Von Benedikt Rupp
Am Freitag Abend muss Eintracht Trier bei den Offenbacher Kickers antreten. Der Verein vom Bieberer Berg musste in den letzten Monaten einige Rückschläge verdauen. Nach dem Ende der letzten Spielzeit entzog der DFB-Lizensierungsausschuss dem OFC die Spielberechtigung für die dritte Liga, was den Zwangsabstieg in die Viertklassigkeit zur Folge hatte. Der Klub meldete Insolvenz an und hat Schulden in Millionenhöhe.
Die Kickers aus Offenbach zählen zu den Traditionsvereinen in Fußball-Deutschland. Seit 1968 spielte die Elf vom Bieberer Berg sieben Runden in der ersten Bundesliga und absolvierte 14 Spielzeiten in der zweithöchsten deutschen Klasse. Nachdem der OFC 2008 in die Drittklassigkeit abfiel, geht es für den hessischen Nachbarn von Frankfurt immer weiter bergab. Seit dieser Saison müssen die Kickers wegen des Zwangsabstiegs nach der vergangenen Spielzeit in der Regionalliga Südwest antreten.
Die Offenbacher um ihren Coach Rico Schmitt mussten – ähnlich wie der MSV Duisburg eine Liga höher – in Rekordzeit eine schlagkräftige Truppe zusammenstellen. Der Kader des OFC umfasst 25 Akteure, von denen 16 neu zum Verein dazustießen. Im Sommer gab es ein regelrechtes Casting von Probespielern, nachdem 19 Kräfte den Klub verlassen hatten. Trainer Schmitt, der schon in der dritten Liga für den OFC an der Seitenlinie stand, blieb hingegen an Bord.
Trotz aller Umstände verlief der Start in die neue Saison besser als viele dachten. Aus den ersten acht Begegnungen holte der ehemalige Bundesligist 16 Punkte (fünf Siege, ein Remis, zwei Niederlagen). Darunter waren Siege gegen die Spitzenteams Mainz 05 II (2:1) und Sonnenhof Großaspach (2:0).
Die Schmitt-Elf schnupperte an einem Relegationsplatz, hatte auf Rang drei liegend nur zwei Zähler Rückstand auf die punktgleichen Spitzenreiter Mainz II und Großaspach. Doch seit dem achten Spieltag geriet die neu zusammengewürfelte Kickers-Mannschaft gehörig ins Wanken. In den letzten sechs Spielen gab es fünf Pleiten und nur ein mageres Unentschieden bei Hessen Kassel.
Offenbach verlor gegen den SVN Zweibrücken (0:2), den FC Homburg (2:3) und bei der zweiten Mannschaft des SC Freiburg mit 0:1. Am vergangenen Wochenende erlebte der DFB-Pokalsieger von 1970 eine Demütigung. Beim Dorfclub Spvgg. Neckarelz verlor das Schmitt-Team mit 1:3 – der Höhepunkt der derzeitigen sportlichen Talfahrt. Der OFC erzielte in den ersten 14 Saisonpartien nur 13 Tore, lediglich der Aufsteiger KSV Baunatal hat bislang weniger Buden erzielt. Zahlen, die die Offenbacher Krise belegen. Der OFC steckt somit momentan sowohl in einer sportlichen als auch in einer finanziellen Krise.
Mehr als 17 Millionen Euro Schuldenlast
Nachdem der DFB-Lizensierungsausschuss den Offenbachern im Juni diesen Jahres die Lizenz für die 3. Liga entzog, stellte OFC-Geschäftsführer David Fischer einen Antrag auf Insolvenz. Der DFB hatte den Kickers die Spielberechtigung verweigert, weil der Verein eine Bedingung im Lizenzierungsverfahren nicht erfüllt hatte. Dabei ging es um eine Finanzierungslücke in Höhe von zwei Millionen Euro.
Im Dezember letzten Jahres gab das damalige Präsidium um Präsident Frank Ruhl an, dass der Verein um 9,1 Millionen Euro verschuldet sei. In den vergangenen neun Monaten ist der Schuldenberg um etwa 80 Prozent angewachsen. Derzeit haben die Kickers rund 17,3 Millionen Euro Rückstand – und es wird immer mehr.
Der Hauptgrund der Finanzmisere ist die neue Arena am Bieberer Berg, das Sparda-Bank-Hessen Stadion. Der Umbau des alten Stadions hat die Offenbacher in eine schwere Krise gestürzt. Von allen Seiten hagelte es Kritik – und das Ausmaß der Verschuldung ist nun katastrophal. Die jährliche Stadionmiete betrug anfangs 525.000 Euro. Diese wurde seitens der Stadt und ihrer Stadionbetreibergesellschaft Bieberer Berg (SBB) bereits auf 200.000 Euro reduziert, damit wenigstens der Etat für die Regionalliga gedeckt werden konnte.
Für die Stadt bedeutet das laufende Insolvenzverfahren also erhebliche finanzielle Einbußen, da sie mit einer Forderung von acht Millionen Euro der wichtigste Gläubiger des Vereins ist. „Ziel bleibt es, das Verfahren in dieser Saison zu beenden“, meinte Insolvenzverwalter Andreas Kleinschmidt. Zudem hat der Bund der Steuerzahler die Verschwendung rund um den Bau und Betrieb des Fußball-Stadions von Offenbach kritisiert. So langsam wird die Lage beim Traditionsverein bedrohlich.
Benjamin Pintol trifft auf ehemaligen Klub
Für die Hessen spielt seit Sommer auch Benjamin Pintol. Am Freitag trifft der Flügelspieler auf seinen ehemaligen Verein Eintracht Trier. Pintol spielte in der Saison 2011/2012 für die Moselstädter und absolvierte neun Begegnungen. Über die Bundesliga-Reserve von Eintracht Frankfurt führte sein Weg nach Offenbach. „Es ist immer etwas Besonderes gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber zu spielen, und dann noch gegen den momentanen Spitzenreiter. Dennoch hoffen wir, am Freitag den Spieß umdrehen zu können und wieder oben anzugreifen“, sagt Pintol und fügt hinzu: „Ich habe viele positive Erinnerungen an Trier und den Verein. Ich war dort zwar nur drei Monate, aber in der Zeit habe ich viele Freunde kennengelernt, zu denen ich auch noch Kontakt habe“.
Vereinsverantwortliche und OFC-Anhänger erwarten von ihrer Mannschaft endlich mal wieder eine Reaktion auf dem Rasen. Denn wenn es so weiter geht, steht man schnell auf einem Abstiegsplatz. Noch hat der Traditionsverein fünf Punkte Vorsprung auf den 14. Tabellenrang, der gleichbedeutend mit dem Abstieg sein kann. Auf diesem rangiert zurzeit die Reserve von 1899 Hoffenheim. Die Offenbacher sollen am besten schon am Freitag gegen Eintracht Trier „Charakter zeigen“, wie es Geschäftsführer Fischer im Vorfeld formulierte.
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