Ein Tanztheater-Abend nach dem Leben Robert Schumanns. Ein Leben der Extremen: zwischen Gut und Böse – zwischen Manisch und Depressiv – zwischen Realität und Träumerei. 5vier.de Redakteurin Stefanie Braun war dabei.
Am 8.6.1810 in Zwickau geboren nahm Schumanns Leben schon bald viele dramatische Wendungen: 1826 starb sein Vater, wenig später nahm sich seine Schwester das Leben. Seine Karriere als Virtuose nahm noch vor ihrem Beginn durch eine Sehnenscheidenentzündung ein jähes Ende. Er liebte die Tochter seiner Lehrers, doch durfte nicht mit ihr zusammen sein. Komplementiert wurde dieser tragische Lebenslauf durch schwere körperliche sowie seelische Erkrankungen – es folgten mehrere missglückte Selbstmordversuche – was zum Schluss bleibt, sind Schumanns zeitüberdauernde Kompositionen.
Seine Biographie, wie aus der Feder eines Tragödienschreibers, wurde jetzt im Theater Trier von den Choreographen Stephan Thoss und Philippe Talard, in zwei voneinander seperaten Inszenierungen, umgesetzt. Unterschiedlicher könnten sie nicht sein – doch beide stehen unter einem Titel: Träumerei.
Der erste Part von Stephan Thoss, der mit einer knappen halben Stunde wie im Flug vergeht, spiegelt die problematische Beziehung zwischen Schumann und seiner späteren Frau Clara Wieck wieder und beleuchtet auch die düstere Rolle, die Claras Vater darin gespielt hat. Thoss selbst bezeichnet seine Inszenierung als „ein von Sehnsucht getriebener Kampf eines Paares um Nähe“, der immer wieder von Claras übermächtigen Vater unterbrochen wird. Eine spannende Inszenierung, die mit ihren Bewegungen genau auf die Musik Schumanns abgestimmt ist und dabei ein klares Bild der problematischen Beziehungen zum Zuschauer trägt. Besonders die Einbringung der zwei Persönlichkeiten Schumanns – als „Weiß“ und „Schwarz“ – macht deutlich, in welcher zerrissenen Lage sich dieser Künstler, aber auch seine Geliebte, befunden haben. Insgesamt kann diese Inszenierung nur als gelungen bezeichnet werden, die über die Bewegungen zur Musik bis hin zur Wahl der Kostüme und des sparsamen Bühnenbildes stimmig ist. Thoss verlässt sich hier ganz auf die Kraft der Bewegungen sowie die Botschaften, die diese zu vermitteln imstande ist – und behält damit Recht.
Der zweite Part dieses Abends, der unter der Leitung Philippe Talards steht, setzt auf einen anderen Aspekt. Dies sieht man bereits am Bühnenbild: denn im Vergleich zu Talards wirkt das von Thoss nun nicht sparsam, sondern nahezu spärlich. Talard inszenierte seine Version des Lebens von Schumann mithilfe von fünf Eisenwürfeln, die sich auf der Bühne drehen und übereinander schweben. Musikalisch setzte er vor allem auf die beiden Cellisten Stéphane Giampellegrini und André Mergenthaler, die nicht nur mit ihren Instrumenten, sondern auch mit ihrem Spiel zum Gesamtbild beitrugen. Während Mergenthaler über dem Geschehen schwebt, tanzt das Trierer Ensemble paarweise synchron in den sich drehenden Würfeln auf der Bühne. Dabei sollen die verschiedenen Aspekte des schöpferischen Leben Schumanns zum Ausdruck gebracht werden; ebenso die Zerrissenheit, die sich durch sein ganzes Dasein zog. Besonders die Wechsel zwischen lauteren und ruhigeren Episoden der Musik, zusammen mit den Effekten, die durch Lichteinsätze und Projektionen erreicht werden, zaubern eine zarte, träumerische Atmosphäre auf die Bühne. Leider kann diese Atmosphäre während der lauteren Episoden der Musik nicht gehalten werden. Generell wirkt die Inszenierung zwar schön und gut durchdacht aber nicht ganz so kompakt wie die von Thoss. So kommen einem die fast 50 Minuten Aufführungsdauer deutlich länger vor, als sie eigentlich sind.
Insgesamt wird dem Tanztheater-Fan mit „Träumerei“ ein besonderer Abend geboten. Die modernen und stimmigen Elemente hinterlassen einen starken Eindruck und geben ein nachfühlbares Bild vom Leben Schumanns wieder.
Seipelt meint
Wir sind extra aus Dresden angereist um die Premiere von „Träumerei“ zu erleben. Wir waren begeistert von zwei tollen Inszenierungen, die nicht gegensätzlicher sein konnten. Schumanns Leben war sehr bewegt und von Sehnsüchten gequält.Dies wurde aus unserer Sicht sehr gut in „Träumerei“ vertanzt. Insgesamt war es für uns ein sehr gelungener Abend, tolle Tänzer und Musiker und der Weg nach Trier hat sich gelohnt.
Seipelt
Dresden