The Who, The Black Eyed Peas, Usher und Slash, Madonna, Beyoncé, Destiny’s Child, Bruno Mars, Red Hot Chilli Peppers, Katy Perry, Lenny Kravitz, Missy Elliott, Coldplay und Lady Gaga – Allein was in den letzten 7 Jahren die Superbowl-Halbzeit akustisch veredelte, liest sich wie das Who-is-Who der modernen Pop/Rock-Industrie. Am vergangenen Samstag hat man das gleiche beim DFB-Pokalfinale im Berliner Olympiastadion versucht und erntete ein Pfeifkonzert von epischem Ausmaß…
Trier / Berlin. In der Halbzeit der heiß umgekämpften Partie zwischen Eintracht Frankfurt und Borussia Dortmund betrat Schlager-Star Helene Fischer die Bühne und performte ein Medley, dass im Pfeifkonzert des Publikums regelrecht unterging.
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Mit dem Pfeifkonzert sind die Fans nicht allein. Auch Spieler und Vorstände sehen die poppige Halbzeit-Show kritisch, so auch Frankfurts Sportvorstand Fredi Bobic:
„Helene Fischer hat beim Pokalfinale nichts zu suchen, weil wir Fußball spielen, und die wahren Fans des Fußballs haben in der Halbzeitpause keine Lust auf Hollywood.“
Nicht allzu weit von Hollywood, nämlich in Pasadena, Kalifornien, startete die Halbzeit-Show mit Pop-Musik übrigens so richtig durch. Musik während der Superbowl-Halbzeit gibt es zwar bereits seit den 1960er Jahren, aber es war der 31. Januar 1993, als niemand geringerer als Michael Jackson im Rose Bowl Stadion auftrat und fünf seiner größten Hits vor einem Millionenpublikum performte. Dies sorgte für einen derart heftigen Quoten-Zuwachs, dass nach 1993 alle Halbzeit-Shows mit hochkarätigen Popstars besetzt wurden.
Als solchen kann man die irgendwo zwischen Schlager und tanzbarer Popmusik rangierende Helene Fischer mit über zehn Millionen verkauften Tonträgern durchaus bezeichnen. Auch im Fußball ist sie kein Neuling. Auf der „Fanmeile“ in Berlin heizte sie im WM-Jahr 2014 umringt von der heimgekehrten deutschen Nationalmannschaft hunderttausenden Fans ein, die alle begeistert die eingängigen Hits der Blondine feierten. Ob bei Meisterschafts-Feiern, Grill-Partys oder Kneipenbesuchen nach dem Spiel: Helene Fischer läuft überall und wird in der Regel auch überall mitgesungen…oder nach entsprechendem Bier-Konsum wohl eher mitgegröhlt.
Keine Frage, die Musik von Helene Fischer ist kalkulierter Kommerz in Reinform und den künstlerischen Wert der überproduzierten Schlager-Pop-Hymnen wird jeder fachkundige Musiker zu Recht anzweifeln, aber wo ist der Unterschied zwischen Kommerz im Stadion und Kommerz auf einer Meisterschaftsfeier? Und wie passen die Jahresgehälter der Fußballer in das Weltbild der pfeifenden, auf den Kommerz schimpfenden DFB-Kritiker? Für das Geld, dass Manuel Neuer und Thomas Müller im Jahr verdienen, nämlich 15 Millionen Euro, kann man 60 mal Helene Fischer buchen. Geht man nach dem neuen Gehalt von Toni Kroos, dem Real Madrid für die nächsten sechs Jahre 120 Millionen Euro versprochen hat, sind das gar 6x 80 Helene Fischer-Konzerte.
Betrachtet man die Jahresgehälter der Jungs auf dem Sportplatz ist Hollywood schon lange im Fußball angekommen. Die Doppelmoral bei der Kommerz-Definition ist aber vielleicht nur ein vorgeschobener Grund um Stimmung gegen den DFB zu machen, was auch offen im Stadion zur Schau getragen wurde. Ein Dortmunder Transparent mit der Aufschrift „Krieg dem DFB!“ sprach Bände.
Dagegen wirkt ein anderer kursierender Grund für das Pfeifkonzert schon fast naiv unschuldig: gepfiffen wurde vor allem im Frankfurter Fanblock, weil Helene Fischer als BVB-Sympathisantin gilt. Demzufolge hatten in Frankfurt offenbar mehrere Kneipen angekündigt, Freibier auszugeben, wenn das Pfeiffkonzert im Stadion den Popstar übertönt. Fischer reagierte im Anschluss im ARD-Interview mit Humor auf die Pfiffe: „Ich bin kein ausgewiesener Fan, ich habe beiden Mannschaften die Daumen gedrückt. Glückwunsch an alle, die Wirte müssen jetzt ran.“
Titelfoto: Special Olympics 2017; https://flic.kr/p/T3jNr2 [Creative Commons-Lizenz]
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