Die Geschichte der irreführenden Namensgebung des Flughafens Frankfurt-Hahn bekommt dieser Tage einen entscheidenden Twist, wenn der irische Billigflieger Ryanair die eigene Hunsrück-Basis ab Sommer 2017 von gleich drei großen Airports in die Zange nimmt.
Trier / Frankfurt. Der Flughafen Frankfurt-Hahn liegt rund 120 Autokilometer von der Mainmetropole Frankfurt entfernt und trägt sie doch im eigenen Namen. Das hat in den vergangenen Jahren der zivilen fliegerischen Nutzung des ehemaligen US-Militärflughafens nicht nur viele unwissende gestrandete Passagiere zur Folge gehabt, sondern auch dem Billigflieger Ryanair einen gehörigen Wettbewerbsvorteil verschafft. Frankfurt-Hahn klingt eben internationaler als Lautzenhausen.
Eigentlich hörte der Airport auf den Namen „Rhein-Mosel-Airport“ als die zivile Luftfahrt dort in den frühen Neunzigern startete. Dann einigte sich Ryanair mit Frankfurt und Lufthansa darauf, den Flughafen werbewirksam als „Frankfurt-Hahn“ zu vermarkten. So hielt sich Lufthansa den unliebsamen Billig-Konkurrenten an ihrem Heimat-Airport vom Hals und Ryanair konnte dennoch mit der Main-Metropole werben.
Auf der heutigen Pressekonferenz am Frankfurter Flughafen haben die Fraport AG und Ryanair nun eine Zusammenarbeit angekündigt und damit die zivile Luftfahrtwelt in Deutschland regelrecht erschüttert. Der Fraport-Vorstandsvorsitzende Dr. Stefan Schulte und David O’Brien, Chief Commercial Officer von Ryanair präsentierten heute Pläne von der Aufnahme von Ryanair-Flügen an Deutschlands wichtigstem Luftverkehrsdrehkreuz ab dem Sommerflugplan 2017.
Für den Flughafen Frankfurt-Hahn gleicht die Ankündigung einem Todesstoß, da es mit Luxemburg, Köln und nun dem wirklichen Frankfurt Airport gleich drei höherwertige und deutlich zentralere Abflughäfen gibt, um günstig mit Ryanair den europäischen Kontinent zu bereisen. Die Frage, wer sich nun noch in den Hunsrück verirrt, um von dort mit dem irischen Low-Budget-Carrier zu fliegen, gleicht einer rhetorischen Frage. Ein deutlicher Abbau des Angebots an dem Airport, der Ryanair in Deutschland groß gemacht hat, ist absehbar.
Aber auch die deutschen Airlines, allen voran die Lufthansa, die seinerzeit die Umbenennung zu „Frankfurt-Hahn“ maßgeblich mitbeeinflusst hat, sieht sich nun einem ihrer ärgsten Gegner gegenüber, den sie lange Zeit von ihrer Heimat-Basis fernhalten konnte. Die zunächst nur 2 Maschinen, die in Frankfurt stationiert werden sollen und nach Palma de Mallorca, Alicante, Málaga in Spanien und Faro in Portugal fliegen werden, können gegen die Übermacht der Lufthansa zunächst nur wenig ausrichten. Bereits jetzt ist allerdings die Rede von einer Aufstockung auf bis zu acht Boeing 737-800, von denen Ryanair im kommenden Jahr allein 50 brandneue Modelle erhält. Damit könnte der irische Konkurrent nicht nur die Lufthansa selbst empfindlich schwächen, sondern auch ihre eigene Lowcost-Marke Eurowings, die sie bewusst aus Frankfurt fern gehalten hat, um die Kernmarke nicht zu schwächen. Ryanair füllt somit am Flughafen Frankfurt eine Lücke, die die Lufthansa mit ihrer Eurowings schon problemlos hätte besetzen können.
Die Fraport AG erhofft sich ihr ins Hintertreffen geratene Drehkreuz wieder wettbewerbsfähig zu machen, musste der Flughafen doch im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit Jahren den Rang des dritthöchsten Passagieraufkommens in Europa an den Atatürk-Flughafen in Istanbul abtreten. Gleichzeitig kündigt sich bereits im Rückspiegel der Flughafen Amsterdam an, der dank ansässiger Billig-Airlines ebenfalls auf der Überholspur unterwegs ist.
Das Öffnen von Tür und Tor für derartige Fluglinien, die oft zu besonders günstigen Konditionen starten und landen dürfen, erntet schon jetzt großen Protest von den etablierten Airlines. Lufthansa-Chef Carsten Spohr verlangt im Zuge der Ankündigung der neuen Verbindungen bereits die selben Rabatte, die Neukunde Ryanair zugesprochen wurden. Für die deutsche Airline wären dadurch Einsparungen in Höhe von 200 bis 300 Millionen Euro pro Jahr möglich. Darüberhinaus droht er mit dem hauseigenen Low-Cost-Carrier Eurowings nun auch Frankfurt anzufliegen, um sich gegen den irischen Konkurrenten wehren zu können. Ähnlich verärgert reagiert der zweitgrößte Nutzer des Frankfurter Flughafens, die Condor. Für Zündstoff am hessischen Drehkreuz ist also bis zum endgültigen Start der Ryanair-Verbindungen gesorgt.
Währenddessen verliert der Krisen-gebeutelte Flughafen Frankfurt-Hahn mit der neuen deutschen Destination im Ryanair-Netz seine Identität und gerät noch mehr unter Zugzwang, sich neu zu erfinden. Für die potentiellen Käufer des Hunsrück Airports ist es nun noch schwerer geworden, ein funktionierendes Konzept für ihr immer stärker strauchelndes Objekt zu finden, während Ryanair in Frankfurt auf der Gewinnschiene davonbraust.
Bilder: fraport AG
Thom meint
Da Ryanair wohl auch künftig billiger sein wird als die klassischen Airlines, obwohl nicht mehr vom Arsch der Welt aus geflogen wird, dürfte dies auch das Ende des Märchens sein, nachdem Billigairlines genau so viel in die Sicherheit investieren. Birgen Air lässt grüßen.