Die zweite Produktion der Spielzeit lief gestern im Studio des Theaters Trier an: „Gut gegen Nordwind“ heißt sie und ist sonst eher als Roman-Bestseller bekannt. 5vier war bei der Premiere mit dabei.
Emmi Rothner will eine Zeitschrift kündigen und das schon zum dritten Mal. Doch der dreiste Verlag antwortet ihr partout nicht auf ihre Kündigungen, was wohl daran liegt, dass Emmi aufgrund einer „e vor i – Schwäche“ die Emailadresse des Verlags falsch eingegeben hat. Ihre Post landete nicht beim Verlag „Like“ sondern bei Leo Leike, seines Zeichens Sprachpsychologe in Beziehungsproblemen. Als seine Freundin sich nach einem missglückten Heiratsantrag von ihm trennt und er sehnsüchtig auf eine doch noch positive Antwort von ihr wartet, kommen ihm Emmis Weihnachtsglückwünsche gerade recht. Zwischen den beiden entwickelt sich ein wortgewaltiges Email-Gefecht, aus dem sich schließlich eine Freundschaft entwickelt, aus der wiederum Liebe wird. Bis beide merken, dass ihre Phantasien voneinander, einer Real-life-Begegnung eventuell nicht standhalten könnten. Soll man sich trotzdem treffen? Ja oder Nein? Und es gibt noch ein viel größeres Problem: Emmi ist seit einigen Jahren glücklich verheiratet und kümmert sich liebevoll um die Kinder ihres Mannes. Sind die Gefühle zu einem virtuellen Mann real genug um eine Ehe aufs Spiel zu setzen?
Journalist Daniel Glattauer schrieb 2006 den Riesenerfolg „Gut gegen Nordwind“, auch die Fortsetzung „Alle sieben Wellen“ war schnell vergriffen. Die Bühnenfassung stammt nun von ihm und Ulrike Zemme. Inszeniert wurde es im Theater Trier von Werner Tritzschler, der ein quirliges, zappliges 90-Minuten-Stück daraus machte. Stellenweise muss man anmerken, dass die schnellen Bewegungen der Schauspieler nicht mehr nur quirlig sind, sondern nervös und etwas zu viel des Guten wirken. Die Worte überschlagen sich und erschweren das akkustische Verständnis der pfiffigen, gewandten Dialoge.
Nichtsdestotrotz geht die (Liebes-) Geschichte der beiden unter die Haut; Zwei die sich begehren und brauchen, aber nicht einmal wissen wie die Haarfarbe des jeweils anderen ist. Die sich unbedingt treffen wollen, in ständiger Angst das Traumbild, dass man sich in monatelangen Gesprächen aufgebaut hat einzureißen. Und dann ist da auch noch der verständnisvolle Ehemann, die entzückenden Kinder und die Bilderbuch-Ehe von Emmi.
Das Bühnenbild gestaltete Susanne Weibler und hielt es kantig, modern und vielseitig. Wenn die Schauspieler darauf klettern und sich immer wieder neue Räume schaffen, erinnert es in den ersten Minuten noch an einen Kinderspielplatz, doch sobald man im Stück versunken ist, erkennt man wie vielseitig und funktional die schwarzen Blöcke sind. Schlagen sie doch eine Brücke zu der Scheinwelt in der sich Emmi und Leo bewegen. Die Kostüme stammen von Carola Vollath und unterstreichen die Wandlungen, die sie durchleben.
Als Emmi sieht man Vanessa Daun, Jan Brunhoeber spielt den Leo Leike, die auf einer Bühne nebeneinander stehen und doch durch zwei Bildschirme voneinander getrennt sind. Wer das Buch nicht kennt, bleibt bis zum letzten Moment gespannt ob sich die zwei Sehnsüchtigen noch kriegen können, ob ihr reales Verlangen nach dem virtuellen Anderen gestillt werden kann, trotz störender Ängste und Ehemänner. Sein Wunsch nach Nähe und ihrer nach Selbsterfüllung, lassen den Zuschauer gebannt dabei zusehen, wie sie sich gegenseitig Liebesschwüre und Beschimpfungen in die Tastatur hämmern. Die Spannung zwischen Zweien, die sich wollen, aber den Schritt vor den Monitor zu treten einfach nicht wagen können, macht betroffen und erwartungsvoll zugleich. Der Zuschauer wird mitgetragen von den Emotionen, die beide durchleben.
Eindrucksvoll bleiben die Stimmungen der Dialoge, die mal frech und distanziert, mal erotisch und liebevoll sind, eben ein genaues Abbild des Innenlebens der Beiden, die ja eigentlich ewig Monolog miteinander führen müssen.
Auch für die Wenigen, die keine Fans des Bestsellers sind, kann sich ein Besuch des Stückes lohnen. Die beiden Schauspieler setzen ihre emotionalen Wünsche und Ängste gekonnt in Szene und schaffen es den Zuschauer in ihren Bann zu ziehen. Da verzeiht man auch, wenn man manches nicht direkt hört und die Bewegungen nervös und zappelig machen, wie ein Sitznachbar, der ständig mit den Beinen wippt. Dieses Stück ist eben „gut gegen Nordwind“.
Wer nun neugierig geworden ist, der findet die Termine und Preise auf der Seite des Theater Trier.
Fotos: Marco Piecuch
Bekannte meint
Hallo, ich finde wenn man eine Kritik schreibt, sollte man bisschen genauer erzählen was passierte auf der Bühne.
,,… Stellenweise muss man anmerken, dass die schnellen Bewegungen der Schauspieler nicht mehr nur quirlig sind, sondern nervös und etwas zu viel des Guten wirken. Die Worte überschlagen sich und erschweren das akkustische Verständnis der pfiffigen, gewandten Dialoge.“ Nervös???…
Ok..heute darf jeder als Kritiker was schreiben.Ob das GUT ist???