Marilyn Monroe ist eine Kinolegende, ihr früher Tod im Alter von 36 Jahren beendete eine Karriere, die tragischer kaum hätte verlaufen können. Marilyns Leben bietet mehr als genug Stoff für einen eigenen Film, doch mit der Verfilmung der Memoiren von Colin Clark greift Regisseur Simon Curtis wenige Wochen im Leben der Diva heraus und ihm gelingt es, den komplizierten Charakter der Schauspielerin in all seiner Zerrissenheit zu zeigen. 5vier.de-Redakteur Andreas Gniffke hat sich den Film im Trierer Broadway angesehen.
Marilyn der Vamp, die wasserstoffblonde Sexbombe – so ist uns die Schauspielerin Marilyn Monroe in Erinnerung geblieben. Doch hinter der Fassade steckte eine zutiefst unsichere, manchmal naive und leicht beeinflussbare Frau, zumindest zeichnet sie so „My Week with Marilyn“ von Regisseur Simon Curtis. Die Dreharbeiten zum Film „Der König und die Tänzerin“ führten im Jahr 1956 zwei Kinolegenden zusammen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Auf der einen Seite Sir Laurence Olivier, der große englische Charakterdarsteller, auf der anderen Seite Marilyn Monroe. Beide erhofften sich einen Karriereschub durch die Zusammenarbeit. Olivier versucht durch den Glanz des Weltstars die eigene Reputation zu erhöhen, Monroe sich als Charakterdarstellerin zu etablieren. Beides scheiterte, der Film floppte und geht im Gesamtwerk der Monroe etwas unter.
Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive des 23-jährigen Colin Clark, ein Sohn aus bestem Elternhaus, der es sich jedoch in den Kopf gesetzt hat, seine Zukunft im Filmgeschäft zu suchen. Sehr zum Leidwesen seiner Eltern, doch deren gute Kontakte verschaffen ihm einen Job in der Agentur von Laurence Olivier und wenige Tage später verschlägt es den jungen Burschen an den Drehort von „Der König und die Tänzerin“. Als dritter Regieassistent ist er Laufbursche und Mädchen für alles und macht seine Sache ausgezeichnet. Gespielt wird Clark von Eddie Redmayne, der im hochrangigen Schauspielerensemble des Films aber eher blass bleibt. Überhaupt beschleicht einen den Eindruck, dass die Präsenz der von Michelle Williams verkörperten Marilyn die anderen Figuren in den Schatten stellt und das ist in diesem Fall wirklich schade. Kenneth Branagh spielt den an seinem amerikanischen Star verzweifelnden Laurence Olivier grandios und gerade die spitzen Dialoge zwischen ihm und Judi Dench als Dame Sybil Thorndike wirken etwas verloren.
Über allem schwebt die mit einem Golden Globe und einer Oscarnominierung gewürdigte Leistung von Michelle Williams, die eine berührende Vorstellung liefert. Dabei sind es sogar zwei Rollen die sie spielt, eine Konstellation, an der die echte Marilyn schließlich wohl zerbrochen ist. Auf der einen Seite das laszive, selbstbewusste Kunstprodukt Marilyn, auf der anderen die am eigenen Talent zweifelnde, depressive und medikamentensüchtige Norma Jean. Beide Seiten der Persönlichkeit verkörpert Williams perfekt und spielt ihr überragendes Talent voll aus, das sie bereits als zerbrechliche White-Trash-Braut im ansonsten leider misslungenen „Blue Valentine“ an der Seite von Ryan Gosling angedeutet hatte. „Soll ich Sie sein?“, fragt Marilyn den jungen Colin und gibt danach vor der gaffenden Öffentlichkeit eine perfekte Marilyn-Vorstellung mit all den Posen, die heute im kollektiven Gedächtnis aller Filmfreunde präsent sind. Der sieben Jahre jüngere Regieassistent hatte sich mittlerweile aufgrund seiner Ehrlichkeit zu einer echten Vertrauensperson für die Diva heraufgearbeitet und so entspinnt sich eine zarte Liebesgeschichte. Dass Marilyn ihn nur benutzen könnte, um über ihre Verzweiflung wegen der Abreise ihres Ehemannes Arthur Miller hinwegzukommen und der Einsamkeit zu entfliehen, kommt ihm nicht in den Sinn.
Neben dem Porträt der wunderschönen und am Leben verzweifelnden Frau ist Curtis‘ Film aber auch eine Hommage an das Kino an einer Zeitenwende und reiht sich so ein in einige Erfolgsfilme der letzten Monate wie „The Artist“ oder „Hugo Cabret“. Laurence Olivier ist ein Mime der alten Schule. Ausgebildet auf den großen Theaterbühnen ist sein Zugang zur Schauspielkunst von entsprechender Dramatik geprägt. Marilyn dagegen widmete sich in dieser Phase intensiv dem Method Acting. Sie studierte bei Lee Strasberg und dessen Ehefrau Paula (gespielt von Zoë Wanamaker) begleitete Marilyn auch bei den Dreharbeiten in England. Doch die Schauspielerin verstand ihre Rolle nicht, konnte sich nicht einfühlen in die Figur der Elsie, was Regisseur Olivier an den Rand des Wahnsinns trieb.
„My Week with Marilyn“ ist im wahrsten Sinne des Wortes ein schöner Film. Die Ausstattung ist perfekt, gedreht wurde in den Pinewood Studios bei London, dort, wo auch „Der Prinz und die Tänzerin“ entstand. Michelle Williams war sogar in der Garderobe untergebracht, in der auch Marilyn sich vorbereitete und wohnte wie diese im Parkside House. Sanfte Farben vermitteln eine ganz besondere Atmosphäre und umschmeicheln die faszinierende Schönheit der Hauptfigur. Entstanden ist ein herrlich unaufgeregter Film, es ist die pure Freude, so vielen hervorragenden Schauspielern bei der Arbeit zuzuschauen. Eine echte 5vier-Empfehlung!
„My Week with Marilyn“ UK/USA 2011, 99 Min, ab 6 J., R: Simon Curtis, D: Michelle Williams, Kenneth Branagh, Eddie Redmayne, Judi Dench, Emma Watson. Zu sehen im Broadway Trier.
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