Am 10. April öffnen das Museum Simeonstift und das Rheinische Landesmuseum Trier ihre Pforten zu einer Ausstellung über das Thema Armut. Am vergangenen Freitag waren wir vorab vor Ort. In drei Stunden standen ein Spaziergang durch die sonnige Stadt, durch Triers geheimnisvolle Museen und durch die spektakuläre Geschichte der Armut auf dem Plan.
Die Fakten vorab: 250 Exponate, davon 160 Leihstücke aus 40 verschiedenen europäischen Museen, warten im Rheinischen Landesmuseum und dem Museum Simeonstift darauf, uns ihre Geschichte zu erzählen. Die Ergebnisse von drei Jahren intensiver Vorbereitung und langjähriger Forschung wird auf 1000 m² präsentiert.
Unter der Schirmherrschaft der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Prof. Dr. Schavan, entstand in Kooperation mit dem Sonderforschungsbereich 600 „Fremdheit und Armut“ (SFB 600) der Universität Trier, der FH Trier und dem Land Rheinland Pfalz eine beeindruckende Ausstellung. Die Aktualität und Brisanz der Armutsfrage zeigte sich in jüngster Zeit an verschiedenen Phänomenen: Die Veränderungen der Parteienlandschaft, der Erfolg von Thilo Sarrazins Deutschland schafft sich ab, die Finanzkrise oder die Armutsrevolten in den arabischen Ländern, sind nur wenige Beispiele für die Aktualität des Themas.
Von Verachtung zur Anerkennung
In der Antike galten die Armen vor allem als Gegenstand des Spottes, sie dienten der Belustigung ihrer Mitmenschen und wurden in kleineren Statuen und Büsten in Kontrast zum damaligen Idealtypus des Menschen gesetzt. Der gesellschaftliche Ausschluss einer minderbegüterten Schicht wurde hier über vermeintliche phänotypische Merkmale hergestellt. Arm war aber auch jeder Mensch, der sich seinen Lebensunterhalt durch Arbeit sichern musste. Der erste Bruch in dieser Darstellung und der Definition von Armut, und somit auch der Umgang mit Armen in der Gesellschaft, fand im Kontext der Christianisierung des Abendlandes statt.
„Eher geht ein Seil durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt“; das Christentum, aber auch die monotheistischen Religionen des Islams und des Judentums, beinhalten den Gedanken der Nächstenliebe und der Armenfürsorge. Der Umgang mit Armen erfährt hier einen ersten Wandel, welcher sowohl religiös bedingt, als auch von gesellschaftlichen Veränderungen geprägt ist. Kontinuitäten hingegen lassen sich im Motiv der selbstverschuldeten Armut erkennen, man denke nur an Diogenes aus der Tonne, oder, das Mittelalter betreffend, an Franz von Assisi oder die Bettelorden. Im Neuhumanismus und ebenso Ende des 19. Jahrhunderts, finden sich erneut Brüche in der Wahrnehmung von Armen. Beispiele hierfür sind die Weberaufstände oder die Verarmung des Proletariats am Ende des 19. Jahrhunderts.
Spätestens hier sollte klar werden, wie ambivalent das Bild und auch die Wahrnehmung von Armen war. Umso bemerkenswerter ist es, dass den Initiatoren der Ausstellung ein Spagat zwischen Antike und Moderne, zwischen Brüchen und Kontinuitäten in der Exklusion und Inklusion von Armen gelungen ist. Allein der Begleitband zur Ausstellung umfasst etwa 450 Seiten und stellt anschaulich die Kontraste dar. Dabei erfolgt die Betrachtung der Armut nicht chronologisch, sondern unter fünf Perspektiven: Dokument, Appell, Ideal, Stigma und Reform. Auch ein lokaler Bezug zur Thematik ist gegeben, denn bedeutende Söhne der Stadt Trier wie Caspar Olevian und Karl Marx thematisierten die Rolle von Armen in der Gesellschaft.
Museum für Jung und Alt
Mit dieser Ausstellung ist den Initiatoren nach der Konstantinausstellung im Jahre 2007 wieder eine interessante Ausstellung gelungen, die nicht nur Geschichts- und Kunstinteressierte in die älteste Stadt Deutschlands lockt. Die mediale Abteilung der FH Trier hat mit einem interaktiven medialen Konzept dafür gesorgt, dass auch jüngere Besucher auf ihre Kosten kommen. In einem abgedunkelten Raum des Landesmuseums hat der Besucher die Möglichkeit, via Bewegungsmelder und Leinwand die Geheimnisse aus der Antike zu erforschen, die ihn besonders interessieren.
Begleitprogramme für jedermann
Das Thema Armut hat auch heute noch eine hohe gesellschaftliche Brisanz. Zur Erschließung der Ausstellung und ihrer Inhalte haben die Initiatoren für die interessierte Öffentlichkeit und für Kinder und Schulklassen von April bis Juli ein vielseitiges Begleitprogramm zusammengestellt. Dazu gehören eine Filmreihe, spannende Vorträge, stimmige Musikprogramme, Führungen, weitere Ausstellungen und auch Lesereihen für Jugendliche.
Wir können euch diese Ausstellung nur empfehlen!
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