Spät im Kinojahr bietet Regisseur Ang Lee mit „Life of Pi: Schiffbruch mit Tiger“ noch ein Filmjuwel. Erzählt wird in wundervollen Bildern die phantastische Geschichte eines jungen Schiffbrüchigen, der mit einem wilden Tiger auf dem Ozean treibt und auf Rettung hofft. Andreas Gniffke hat sich den Film im CinemaxX angesehen.
Ang Lee in eine Schublade einzuordnen fällt schwer, hat er doch beispielsweise mit „Hulk“, dem Meisterwerk „Tiger and Dragon“ oder „Brokeback Mountain“ Filme erschaffen, die als Gesamtwerk alle Genregrenzen sprengen. Mit „Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger“ ist es ihm nun gelungen, den als unverfilmbar geltenden Bestseller von Yann Martell auf die Leinwand zu bannen und dabei ein philosophisches und visuelles Meisterwerk zu erschaffen.
Der junge Pi Patel wächst als Sohn eines Zoobesitzers in Indien auf. Schon in jungen Jahren beginnt er sich durch die kosmopolitische Zusammensetzung seiner Heimatstadt mit den verschiedensten Religionen auseinanderzusetzen und ist nebeneinander dem Hinduismus, dem Islam und dem Christentum verbunden. Als sich die politischen Gegebenheiten ändern, beschließt Pis Vater mitsamt seiner Familie und den Zootieren nach Kanada überzusiedeln, doch auf dem Meer passiert die Katastrophe. In einem schweren Sturm sinkt das Schiff und Pi findet sich schließlich auf einem kleinen Rettungsboot inmitten des Ozeans wieder. An Bord befinden sich außer ihm nur noch ein verwundetes Zebra, ein Affe, eine Hyäne sowie Richard Parker. Letzterer ist ein ausgewachsener bengalischer Tiger und schnell setzt sich auf dem kleinen Boot Darwinismus in Reinkultur durch, bis nur noch Pi und Richard Parker übrig bleiben. Pi hat sich auf ein kleines Floß zurückgezogen und treibt durch ein Seil mit dem Boot verbunden zahllose Tage über das Meer und die schwierige Beziehung zwischen ihm und dem Tiger beginnt sich zu verändern.
Viele stellten es sich als ein Ding der Unmöglichkeit vor, den komplexen Roman Yann Martels auf die Leinwand zu übertragen, strotz er doch vor religiösen Exkursen und einer immensen philosophischen Tiefe. Zu allem Überfluss spielt sich ein Großteil der Handlung auf einer Nussschale im Ozean ab, was naturgemäß nur wenig Stoff für ein actionverwöhntes Publikum bietet. Doch Ang Lee gelingt es tatsächlich, aus dem Roman einen kraftvollen und spannenden Film zu erschaffen. Zwar nimmt die Auseinandersetzung Pis mit den unterschiedlichen Religionen weit weniger Raum ein als noch im Buch, doch es gelingt „Schiffbruch mit Tiger“ zu jeder Sekunde, den Zuschauer auf der einen Seite zu bannen, auf der anderen Seite aber auch zum Nachdenken über existenzielle Fragen des Lebens anzuregen.
Unterstützt wird dies durch eine grandiose Bildsprache. Die häufig lediglich als Effektmaschine eingesetzte 3D-Technologie erschafft hier Bilder von einer intensiven mystischen Kraft, die so noch nie auf einer Leinwand zu sehen waren und die an ihren besten Stellen zutiefst berühren. Fluoreszierende Quallen bilden in der Nacht ein Lichtermeer und ein Wal springt in all seiner Grazie über das Boot. Die Urgewalt des Tigers drückt den Zuschauer förmlich in den Sitz zurück. Aber auch die Präsenz von Suraj Sharma ist beeindruckend. In seinem Debüt bietet der Darsteller des jungen Pi eine beeindruckende Leistung und das Zusammenspiel mit Richard Parker ist grandios. Der Tiger ist der eigentliche „Star“ des Films. Komplett am Computer animiert, wirkt er bis in die einzeln programmierten Schnurrhaare realistisch und verkörpert trotz aller vorsichtigen Annäherung zu Pi bis zuletzt das gefährliche Raubtier in all seiner Größe und Pracht.
„Das muss man erst einmal sacken lassen“, sagt gegen Ende des Films ein junger Schriftsteller, der gekommen ist, um die unglaubliche Geschichte des mittlerweile gealterten Pi aufzuzeichnen. Und so geht es auch dem Zuschauer, denn „Life of Pi“ ist kein Film zum Anschauen und Vergessen, denn die aufgeworfenen Fragen werden jeden Zuschauer noch lange Zeit beschäftigen. Unbedingt ansehen!!!
„Life of Pi: Schiffbruch mit Tiger“ läuft im Trier CinemaxX in 2D und 3D sowie im Broadway in 2D!
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