Aus Trier berichten Florian Schlecht (Text) und Anna Lena Grasmück (Fotos)
Was für ein Handballfest in Trier. Mit 26:18 bezwang die deutsche Nationalmannschaft Ungarn in der Arena vor 2017 Zuschauern. Auch Heiner Brand saß im Publikum – und sah starke Ex-Miezen im DHB-Dress.
„Ich weiß schon gar nicht mehr, wie mein Name geschrieben wird“, lachte Anja Althaus, als ihr die nächsten Kinder Stifte und Blöcke entgegen streckten. Ganz geduldig erfüllte die 29-Jährige jeden Autogrammwunsch, küsste alte Bekannte auf die Wange und „strahlte wie ein Honigkuchenpferd“. Diese Rückkehr nach Trier war für die Handball-Nationalspielerin wie Heiligabend, wenn der Weihnachtsmann alle Hoffnungen des Wunschzettels erfüllt hat. Mit 26:18 (13:9) bezwang Deutschland an einem wahren Festtag in der Arena die Ungarn in der EM-Qualifikation und benötigt nur noch einen einzigen Zähler, um den Sprung zur Europameisterschaft in den Niederlanden im Dezember zu schaffen. „Es macht mir immer Spaß, in der alten Heimat zu spielen, wo für mich alles angefangen hat“, strahlte Althaus, die von 2000 bis 2007 bei den Miezen spielte und viele Komplimente an die 2017 Zuschauer in der Halle verteilte. „Es ist einfach cool, vor dem Publikum zu spielen. Schade, dass die 60 Minuten schon vorbei sind.“
Heiner Brand saß im Publikum
Doch die Stunde Handball, die begeisterte Althaus, weil ihre Mannschaft nach der 23:25-Hinspielniederlage in Ungarn am Donnerstag von Beginn an auf das Tempo drückte, um den direkten Vergleich zu gewinnen. Dabei trat mit Laura Steinbach die nächste Ex-Spielerin aus Trier ins Rampenlicht, mit acht Treffern war sie die beste Schützin des Tages. „Wer die Tore erzielt, spielt keine Rolle. Wir haben eine tolle Stimmung unter den Mädels, hier vor einer Riesen-Atmospäre ein tolles Spiel gemacht.“ Das sah auch Heiner Brand so, der wohl der prominenteste Gast im Publikum war. Der ehemalige Nationaltrainer der Herren saß im Block C, Oberrang, Reihe 4, Sitz 12. Er guckte sich entspannt das Spiel an und schwelgte in Erinnerungen. Im Juli 2011 wurde er in Trier gefeiert, weil er dort mit dem 32:22-Erfolg gegen Lettland die Qualifikation zur EM schaffte und zugleich nach 5272 Tagen im Amt verabschiedet wurde. „Daran denke ich gerne zurück“, lächelte der „Mann mit dem Schnauzer“ milde auf der Tribüne, wo er in seiner Funktion als Manager saß. In Sachen Handball sei er „immer noch sieben Tage in der Woche unterwegs“. Die Leistung der Damen bestätigte sein Ausflugsziel schon in der Halbzeitpause. „Die Abwehrleistung gefällt mir, daher liegt die Mannschaft zurecht vorne.“
„Wir haben geackert wie die Tiere“
Das bestätigte auch Anja Althaus, die nach jedem gewonnenen Ball in der Defensive die Arme in die Lüfte riss. „Wir haben diszipliniert gespielt und geackert wie Tiere“, schwärmte sie. Dazu überzeugte Friederike Lütz (Buxtehude), die nach dem Kreuzbandriss von Kapitänin Isabell Klein erst am Freitag in den Kader gerückt war. Als Deutschland in der Anfangsphase mit 2:3 im Hintertreffen lag, nutzte die Außenspielerin ihre Chance und erzielte mit Dynamik alle Tore zur 6:3-Führung. „Meistens überraschen die Spielerinnen am meisten, die nachnominiert werden“, wusste Brand. Und auch für das lokale Glück der Fans war danach gesorgt, als Laura Steinbach per Doppelpack und Anja Althaus auf 9:3 erhöhten (17.). Die einzige Schwächephase der Partie, in der Ungarn wieder auf 9:8 verkürzte (23.), verkraftete die deutsche Mannschaft, weil Steinbach in den brenzligen Momenten die Nerven bewahrte und traf. Und weil Torhüterin Katja Schülke einen glänzenden Tag erwischte.
Über 16:11, 19:12 und 21:13 zeigte sich das Nationalteam bis zum Ende hungrig und wurde von den Fans gefeiert. Ein Punkt muss nun noch in den ausbleibenden Spielen in Weißrussland und gegen Aserbaidschan eingefahren werden, um die Tickets für die EM buchen zu können. Bundestrainer Heine Jensen nahm das mit Erleichterung auf. Das desaströse WM-Abschneiden 2011 mit Platz 17 in Brasilien, „wir haben uns danach gut gesammelt und bieten eine tolle Mannschaft auf“, strahlte er, ehe er im Jubelkreis verschwand, der von den Mikrofonen und Kameras des ungarischen Fernsehens aufgefangen wurde, die das Länderspiel live in ihre Heimat übertrugen. Anja Althaus war derweil damit beschäftigt, „die tolle Stimmung weiter aufzufangen, das war einfach toll in Trier“, lachte sie und arbeitete weiter fleißig auf einen Schreibkrampf hin. Heiner Brand, der „Mann mit dem Schnauzer“, war da schon genüsslich lächelnd in Richtung VIP-Raum verschwunden.
Statistik
Deutschland – Ungarn 26:18 (13:9)
Tore für Deutschland: Steinbach (8), Lütz (7), Melbeck (4), Althaus (3), Birke (2), Schulze (1), Geschke (1).
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