Im Rahmen des Festivals „Maximierung Mensch“ bot 5vier.de zwei Studenten die Möglichkeit, zwei Stücke zu sehen und ihre Eindrücke dazu in einem kurzen Statement nieder zu schreiben.
FAUSTKAMPF – Die Essenz von Goethe
Wer denkt, die Essenz von Goethes Meisterwerk „Faust“ mit lediglich einer Kiste, einem Mikrofon und nur einem Schauspieler erfassen und umsetzen zu können, sei ein Ding der Unmöglichkeit, der wurde am heutigen Vorabend eines Besseren belehrt.
Georg Mitterstieler ist es in eindrucksvoller Weise gelungen, dem Publikum sieben verschiedene Rollen sowohl humoristisch als auch ergreifend tiefgründig zu präsentieren. Für die musikalische Inszenierung wurde sowohl Mozart als auch psychedelische Techno-Musik mit harten Bässen gewählt. Ein Widerspruch in sich? Irrtum, denn auf der Suche nach Erkenntnis ziehen sowohl Faust als auch die Regisseurin, Rebecca Seiler, alle Register. Mutig modern und zugleich in die Tiefe gehend, offenbart sich dem Zuschauer zusehends das Existenzielle des Stückes. Worum geht es im Leben? Was ist wirklich wichtig? Was bleibt am Ende? – Das ist die Gretchenfrage.
Patrik Meisberger studiert Deutsch und Erdkunde auf Lehramt an der Uni Trier, er ist 25 Jahre alt und im achten Semester.
Das große Beben?
„Frage: ist das schon das ganz große Beben?“
So lautet nur eine der Fragen, die die Autorin des Stückes „Machthaber“, Kathrin Röggla, dem Publikum in kunstvoll moderner Aufmachung regelrecht entgegenschleudert. Die zu Beginn des Stücks noch subtil kritische Atmosphäre steigert sich zu einem Ausbruch der vier Darsteller aus ihrer uhrwerkartigen Gefasstheit, hinein in eine dröhnende, emotionsgeladene Raserei. Das Publikum ist an diesem Sonntag, den 23. Juni, im Großen Haus des Theaters Trier der Krise so nah, wie es nur sein kann. Die große Bühne stellt sowohl Sitzplatz als auch Aufführungsort dar, Zuschauer sind nur wenige Zentimeter vom Geschehen entfernt, der Regisseur Johannes Schmit inszeniert den Reigen aus Tanz und Spiel als dramatisches Theater zum Anfassen.
Vorgestellt werden dem Publikum Investmentbanker, Unternehmer und Politiker, die in Monologen und Gesprächen einen Einblick in die aktuelle Unsicherheit, in die eigenen Angstgefühle und Mutmaßungen im Kontext der weltweiten gar ubiquitären Krise gewähren; präsentiert als Phantome ohne Namen, Repräsentanten von Berufsgruppen, die als Urheber und Einflussnehmer an der Rädern der Weltmaschine drehen und doch definitive Aussagen scheuen. Gesprochen wird ausschließlich in indirekter Rede, was die Kritik an der Unverbindlichkeit der dargestellten Professionen verschärft.
Foto: Theater TrierDas Stück wirft Fragen auf und beantwortet sie schonungslos, wenn auch nicht immer durch das gesprochene Wort. „In der Blase fühlt sich alles toll an. Niemand stellt die richtigen Fragen.“ Die Botschaft, dass viel geredet, aber nichts getan werde, wichtige Dinge zu tun seien, aber teilweise kurioses Agieren zur Realität gehöre, wird in vielfältiger Art und Weise zur Schau gestellt; sei es durch das im Gespräch nebenbei aufgeführte Balletttanzen im klassischen Tutu oder durch die Schleimdusche, die ein Akteur in seiner Rolle als Politiker über sich ergehen lassen muss. Das Einspielen von Radioberichten, aufreibender Musik und Melodien einer Spieluhr sowie das Arbeiten mit Kamera und Filmprojektionen machen die Aufführung turbulent, verlieren sich aber nicht in der Geschwindigkeit und bieten genügend Raum, dieser Flut an Sinneseindrücken Pausen einzuräumen.
Aber „Machthaber“ möchte nicht nur aufrütteln und den Zeigefinger erheben. Es prangert nicht an, konkrete Namen und Urteile werden nicht ausgesprochen und bleiben der Fantasie des Zuschauers überlassen. Humoristische Einlagen und Situationskomik, zuweilen bis zur Absurdität getrieben, machen die Aufführung zu einem anspruchsvollen Ereignis, das auch unterhalten möchte und das Publikum in seinen 80 Minuten fordert und zum Lachen bringt.
Lisa Klauk ist Studentin für Deutsch und Geschichte auf Master of Education. Sie ist 24 Jahre alt und kommt aus Wadern.
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