Text und Foto: Melanie Koch
Am Mittwoch, 30. April, lud der Trierer Oberbürgermeister Klaus Jensen zu einem öffentlichen Gedenktag gegen den Hexenwahn der Neuzeit in den Lesesaal der Stadtbibliothek Weberbach ein. Nach seiner Eröffnungsrede und Grußworten durch Gunther Franz von der Friedrich-Spee-Gesellschaft hörte das Publikum einen Vortrag von Dr. Rita Voltmer, die für ihre Forschungen bezüglich Hexenverfolgungen in der Neuzeit auch international Anerkennung findet.
Der Lesesaal der Stadtbibliothek Weberbach bot kaum genug Platz für die zahlreichen Gäste, die sich dort eingefunden hatten, um gemeinsam der grausamen Verbrechen der Hexenverfolgungen zu gedenken. Auf Initiative des Trierer Oberbürgermeisters Klaus Jensen hin war dieser öffentliche Gedenktag eingerichtet worden. „Neues Unrecht basiert oft auf vergessenem alten Unrecht“, sagte er in seiner Eröffnungsrede. Vor allem aus diesem Grund sei es so wichtig, das kollektive Vergessen durch eine gemeinsame Erinnerungskultur zu ersetzen und zu kultivieren. Trier zeigte sich in der Neuzeit als wahre Hochburg von Hexenverfolgungen-, prozessen, und -folter. Argumente, wie „Das ist doch viel zu lange her.“, „Was können wir dafür?“ und „Sollten wir vorhandene Ressourcen nicht besser nutzen?“ zählen nicht. Hier wurden Verbrechen an Menschenrecht und -würde begangen. Auch heute leiden zahlreiche Menschen auf der ganzen Welt unter den Wahnvorstellungen ihrer Obrigkeiten. Klaus Jensen sieht einen besonderen Sinn der kollektiven Erinnerung darin, sie einzusetzen und unser Wissen über Unrecht zu Einhalt und Verhinderung neuer Ungerechtigkeiten zu nutzen.
Gunther Franz von der Friedrich-Spee-Gesellschaft stellte den bekannten Jesuiten vor, der zwischen 1633 und 1635 in Trier wirkte und in seiner kurz „Cautio Criminalis“ genannten Schrift Vorbehalte gegenüber der Art der Durchführung von Hexenprozessen äußerte. Er gilt als Vorbild im Kampf gegen die kaum vorstellbaren Qualen der Beschuldigten und argumentierte geschickt und sachlich gegen Folter als Beweismittel und für rechtliche Grundsätze bei Prozessverfahren. Die AG „Hexenprozesse im Trierer Land“, eine im Jahr 1896 errichtete Gedenktafel für Friedrich Spee und eine Ausstellung zu seinem 350. Todestag im Jahr 1985 zeugen von der Erinnerung an ihn. Man setzt sich mit dem Thema auseinander, bestätigt auch Dr. Rita Voltmer. In ihrem Vortrag verdeutlicht sie das Ausmaß der Hexenprozesse speziell im Trierer Land. Viele Tausend Menschen fanden durch sie ihren Tod, sei es durch die Folter, die den Beschuldigten ein Geständnis abringen sollte, durch aufgebrachte Menschenmassen oder den gewählten Freitod. Häufige Erwähnung finden jedoch meist nur wenige prominente Fälle. Die Wissenschaftlerin prangert an, dass es hier keine Hierarchie in der Erinnerung geben darf und dass jedes einzelne Schicksal erinnerungswürdig ist.
Der öffentliche Gedenktag für die Opfer der Hexenverfolgungen im Trierer Land zeigt die Bedeutung der historischen Forschung, die dabei hilft, Schicksale publik zu machen und für Transparenz der Ereignisse zu sorgen. Es liegt in der Verantwortung der Gemeinschaft, Erinnerung zu wahren und das Wissen zum Wohle der Gesellschaft zu nutzen. Im Anschluss an den Vortrag waren alle Gäste zum gemeinsamen Gang zur Friedrich-Spee-Gruft unter der Jesuitenkirche eingeladen. Der Friedrich-Spee-Chor gab davor, passend zum Anlass, eine Auswahl seines Repertoirs zum Besten.
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