Am Mittwoch, den 16. Januar hatte das Stück „Der Priestermacher“ Premiere im Studio des Theaters Trier. Das Stück um einen jungen, rebellischen Priesteranwärter und einen publikumstollen Priester, in welchem bereits Joachim Fuchsberger mit seinem schauspielerischen Können glänzen konnte, wurde von Florian Burg inszeniert. In den Hauptrollen sind Daniel Kröhnert und Manfred-Paul Hänig zu sehen.
Der Star der Kanzel: Tim Farley, alter Hase im Priestergeschäft, tritt jeden Sonntag vor seine Gemeinde, nicht unbedingt um seine Schäfchen auf den rechten Weg zu führen, wohl aber um seine eigene Beliebtheit bei ihnen weiter nach oben zu schrauben. Ähnlich wie seine Weinbestände, die er von den vielen treuen Fans, Verzeihung, Gemeindemitgliedern bekommt. Umso verstimmter ist er, als ein junger Seminarist mit allzu rebellischen Gedanken und leider auch Fragen in seinen Gottesdienst kommt. Die bohrende Art des jungen Mannes, namens Mark Dolson, bringt Farley nicht nur ins Schwitzen, sondern auch aus dem Konzept. Umso unerfreulicher, dass Farley den angehenden Priester zugeteilt bekommt, um ihn unter seine publikumswirksamen Fittiche zu nehmen. Anfangs sind beide herzlich wenig begeistert voneinander. Für Dolson ist Farley ein aufgeblasener, ewig trinkender Publikumsgockel und für Farley ist Dolson ein Rebell ohne höheren Sinn. Doch dann entwickelt sich Respekt und schließlich Freundschaft zwischen den beiden. Doch Dolson kann es nicht lassen, der Gemeinde und seinen „Vorgesetzten“ mit seinen Fragen und seinen brennenden Predigten auf den Zahn zu fühlen. Und schließlich drohen die Schatten der Vergangenheit ihm seine Zukunft als Priester zu verbauen.
Weinflaschen gegen bohrende Fragen
Daniel Kröhnert spielt Mark Dolson, ihm zur Seite steht Manfred-Paul Hänig als Tim Farley, die Inszenierung übernahm Florian Burg. Das Stück von Bill C. Davis soll komödiantisch sein, weist auch einige witzige Momente auf, doch so wie das mit Komödien ist, muss es auch einige bittere Momente geben. Auch die gibt es. Nicht umsonst sind Homophobie und dogmatische, ja fast diktatorische Vorgesetzte Themen des Stückes, doch irgendwie will die Dramatik dahinter nicht so recht zünden. Florian Burg berichtete im 5vier.de-Interview, dass „Der Priestermacher“ als eine Charakterkomödie anzusehen ist, dies trifft auch ohne Zweifel zu, denn die beiden Hauptdarsteller Hänig und Kröhnert wissen es mit pointenreichen, sicherem Spiel den Zuschauer bei Laune zu halten. Dabei ist Kröhnert als Dolson nicht nur der sture Querdenker und Hänig nicht nur der selbstverliebte Kanzel-Hampelmann. Die beiden schaffen es, ihren Figuren mehr Tiefe einzuhauchen, gezielt umschiffen ihre Selbstgeständnisse die Kitschklippen einer Inszenierung, sind zwar manchmal dick aufgetragen, bleiben einem aber nicht im Halse stecken. Burg achtet hier sehr auf punktgenaue Arbeit, die Figuren sollen kein unnötiges Mitleid erregen, sondern vielmehr Fragen aufwerfen. Was ist mein Weg zu Wahrheit? Zu mir? Zu Gott?
Gute Darsteller, maue Krisen
Leider bleibt das gekonnte Spiel der beiden Darsteller ohne größeren Effekt beim Zuschauer. Irgendwie will die Dramatik von Dolson, dem aufgrund seiner (sexuellen) Vergangenheit der Weg ins Priesteramt von oben versperrt bleibt und Farley, der aufgrund von elterlicher Misshandlung auch in fortgeschrittenem Alter nicht so recht weiß, „ob er Mann, Frau oder Stockfisch“ ist, nicht so recht zünden. Vielleicht da die jüngsten „Krisen“ der Kirche eine viel größere Dramatik zum traurigen Alltag gemacht haben, wurden doch eine Zeit lang fast täglich Stimmen laut, die über Missbrauch und Misshandlungen durch Kirchenmänner berichteten. Erst jüngst hat die katholische Kirche mal wieder gut ins „Fettnäpfchen getreten“. Zu Bill C. Davis‘ Zeiten waren derlei schreckliche Schicksale schon aktuell, aber (leider) noch nicht bekannt. Jedenfalls kann der Zuschauer über Dolsons Misere nur milde lächeln. Viel mitnehmen an neuen Erkenntnissen oder Denkanstößen kann er nicht. Den Reiz machen in der Tat die beiden Darsteller aus, die witzig sind, ohne auf Peinlichkeitslacher zu setzen, dramatisch sind, ohne in die Klischeekiste zu greifen. Sie bieten einen kleinen Einblick, eine überschaubare Charakterstudie, eine freundliche Botschaft: „Finde die eigene Wahrheit. Und dann steh dazu.“ Bestürzt oder bekümmert muss kein Zuschauer nach Hause gehen.
Das Bühnenbild stammt von Susanne Weibler und erinnert an die wohlbekannte Dorfkirche und Pfarrei, den typischen Schreibtisch des Pfarrers mit Kreuz und Weinflaschen in der Tür. Die Kostüme von Carola Vollath stehen natürlich unter kirchlichem Prädikat, sind damit in ihrer Kreativität etwas eingeschränkt. Nichtsdestotrotz, wo die künstlerische Freiheit es zulässt, etwas bieder, aber zum Thema passend. Hemd und Baumwollweste gehen für einen Seminaristen eben immer.
Fazit: Eigentlich ein schönes Stück, beinahe zu schön, zu glatt. Die Problematik dahinter ist schnell verstanden, aber es bleibt immer eine leises „Und weiter?“ im Hinterkopf zu hören. Ein jüngeres Publikum wird mit dem „Problem“ der Homophobie wohl nichts anfangen können, die Frage nach Gnade und Verständnis von Seiten der Kirche stellt sich dafür jedem. Gelungen und sehenswert sind die beiden Hauptdarsteller und die punktgenaue Inszenierung, das Stück als solches erscheint mittlerweile leider etwas am (Krisen-)Thema vorbei.
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