Am Strand liegen: schön. Ins Kino gehen: unterhaltsam. ‚Ne Runde schwimmen: sportiv. Aber wohin kann man im Sommer gehen um sich etwas zu bilden? Wo Museen meist so stickig sind. Oder doch nicht?
In einem Freilichtmuseum zum Beispiel ist es gar nicht stickig und trotzdem sehr lehrreich. Vor allem da man das Lebensgefühl ganzer Familien über die Jahrhunderte hinweg am eigenen Leib erfahren kann. Wie etwa im Freilichtmuseum ‚Roscheider Hof‘ in Konz-Roscheid, wo auf einem über 20 Hektar großen Freigelände Häuser und Gehöfte aus verschiedenen Zeiten in liebevoller Kleinarbeit wieder aufgebaut worden sind und nun zur Besichtigung bereit stehen.
Betritt man das Gelände, dass sich in eine malerische Landschaft einfügt, hat man schnell das Gefühl in einer anderen Zeit zu sein. Durch angelegte Gärten bekommen die teilweise mehrere hundert Jahre alten Gebäude einen wohnlichen und lebendigen Charme, sodass man hinter jedem Fenster einen Hunsrücker Bauern in traditioneller Tracht erwartet. Da die Gebäude im Sommer alle betretbar sind (im Winter müssen sie leider geschlossen bleiben und man kann sie nur von außen betrachten) weht einem nicht nur der Geist der Vergangenheit um die Nase. Man kann die Ausstellungsstücke mit allen Sinnen wahrnehmen, so auch mit dem Geruchs- und Hörsinn. So sind alte Holzböden auch vom Klang her etwas anderes als moderne Parkettböden.
Es kommt vor allem auf die Helfer an
„Alle Balken und Steine sind originalgetreu und wurden in Kleinstarbeit von ihrem Ursprungsort demontiert und im Museum wieder zusammengesetzt. Dabei kommt es vor allem auf die Helfer an, wie lange es dauert so ein Haus wieder zusammen zu setzen,“ so Dr. Ulrich Haas, Museumsdirektor des Roscheider Hofs. „Keiner der Steine, aus denen die Wände waren, war so genormt wie wir es heute kennen. Ebenso Balken und andere Hölzer, denn oft passt ein Balken eben nur an genau eine Stelle. Die Suche nach dem passenden Teil kann fast wahnsinnig machen“, erzählt er weiter.
„Deswegen werden Holzhäuser nicht nur mittels Bauzeichnungen und Fotografien festgehalten, sondern jeder Balken mit einer Nummer versehen um sie später wieder genau zuordnen zu können. Bei Steinhäusern gelingt dies nicht so einfach. Die Steine wurden mittels Lehm zusammengehalten, heute kann man sie fast mit einem Schraubenzieher auseinander bauen“, erklärt er etwas schmunzelnd. Deswegen müsse man heute auch etwas „schummeln“ um sie wieder aufbauen zu können. Da kaum einer der heutigen Handwerker noch die alten Methoden beherrscht, zieht man moderne Häuserwände hoch um auf diesen dann die alten Steine anmauern zu können. „Anders geht es eben nicht“, sagt Haas weiter, man könne heute nicht mehr so bauen wie früher. Ein altes Haus abzureißen geht schnell und einfach, trotzdem stehen sie manchmal schon fast dreihundert Jahre lang an einem Fleck und machen Wind und Wetter mit ohne sich davon beeindrucken zu lassen.
Neugierde auf Nachbars Wohnzimmer
Vielleicht ist es gerade das, was die Faszination von Freilichtmuseen erklärt: Man bekommt einen Eindruck davon, wie Menschen vor noch nicht allzu langer Zeit gelebt haben, wie ihre Möglichkeiten waren, zu kochen, zu essen und zu schlafen. Ein bisschen neugierig ist man ja immer auf Nachbars Wohnzimmer. Besonders da wir uns heute kaum noch vorstellen können unter früheren Bedingungen zu leben.
So hatte keines der Häuser fließendes Wasser, geschweige denn eine Toilette im Haus. Etwas das in modernen Häuser schlichtweg undenkbar wäre. Einer der Gründe warum viele alte Häuser leer stehen, vor sich hin verfallen und oft nur noch auf die Abrisskugel warten.
Das Freilichtmuseum ‚Roscheider Hof‘ bekommt ständig neue, alte Häuser angeboten, doch leider sprengen viele schöne Bauten den Rahmen. So bekamen sie erst vor wenigen Wochen ein besonders großes Anwesen angeboten, das bald abgerissen werden soll. Dr. Haas wäre froh, wenn man wenigstens einen Teil der Einrichtung retten könnte, bevor das Anwesen seinem Schicksal überlassen wird.
Als Freilichtmuseum stellt der Roscheider Hof auch ein beliebtes Ausflugsziel für Familien dar. Das direkte Erleben von Vergangenheit bietet Kindern einen besonderen Zugang zur Geschichte. Doch nicht nur für die Kleinen stellt das Sehen-, Riechen- und Hören-Können etwas Besonderes dar, auch für die Großen ist diese Art von Museum im Sommer eine willkommene Abwechslung zur stickigen Museumshallen.
Wer nun Lust bekommen hat, sich den Roscheider Hof einmal anzusehen, aber kein Auto hat um mal eben hinzufahren, der kann auch auf Bahn und Fahrrad umsatteln, denn ein angelegter Radweg zum Museum erleichtert die Hürde des steilen Berges.
Weitere Informationen
Wer sich vorher einmal schlau machen möchte, kann auf die Homepage des Museums zurückgreifen: http://www.roscheiderhof.de/
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