Von Florian Schlecht
Der Meistertrainer ist gegangen, der Stamm des Kaders geblieben: Hessen Kassel peilt nach dem Titelgewinn der vergangenen Saison erneut die Relegationsplätze an. Unter den Regionalliga-Trainern ist der Traditionsverein schon jetzt der Topfavorit. Samstag startet Kassel mit einem Auswärtsspiel bei Eintracht Trier (14 Uhr) in die neue Serie.
Mit einer Träne im Knopfloch werden die Fans von Hessen Kassel in der Vorwoche den Start in die 3. Liga verfolgt haben. Besonders das 0:0 der SV Elversberg beim SV Darmstadt 98 war über 90 Minuten ein Sinnbild der himmelschreienden Ungerechtigkeit, über die sich die Anhänger in der Regionalliga so massiv aufregen. Darmstadt war sportlicher Absteiger – und hat es nur dem Lizenzentzug von Kickers Offenbach zu verdanken, dass es sich in der neuen Saison nicht mit Pfullendorf, Zweibrücken oder Neckarelz messen muss. Elversberg hingegen war lediglich Zweiter in der Südwest-Staffel und schaffte gegen Bayern-Meister 1860 München II den Aufstieg.
Dem Titelträger blieb die Versetzung dagegen verwehrt. Hessen Kassel scheiterte in der Relegation an Holstein Kiel – und muss mit dem Auftakt bei Eintracht Trier am Samstag (14 Uhr) einen neuen Anlauf zur 3. Liga nehmen. „Wir wollen wieder in den oberen Tabellenregionen einlaufen. Aber es ist nach wie vor schwer, aus der Klasse rauszukommen“, betont Trainer Jörn Großkopf.
Was besonders die Bürde bedeutet, als amtierender Meister zu starten, zeigte sich wenige Tage vor dem Start schon in einer DFB-Umfrage. 14 Regionalliga-Trainer nannten Kassel als einen der heißesten Anwärter auf einen der beiden Relegationsplätze. Ein Spitzenwert, der Großkopf aber nicht schert. „Ich spüre keinen Druck und kann das einordnen. Es ist mir völlig egal, was die anderen Trainer sagen. Wir müssen erst einmal sehen, dass wir gut in die Saison starten.“
Neuer Trainer setzt auf die Jugend
Der Wechsel auf der Trainerbank ist die größte Überraschung in Kassel. Der Vertrag von Meistercoach Uwe Wolf wurde nicht verlängert. Zwar arbeitete der ehemalige Bundesligaprofi des 1. FC Nürnberg erfolgreich, war auf dem besten Weg, den Traditionsverein knapp 17 Jahre nach dem Konkurs und Neuanfang in der Kreisliga A wieder in den Profifußball zurückzuführen. Doch zugleich war der ehrgeizige Wolf nicht unumstritten. Im Frühjahr legte er Aufsichtsratsmitgliedern in einem Zeitungsinterview mal nahe, über einen Rücktritt nachzudenken.
Nachfolger Großkopf kam dagegen als waschechter Hamburger nach Kassel. Der 46-Jährige, der als Trainer bislang ausschließlich im Nachwuchsbereich des FC St. Pauli gearbeitet hat, soll seine Erfahrungen auch für das Jugendkonzept des Vereins einbringen. Das Gesicht des Kaders ist so eine Spur jünger geworden. Mit Nico Hammann (1. FC Magdeburg), Ricky Pinheiro und Sebastian Gundelach (beide Ziel unbekannt) verließen drei wichtige Spieler den amtierenden Meister. Dafür kamen durch die Bank junge Talente. „Das heißt aber nicht, dass sich die Qualität verschlechtert hat“, legt Großkopf jede Menge Wert auf das Potenzial der Neuzugänge.
Pleiten gegen Trier? „Es muss Reiz genug sein, das zu ändern“
So stand Mittelfeldspieler Marcel Andrijanic (20) bereits im Profikader des FC St. Pauli, Maximilian Sauer (19) feierte vor wenigen Wochen die Deutsche Meisterschaft mit den A-Junioren des VfL Wolfsburg, und Florian Nagel (21) hat bereits 47 Einsätze in der 3. Liga für Werder Bremen II absolviert. „Die Jungs haben allesamt eine sehr, sehr gute Ausbildung genossen und sind noch lange nicht fertig entwickelt“, so der Trainer.
Die Generalprobe vor dem Liga-Auftakt ging gegen den West-Regionalligisten Essen mit 1:2 verloren. In Trier rechnet der Trainer auch mit einem harten Brocken. „Sie haben eine gute Mannschaft. Ich weiß aber, wie sie spielen und habe mich aus vielen verschiedenen Quellen informiert.“ Motivieren will Großkopf seine Spieler damit, dass die in der vergangenen Saison aber aus beiden Spielen gegen die Eintracht (0:2, 0:1) keinen Punkt einfuhren. „Es muss Reiz genug sein, das zu ändern.“
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+++Regionalliga in Kürze+++
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Kassel, Worms und Großaspach die Topfavoriten – Nach einer DFB-Umfrage vor dem Saisonstart gilt Hessen Kassel als klarer Topfavorit auf einen der ersten beiden Plätze. Von den 19 befragten Trainern der Regionalliga Südwest gaben ganze 14 Kassel als Anwärter an. Dahinter folgten Wormatia Worms und Sonnenhof Großaspach mit je zehn Stimmen. Gute Chancen wurden auch Eintracht Trier (8), Waldhof Mannheim (7), dem FC Homburg und Kickers Offenbach (je 6) eingeräumt.
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