Mit Paddington kommt nun erstmals der Kinderbuchklassiker von Michael Bond auf die große Leinwand. Die Geschichte eines kleinen Bären, der sich fern der Heimat in London durchschlagen muss, berührt seit 1958 die Herzen der Leser und nun auch der Kinobesucher. Andreas Gniffke hat sich den liebevoll gestalteten Familienfilm in Trierer CinemaxX angesehen (läuft außerdem im Broadway).
Ein Erdbeben im dunkelsten Peru verändert das Leben eines kleinen Bären nachhaltig. Seine Heimat im Dschungel, in der er mit Onkel und Tante lebte, ist zerstört, sein Onkel tot. Seine Tante erinnert sich an den Besuch eines englischen Forschers vor vielen Jahren, der den Bären die englische Lebensart näherbrachte und der ihnen versprach, dass sie in London immer mit offenen Armen empfangen werden würden. Als blinder Passagier und ausgestattet mit vielen Gläsern seiner geliebten Orangenmarmelade, reist der Bär an Bord eines Frachters nach London und strandet schließlich an der Paddington Station. Doch von der englischen Höflichkeit oder gar Gastfreundschaft ist nicht viel zu spüren. Der Bär mit rotem Hut wird in den Pendlerströmen hin und her geschubst, niemand kümmert sich trotz seiner guten Manieren um den Einwanderer. Bis die vierköpfige Familie Brown auf ihn aufmerksam wird. Mutter Mary (Sally Hawkins, Submarine, Happy-Go-Lucky) nimmt sich gegen die Vorbehalte vor allem ihres Mannes (Hugh Bonneville, Downton Abbey) des nach seinem Fundort Paddington genannten Bären an. Zunächst nur für eine Nacht, die Paddington nutzt, maximales Chaos in der Wohnung der Browns zu verursachen. Mary und Paddington machen sich schließlich auf die Suche nach dem unbekannten Forscher, um dem Bären eine neues Zuhause zu verschaffen. Doch Paddington wird mehr und mehr zu einem echten Familienmitglied, auch wenn er große Schwierigkeiten hat, sich in der neuen Welt zurechtzufinden. Und zu allem Überfluss macht die Leiterin des Naturkundemuseums (Nicole Kidman) unerbittlich Jagd auf die seltene Kreatur.
Paddington ist ein Familienfilm im allerbesten Sinne. Viele erinnern sich gerne an die wundervollen Kinderbücher von Michael Bond (der im Film auch einen Cameoauftritt hat), für alle Neulinge bietet der Film einen knuddeligen Helden, viel Humor und liebevoll gestaltete Details. Technisch ist der Film auf dem neuesten Stand. Paddington ist fantastisch animiert, ähnelt aber dennoch eher einem Stofftier als einem echten Bären, was vor allem die jüngeren Besucher lieben dürften. Mimik und Bewegungen sind toll umgesetzt und so kann der mal traurige, mal überdrehte Bär die ganze Palette an Emotionen abrufen. Doch Regisseur Paul King verlässt sich nicht allein auf seinen Helden. Die Familie mit all ihren internen Konflikten bietet eine interessante zweite Erzählebene. Wundervoll umgesetzt ist dies vor allem immer dann, wenn das Geschehen in den verschiedenen Zimmern in Form eines belebten Puppenhauses dargestellt wird. Auch das Archiv der Geographischen Gilde strotzt nur so vor Details und überbordendem Ideenreichtum, hier hat man sich visuell mal richtig Mühe gegeben.
Gute Schauspieler, neben den bereits genannten unter anderem Peter Capaldi (Dr. Who) als verschrobener Nachbar oder Jim Broadbent (Harry Potter, Oscar für Iris) als nicht minder merkwürdiger Antiquar mit einem bis in den letzten Winkel vollgestopften Laden, runden das Bild ab und heben Paddington deutlich aus der Kinderfilm-Massenware heraus. Wenn man will, kann man den Film sogar als Statement zur aktuell nicht nur in Großbritannien erbittert diskutierten Einwanderungsdebatte sehen, für Fremde sind es nicht nur in Großbritannien derzeit frostige Zeiten. Doch Paddington ist vor allem beste Unterhaltung, und wenn man in der stressigen Vorweihnachtszeit mit der ganzen Familie einen entspannten Abend verbringen will, ist ein Besuch im Kino der Wahl eine hervorragende Möglichkeit.
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