Von Niklas Stilz (Text), Jan Kowalski (Stimmen) und Sebastian Schwarz (Fotos)
VIDEO: Lars Eggers (Kamera, Schnitt) und Benjamin Judith (Interviews)
Es war ein echtes Schicksalspiel. Der Rheinlandpokal ist nicht nur selbst ein interessanter Wettbewerb, er ist vor allem auch der Türöffner für den DFB-Pokal. Neben dem sportlichen Reiz locken hier in erster Linie auch sechsstellige Summen. Geld, das sowohl der SVE, als auch insbesondere die TuS Koblenz gut gebrauchen können. In einer Partie, in der beide Mannschaften fußballerisch nicht viel Glanz verbreiteten, setzte sich der Gast aus Trier am Ende knapp nach Elfmeterschießen durch und steht deshalb nicht unverdient im Halbfinale.
Lange Zeit war es ein Spiel zum Vergessen, dann plötzlich ein Krimi. Über weite Strecken bewegte sich die Partie auf insgesamt mäßigem Niveau, nach der frühen Führung für die TuS dauerte es bis zur 71. Minute, ehe Eintrachts Steven Kröner sein Team wieder ins Spiel brachte. Was dann kam, war Pokal pur. Erst eine nervenaufreibende Verlängerung, dann das Herzschlagfinale im Elfmeterschießen. „Wir haben natürlich heute auch etwas glücklich gewonnen. Aber das interessiert uns jetzt absolut nicht mehr“, urteilte ein sichtlich erleichterter SVE-Coach Jens Kiefer deshalb nach Spielende.
Erste Hälfte zum Vergessen – Lahn belohnt TuS
Mit zwei Veränderungen in der Startelf begann der Gast aus Trier das vorgezogene Endspiel im Rheinlandpokal gegen die „Schängel“ aus Koblenz. Der wiedergenesene Fouad Brighache kehrte auf seine angestamme Position als Linksverteidiger zurück, dessen Vertreter Christoph Buchner übernahm Thomas Konrads Position in der Mitte. Wie von Trainer Kiefer im Vorfeld der Partie angedeutet, vollzog er auch im Tor einen Wechsel. Andreas Lengsfeld rückte für Chris Keilmann zwischen die Pfosten – eine Entscheidung mit Folgen, wie sich später herausstellen sollte.
Viel Kampf, wenig Ästhetik. Das Spiel war über weite Strecken auf einem schwachen fußballerischen Niveau.Das Feuerwerk, das die TuS-Fans zu Beginn der Partie in Form von Begalos und Rauchbomben abfackelten, sollte sich leider nicht auf die Anfangsphase übertragen. „Es war ein echtes Kampfspiel und hat sehr viel Kraft gekostet“, beschrieb Eintracht-Kapitän Fouad Brighache seine Eindrücke nach Spielende. „Viel Kampf, viel Krampf“ war deshalb auch das Motto der ersten 20 Minuten, immer wieder mussten Spieler beider Mannschaften nach intensiven Zweikämpfen behandelt werden. Auf Seiten der Eintracht erwischte es Torge Hollmann, der nach einem Cut über dem Auge kurz behandelt werden musste und zur Pause in der Kabine blieb, bei den Gastgebern forderte Kevin Lahn gleich zwei mal die medizinische Abteilung an. Eben jener Kevin Lahn sorgte dann für das erste Highlight der Partie.
In der 21.Spielminute ging es bei der TuS nach Balleroberung in der eigenen Hälfte schnell, Hadzic spielte den Ball schließlich auf die halblinke Seite zu Kevin Lahn, der mal eben die zu passive Abwehr der Gäste aussteigen ließ und an Andreas Lengsfeld vorbei zum 1:0 einnetzte. Man musste sich zwangsläufig an das Spiel vor zwei Wochen erinnern, als beide Mannschaften am selben Ort bereits in der Regionalliga aufeinandertrafen – die TuS versuchte es wie erwartet immer wieder mit langen Bällen, dem SVE mangelte es so ziemlich an Allem. Vorne fehlte der Spielwitz, hinten die Zuordnung, Hinzu kamen die von Eintracht-Coach Jens Kiefer zuletzt immer wieder bemängelten technischen Fehler.
Wenn auf Seiten der Trierer mal so etwas wie Gefahr aufkam, dann durch Einzelleistungen. Ein Freistoß von Alon Abelski aus zentraler Position landete nach 34 Spielminuten oben auf dem Gehäuse von TuS-Keeper Fabrice Vollborn, in der 43.Minute versuchte es Christoph Anton mit einem Dribbling und konnte erst im Strafraum gestoppt werden. Weil aber das Wörtchen „harmlos“ an dieser Stelle wohl eine Untertreibung für die Schwäche der Trierer Offensivabteilung gewesen wäre, ging das Halbzeitresultat von 1:0 für die Gastgeber vom Deutschen Eck letztlich in Ordnung. Zumal auch die Gastgeber immer mal wieder gefährlich vor den Kasten von Andi Lengsfeld kamen. Der einzige Grund zur Hoffnung für die mitgereisten SVE-Anhänger war wohl der Umstand, dass noch 45 Minuten zu spielen waren.
Kröner mit dem Ausgleich, 1:1 nach 90 Minuten
Auch die ersten Minuten nach dem Pausentee gehörten aber den Gastgebern aus Koblenz, ein Schuss von Julias Durchscherer verfehlte nach 51 Minuten sein Ziel letztlich deutlich. Das Niveau war weiterhin mäßig, auch wenn der SVE jetzt langsam besser in die Partie finden sollte. Mehr als einige harmlose Standardsituation und ein abgeblockter Distanzschuss von Alon Abelski sprangen für die Moselstädter dabei aber nicht heraus und so blieb es vorerst beim 1:0 für die TuS.
Die hatte nach 67 Spielminuten dann die Chance zur Vorentscheidung. Nach einem kapitalen Abwehrfehler der Eintracht war Koblenz-Stürmer Patrick Stumpf plötzlich allein auf weiter Flur und steuerte auf den Kasten von Andreas Lengsfeld zu. Weil er es im Abschluss dann aber ein bisschen zu genau machen wollte und das Leder rechts am Tor vorbeischlenzte, blieb es bei der knappen Führung für die Gastgeber. TuS-Coach Evangelos Nessos sollte die Szene nach Spielende als „Wendepunkt“ bezeichnen.
Nur vier Minuten nach der Koblenzer Großchance behauptete dann Alon Abelski den Ball im Zentrum gegen zwei Abwehrspieler der TuS, legte das Leder ab und der bis dahin schwache Steven Kröner drosch die Kugel aus 25 Metern perfekt ins linke Eck des Gehäuses von Fabrice Vollborn – keine Chance für den Schlussmann, der sich vergeblich streckte. Ein tolles Tor, mit dem zu diesem Zeitpunkt nur bedingt zu rechnen war. Die Kicker des SVE schienen sich in den zehn Minuten nach dem Ausgleich plötzlich dezent ihrer bekannten Stärken zu erinnern und hatten nach toller Kombination von Lushtaku und Abelski in der 75. Minute die Gelegenheit zur Führung. Die Hereingabe des kleinen Spielmachers war aber das Quäntchen zu lang für den aufgerückten Matthias Cuntz.
Danach verflachte die Begegnung wieder ein bisschen, die zwei besten Chancen auf den Sieg vergaben die Koblenzer Hadzic und Saito aber knapp zehn Minuten vor dem Ende. Weil danach keine Mannschaft bereit war, das entscheidende Risiko zu gehen, blieb es nach 90 Minuten beim 1:1. Das bedeutet im Pokal bekanntermaßen nur eines: Verlängerung.
Großchancen im Minutentakt – Elfmeterschießen bestimmt Sieger
Ein „überglücklicher“ Christoph Anton bejubelt den Einzug ins HalbfinaleWas als chancenarmer Durchschnittskick begann, entwickelte sich mit zunehmender Spielzeit immer mehr zu absoluten Pokal-Krimi. Beide Mannschaften agierten jetzt mit vollem Risiko. Die Gastgeber waren stehend K.O., erwehrten sich tapfer der zahlreichen Trierer Angriffe und sorgten immer wieder selber für Gefahr vor dem gegnerischen Tor. Trotzdem spielte hier jetzt fast ausschließlich der Gast mit der Porta Nigra auf der Brust. Immer wieder scheiterte die Eintracht dabei auch an den eigenen Unkonzentriertheiten, wie in der 111. Minute, als Abelski, Comvalius und Anton eine drei gegen eins Situation nicht zum Siegtreffer nutzen konnten. Nur drei Minuten später hatte Kushtrim Lushtaku erneut die Riesenchance, marschierte rechts in den Strafraum und schoss den Ball auf die lange Ecke. Dort zischte das Leder hauchdünn am Pfosten vorbei, der mitgelaufene Abelski grätschte ins Leere. Weil keine der zahlreichen Möglichkeiten letztlich den Weg ins Tor fand, musste das ungeliebte Elfmeterschießen herhalten.
Dort avancierte dann ausgerechnet Torhüter Andreas Lengsfeld bei seinem ersten Rückrundeneinsatz zum großen Elfmeter-Held. Während alle Trierer Schützen (Comvalius, Kuduzovic, Lushtaku, Brighache und Abelski) trafen und Lengsfeld gleichzeitig den Versuch von TuS-Verteidiger Andre Marx aus dem Eck fischte, ging der SVE schließlich unter großem Jubel der mitgereisten Anhänger als Sieger vom Platz. „Das ist ein überragendes Gefühl, ich bin wirklich überglücklich. Es ging rauf und runter und ich bin froh, dass wir das Spiel mit toller Kampfleistung gewonnen haben“, freute sich Wirbelwind Christoph Anton nach Spielende. Wer hier nicht kurz vor dem Herzinfakt gewesen ist, ist kein Fußballfan!
Das Video zum Spiel
Stimmen (Jens Kiefer, Andreas Lengsfeld und Steven Kröner) und die wichtigsten Szenen aus dem Spiel:
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TuS Koblenz 4:6 (n.E.) SV Eintracht Trier 05
Tore: 1:0 Lahn (21.), 1:1 Kröner (71.)
Zuschauer: 1978
Eintracht Trier: Lengsfeld – Bender, Hollmann (46.Konrad), Buchner, Brighache – Cuntz (120. Kuduzovic), Kröner – Quotschalla (67.Lushtaku), Anton – Abelski, Comvalius
TuS Koblenz: Vollborn – Bartsch, Softic, Marx, Gentner – Saito, Stahl – Duchscherer (69. Arslan), Hadzic (96. Ferfelis), Lahn (90. Sözen) – Stumpf
Schiedsrichter: Florian Fochs
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