmi dafür wenn einige Spieler offensichtlich nicht die richtige Einstellung für das Spiel mitgebracht haben? Der hat ja wohl nicht mitgespielt… Man kann schon viele Sachen kritisch sehen aber man muss mal froh sein das überhaupt einer im Vorstand ist. Wenn man hört was man sich da anhören muss wundere ich mich das das überhaupt noch einer freiwillig macht. Ich finde es jedenfall gut das es überhaupt eine Seite gibt wo man so gut über Sport in Trier und über die Eintracht informiert wird. Ausser 5vier gibt es da gar nix. Also: danke und so weitermachen!
uwe weber meint
Schließe mich dem Urteil meines Vorschreibers hinsichtlich der kritischen Analyse des Frankfurt-Spiels und der dafür verantwortlichen Ursachen bzw. Fehler des sehr guten Beitrags an. Der IMHO entscheidende Satz des Artikels aber lautet: Es ist ein ! verlorenes Spiel. Fußballer wissen, besser einmal 1:6 verloren als sechsmal 0:1.
Alex meint
Hervorragende Analyse, die ohne das schwülstige Pathos auskommt, das man sonst von dieser Stelle hier gewohnt ist. Endlich mal ein Schreiber, der scheinbar genug Distanz zum Verein hat.
Weniger schön ist, das wieder einmal Ernst Wilhemi -der Hauptschuldige für die Misere des Clubs in den letzten Jahren- so ausführlich zu Wort kommt. Der sollte lieber den Mund halten und sich schämen.
Trotzdem weiter so….