Eine erlesene Schauspielerschar, ein Regisseur, der seit seinem ersten Großwerk als Wunderkind gilt, sowie ein völlig wahnsinniger Plot: Viel konnte eigentlich nicht schiefgehen bei „7 Psychos“, der seit gestern auch in den Trierer Kinos zu sehen ist. Andreas Gniffke hat sich ins Trierer Cinemaxx gewagt und kehrte mit offenem Mund und vielen merkwürdigen Bildern in seinem Kopf zurück.
Zwei Killer stehen auf einer Brücke und tauschen sich angeregt über die Art und Weise aus, wie sie ihr nächstes Opfer möglichst kunstvoll erledigen könnten. In ihrem ausführlichen Dialog entgeht ihnen allerdings der maskierte, bewaffnete Mann im Hintergrund, der die beiden kurzerhand erschießt und mit einer Spielkarte neben den Leichen zurücklässt. Es ist ein Killer mit Prinzipien, dem sie hier begegnet sind, es ist der sogenannte Serienkiller-Killer, der nur Schwerverbrecher tötet. So lernen wir Psycho Nummer 1 gleich zu Beginn des Films kennen und es ist sofort klar, was den Zuschauer in den kommenden knapp zwei Stunden erwartet.
Von Schreibblockaden und Dognappern
Der Druck für Regisseur und Autor Martin McDonagh war nicht unerheblich, denn die Latte lag nach seinem Sensationserfolg „Brügge sehen… und sterben“ aus dem Jahr 2008 sehr hoch. Die tragische Geschichte zweier Profikiller, die im pittoresken Brügge auf ihren nächsten Auftrag warten, gilt völlig zurecht als Kultfilm, der Genregrenzen neu definierte und mit geschliffenen Dialogen und ausufernder Gewalt Humor und Dramatik perfekt verband.
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Es dürfte daher kein Zufall sein, dass die Hauptfigur von McDonaghs neuem Film ein Drehbuchautor mit Schreibblockade ist. Marty (Colin Farrell) hat bislang wenig mehr als den Titel seines neuen Werks auf dem Papier. „7 Psychopaths“ soll er heißen und eben diese sieben Wahnsinnigen zum Thema haben. Allerdings schwebt ihm eine alternative Vorgangsweise vor, denn Gewalt soll nur eine Nebenrolle spielen. So pflegt Marty ausführlich sein Alkoholproblem und wartet auf Inspiration, wobei ihm sein Kumpel Billy (Sam Rockwell) unter die Arme greift, ein erfolgloser Schauspieler, der sich mittlerweile auf das Dognapping Business konzentriert. Zusammen mit seinem Partner Hans (Christopher Walken) entführt Billy Hunde, um sie nach einigen Tagen an die Besitzer zurückzugeben und die Belohnung zu kassieren. Ein todsicheres Geschäft, bis sie Bonny entführen, den heißgeliebten Shih-Tzu von Gangsterboss Charlie (Woody Harrelson), dem einzigen Wesen, dem dieser so etwas wie Liebe entgegenbringen kann. Damit beginnt ein atemloser Parforceritt, der die Männer schließlich zu einem überraschenden Showdown in die Wüste führt.
Die Creme de la Creme des Wahnsinns
Neben den absurd-komischen Dialogen und der ausufernden Gewalt sind es vor allem die phantastischen Schauspieler, die „7 Psychos“ zu etwas Besonderem machen. Colin Farrell, schon in Donaghs „Brügge sehen… und sterben“ mit einer herausragenden Leistung, spielt den versoffenen Autor, dessen Leben zusehends und ohne eigenes Verschulden immer mehr in einen verzweifelten Alptraum aus Gewalt und Irrsinn abdriftet. Woody Harrelson spielt den durchgeknallten Gangster gewohnt irre und Christopher Walken glänzt als alternder Vorzeigechrist mit düsterer Vergangenheit. Bis in die letzte Nebenrolle ist der Film herausragend besetzt und auch Sänger Tom Waits glänzt in einem seiner seltenen Kinoauftritte als Psychopath Zachariah, der mit wahnsinnigem Blick ständig ein weißes Kaninchen auf dem Arm hält und Marty um Hilfe bei der Vergangenheitsbewältigung bittet. Ausgereifte Frauenrollen sucht man dagegen vergebens, was Billy und Hans bereits in Martys Drehbuch bemängeln. Kaum einer Figur sind mehr als eine Handvoll Sätze gegönnt und in der Regel endet der Auftritt recht bald im Kugelhagel. Ironie pur und gerade diese Metaebene zwischen dem realen Film und Martys Drehbuch ist ein gelungener Kunstgriff, ohne den Film gleich zu verkopft erscheinen zu lassen.
The First Cut is the Deepest, aber nicht immer…
WARNUNG: Wer eine Gangsterkomödie mit der ein oder anderen Schießerei und derben Dialogen erwartet, dürfte böse überrascht werden. Wenn am Ende der traurige Cat Stevens-Klassiker „The First Cut is the Deepest“ zum Abspann erklingt, hat der Zuschauer eine Vielzahl dieser Schnitte sehr buchstäblich miterlebt. Es wird erschossen, geköpft, gestorben, Kehlen werden aufgeschlitzt und Menschen verbrannt. Da war die FSK mit ihrer Bewertung ‚ab 16‘ durchaus großzügig, was sicherlich an der ironischen Unterfütterung der ausufernden Gewalt liegt, die hier nicht stumpf und plakativ im Mittelpunkt steht, sondern eine gewisse Distanz mitbringt. Dennoch ist „7 Psychos“ für zarte Gemüter sicher nicht zu empfehlen, allen anderen sei der Film wärmstens ans Herz gelegt!
„7 Psychos“ läuft in Trier in Cinemaxx und Broadway!
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