Von Stefanie Braun (Text und Fotos)
Bereits zum dritten Mal, nach den Auszeichnungen in den Jahren 2003 und 2005, hat Kai Leonhardt, Besitzer der Fleischerei Martin, die Auszeichnung für die Beste Fleischwurst gewonnen. Eine 160-köpfige Jury hat dies in Blindverkostung entschieden. 5vier.de sprach mit Leonhardt über das Geheimnis einer guten Fleischwurst und die neue Wichtigkeit qualitativer Produkte.
„Darf’s ein bisschen mehr sein?“ Diese Frage kann man in der Fleischerei Martin ruhigen Gewissens mit „Ja“ beantworten. In dem Familienbetrieb wird nicht nur auf guten Geschmack, sondern auch auf Qualität sorgsam geachtet. Als Beweis kann der junge Fleischer Kai Leonhardt mehrere Auszeichnungen und mittlerweile drei Pokale für die „Beste Fleischwurst“ vorweisen. Eine unabhängige 160-köpfige Jury hat in einer Blindverkostung über 200 verschiedene Fleischwürste aus ganz Deutschland auf Herz und Nieren, oder besser Pelle und Fettanteil geprüft. Kriterien waren: Biss, Hülle, Farbe, Konsistenz und natürlich Geschmack. 90 Teilnehmer bekamen eine Goldmedaille, 20 davon kamen nochmals vor eine weitere Jury, die die Wurst bis ins Detail prüfte. Jede Geschmacksnuance und jede Kleinigkeit wurde beachtet, bis die besten Vier herausgesucht waren. Die Beste der Besten war die Fleischwurst aus der Fleischerei Martin. Zum dritten Mal schon. Was auch unter den Veranstaltern des Wettbewerbs Beachtung fand.
Bauern des Vertrauens
Wen könnte man also besser fragen, was eine gute Fleischwurst ausmacht, als einen dreimaligen Fleischwurst-Meister? Eine gute Fleischwurst, so Leonhardt, ist eine individuelle Zusammensetzung aus den verschiedenen Fleischsorten, die aus einem regionalen Bezug genommen werden. Der ist Leonhardt besonders wichtig, da er immens auf die Fleischqualität einwirkt. „Die Fleischqualität hängt stark an der Tierhaltung. Dabei sind sowohl eine gute Haltung, als auch möglichst kurze Transportwege wichtig, da sie weniger Stress für die Tiere bedeuten. Ein Tier, das erst 200 Kilometer zum Schlachter gefahren werden muss, ist einem größeren Stress ausgesetzt, als ein Tier, das eine kürzere Strecke zurücklegen muss.“ Leonhardt arbeitet deshalb mit „Bauern seines Vertrauens“, aus der Region, derzeit beispielsweise mit dem Familienbetrieb Epper aus Sülm, in der Nähe von Bitburg. Überhaupt liegen alle Betriebe, mit denen er arbeitet, zwischen Bitburg und Trier.
Hergestellt wird die typische Fleischwurst aus einer Mischung aus Schweinefleisch, Rindfleisch und einem gewissen Fettanteil, neben ein paar anderen Zutaten. Die Ingredentien sind meist die gleichen, nur die Zusammensetzung kann variieren. Dabei sorgen bestimmte Leitsätze dafür, dass eine Fleischwurst eine Fleischwurst bleibt: „Um ein Produkt unter einem bestimmten Namen verkaufen zu können, dürfen bestimmte Leitsätze nicht über- oder unterschritten werden.“ Wenn nun allerdings ein Fettanteil von bis zu 30-35 Prozent erlaubt ist, heißt das nicht, dass dieser erreicht werden muss. In den meisten traditionellen Fleischerfachgeschäften findet man einen deutlich geringeren Fettanteil, bei der Fleischerei Martin liegt er bei der Fleischwurst im Schnitt bei 22-25 Prozent. „Industriell gefertigte Ware hat meistens einen höheren Fettanteil, da Fett günstiger im Einkauf ist“, so Leonhardt. Die Wurst aus Fleischerfachgeschäften, hat meist einen höheren Fleisch- und Mageranteil.
Dabei ist mehr Fett nicht zwangsläufig ungesünder. „Fettzellen sind unsere körpereigenen Langzeitvorräte gewesen, die der Urmensch zum Leben brauchte.“ Erst mit dem ständigen Zugriff auf Kohlehydrate, die nur kurzfristig Energie liefern, hat sich ein Ungleichgewicht eingeschlichen. Statt bei Bedarf auf unsere Langzeitspeicher zurückzugreifen, füllen wir lieber ständig unseren Kurzzeitspeicher nach. Tendenziell nehmen wir dadurch eher zu. „Fleisch war ein wichtiger Ernährungsbestandteil des Urmenschen und erst heute, dank genügend Ergänzungsmitteln, ist es möglich, sich fleischlos zu ernähren.“
Fleischwurst als Traditionsprodukt
Die eigentliche Herstellung der Fleischwurst läuft immer gleich ab, es wird gleich gewogen und gleich verarbeitet. „Fleischwurst ist ein Traditionsprodukt, mit einer Tradition, die gepflegt wird. Die Leute schätzen diesen Geschmack, wie früher eben, und wollen ihn immer wieder finden.“ Aber auch hier gibt es Trends, wie die Chili- oder Bärlauch-Fleischwurst. 24 Mitarbeiter beschäftigt Leonhardt in der Filiale in der Paulinstraße, neun davon in der Produktion, neun vorne als Kassierer, sechs in der Küche. Darunter ein festangestellter Koch, der täglich Portionen an Mittagessen und Snacks zubereitet. Gerade für Berufstätige in der Mittagspause oder ältere Leute, die nicht mehr so gut alleine kochen können, eine feine Sache, zumal sie auch im Preis nicht gerade teuer sind.
Ein Blick auf die Kunden, den die Fleischerei Martin auch in einem ganz anderen Punkt an den Tag legt: Zwei Bezahlautomaten im Verkaufsraum verändern das gewohnte Bild des Raumes: Statt Geld über die Kasse zu reichen, geben die Kassiererinnen einen Bon herüber, den die Kunden vor der Theke an den Automaten entwerten können. Mit diesem System schützt man die Gruppe der Alten, Schwachen, Kranken und Jungen, sprich alle deren Immunsystem nicht vollständig arbeitet oder ausgebildet ist. Denn statistisch gesehen, ist jeder 30te Geldschein mit ernstzunehmenden Erregern belastet. „Das Einzige, was wir nicht kontrollieren können, ist der Kunde vor der Theke.“ Wenn der nun einen mit Erregern belasteten Geldschein mitbringt und diesen über die Theke zur Kassiererin reicht, belastet er damit nicht nur die Kassiererin, sondern auch die Ware in der Theke. „Menschen haben ein Immunsystem, das ständig gegen Erreger arbeitet, die Ware in der Theke hat dies nicht. Hier können sich Keime ungehindert ausbreiten, bis sie eine Anzahl erreichen, die auch für ein gesundes Immunsystem zur Belastung werden kann.“
Das Geld-Rüber-Reichen ist der einzige Weg über den Keime hinter die Theke gelangen können, denn hinter der Theke herrscht ein, durch ein Belüftungssystem entstandener Überdruck, der verhindert das Keime rüber-gehustet werden können. Das es funktioniert erkennt man ganz einfach daran, dass Krankheitsausfälle von Angestellten von durchschnittlich fünfmal im Jahr auf einmal im Jahr gesenkt werden konnten. Dabei war es ein hartes Stück Arbeit bis die Automaten angenommen wurden. Ein Jahr hat es gedauert, die Kunden davon zu überzeugen, dass man ihnen nur Gutes will und sie nicht schnell mit einer Maschine abspeisen möchte. Im Gegenteil, durchschnittlich hat eine Kassiererin nun 20 Sekunden mehr Zeit für die Beratung des Kunden. Oder für ein freundliche Gespräch.
Das ist es auch, was Kunden wieder mehr und mehr suchen: Einkaufen und Nahrungsaufnahme sollen wieder zu einem Erlebnis werden: „Die Menschen wollen wieder „auf die Jagd gehen“, Einkaufen als Erlebnis sehen und Kochen als ein Ereignis von besonderer Güte.“ Das gute, alte Sonntagsessen als ein Wellness-Highlight in der Woche, mit besonderen Zutaten, nicht mit Discounter-Kühlregal-Ware. Der Gang zu mehreren kleineren Familienbetrieben statt einmal zum Großmarkt wird da zum modernen Jagdrevier. Auch was die „Verarbeitung“ der Tiere angeht: „Es wird alles verwendet, aus der Haut kann man Aspik gewinnen, aus den Knochen kochen wir Soße. Kleine Betriebe können es sich gar nicht leisten, etwas weg zu werfen, dass man verwenden kann. Außerdem soll das Tier ja nicht umsonst gestorben sein.“
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Zubereitungstipps von Kai Leonhardt:
Der Klassiker: Kalt, mit Brot. Oder im Topf gegart, dazu Senf und ein Butterbrot. Weltklasse!
Gegrillt: Einfach Pelle ab, auf den Grill damit. Schmeckt auch!
In dünne Streifen schneiden, etwas Essig und Gurken dazu. Der klassische Wurstsalat.
Schlechte Wurst ist übrigens erkennbar an: vertrockneter, schrumpliger Pelle, groben Bestandteilen in der Wurst und einem untypischen Geschmack.
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