Die mit Tradition überladenen Clubs der englischen Eliteuniversitäten sind berühmt und nicht minder berüchtigt. Die Kaderschmieden der Upperclass sind für die Söhne des alten und neuen Adels noch immer Sprungbretter in eine strahlende Karriere, wie man beispielsweise am amtierenden britischen Premier Cameron sieht. „The Riot Club“ wirft einen bitterbösen Blick hinter die Fassade dieser (fast) geschlossenen Gesellschaften. Andreas Gniffke hat sich den Film im Trierer Broadway angesehen.
Premierminister David Cameron tat sich etwas schwer, das Foto zu kommentieren, das ihn inmitten einer zehnköpfigen Studentengruppierung zeigt – allesamt im Frack. Seine Erklärung von jugendlichem Leichtsinn, den er selbstverständlich bereue, wirkte eher halbherzig. Die Gruppe auf dem Foto war der berühmte Bullingdon Club an der Universität von Oxford, dem neben Cameron zu dieser Zeit auch der nie um einen bizarren Auftritt verlegene Bürgermeister von London Alexander Boris de Pfeffel Johnson und Camerons heutiger Schatzkanzler George Osborne angehörten. Der Club bietet die Blaupause für „The Riot Club“ der dänischen Regisseurin Lone Scherfig (An Education), die das Theaterstück „Posh“ von Laure Wade fürs Kino adaptierte.
Zu Beginn eines neuen Studienjahres strömen die Söhne und Töchter der vornehmen, oftmals adligen Gesellschaft aus der ganzen Welt nach Oxford und beginnen erste Kontakte zu den neuen Kommilitonen und natürlich auch dem anderen Geschlecht zu knüpfen. Alistair (Sam Claflin, Die Tribute von Panem – Catching Fire) und Miles (Max Irons, The White Queen) sind zwei dieser Neuankömmlinge. Beide aus bestem Hause, doch ansonsten sehr unterschiedlich. Miles legt im Gegensatz zu seinem Mitstudenten wenig Wert auf seine Herkunft und verliebt sich schnell in seine reizende, aber bürgerliche Kommilitonin Lauren (Holliday Grainger). Alistair und Miles fühlen sich geschmeichelt, als sie in den konspirativen Riot Club aufgenommen werden sollen, ein elitärer, zehnköpfiger Männerbund mit langer Tradition. Der Name geht zwar auf den Gründer zurück, ist dabei aber auch Programm, wie die beiden Anwärter schon bei den ekelhaften Aufnahmeritualen erfahren müssen. Doch diese sind nur ein Vorgeschmack, denn das jährliche Dinner steht auf dem Programm, bei dem es die Tradition geradezu verlangt, bis an die Grenzen und darüber hinaus zu gehen. Nicht umsonst werden noch vor dem ersten Drink die Kotztüten verteilt. Doch diesmal eskaliert das Dinner, die Clubmitglieder überschreiten alle Grenzen und es muss sich zeigen, wie unantastbar und verschworen das Netz des Bundes ist.
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„The Riot Club“ ist ein anstrengender Film. Die Welt der elitären Gemeinschaft wirkt fremd und die Ansichten der jungen Schnösel werden von Mal zu Mal, von Glas zu Glas unerträglicher. Arroganz ohne Substanz, Papis Scheckbuch und die eigene, edle und adlige Herkunft werden die vorbestimmte Zukunft schon richten. Der Film dreht langsam und unbarmherzig an der emotionalen Schraube. Das Verhalten der Männer wird verstärkt durch Drogen und Alkohol immer extremer. Man ahnt schnell, dass dies in einer Katastrophe enden muss. Der junge Miles wird als Sympathieträger eingeführt, eine moralische Instanz im Sumpf der Dekadenz. Doch der Eindruck trügt und die Hoffnung des Zuschauers wird schnell enttäuscht. Miles schafft es nicht, sich den anderen zu widersetzen und sich dem Reiz des Clubs zu entziehen. Als feiger Mitläufer macht er sich ebenso schuldig wie alle anderen, auch wenn man bis zuletzt hofft, dass er doch noch die Kurve kriegt. Ohne zu viel vorwegzunehmen, merkt man schnell, dass hier kein Happy End zu erwarten ist. Zu stark sind die Netzwerke und zu fest die sozialen Grenzen. So ist „The Riot Club“ ein politisches Statement, der Klassenkampf demnach längst noch nicht ausgestanden und bittere Realität. Wohl nicht nur in England.
Fazit: „The Riot Club“ bietet intensives, manchmal schmerzhaftes Kino. Auch wenn die Welt der universitären Männerbünde den meisten fremd sein dürfte, wird man hineingezogen in die finstere Gruppendynamik, die unaufhaltsam ins Desaster steuert. Und niemand ist da, um die vermeintliche Elite aufzuhalten.
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