Am Samstag, 29.Oktober, gab es im Theater Trier die nächste Premiere der Spielzeit: Das Musical „The King and I“. Ein buntes, oppulentes Werk, dem es leider stellenweise an Tiefe fehlt.
Den Film „Anna und der König“ mit Jodie Foster und Chow Yun-Fat ist bekannt, das Musical nach derselben Vorlage der Tagebücher von Anna Leonowens stammt von Richard Rodgers und Oscar Hammerstein II. Seit Samstag kann man im Theater Trier nun besagtes Musical sehen, Regie führte Dale Albright, 5vier.de sprach vor der Premiere mit ihm.
Anna Leonowens, eine englische Lehrerin, muss nach dem Tod ihres Mannes zusehen, wie sie sich und ihren Sohn Louis durch bekommt. Um den Lebensunterhalt zu verdienen nimmt sie die Stelle der Lehrerin im Palast des Königs von Siam an. Dort ist sie schnell nicht nur für die Erziehung und schulische Bildung nach westlichem Vorbild für die zahlreichen Kinder des Königs zuständig. Sie wird ebenfalls zu einer Vertrauten für die vielen Frauen, zu einer Freundin für die unglückliche Prinzessin Tuptim und einer Beraterin für den König. Und sogar noch mehr.
Soweit zum Inhalt. Historisch etwas ungenau, zwar gab es Miss Leonowens und ihren Sohn, sie war auch Witwe und unterrichtete am siamesischen Hof, doch wird ihr Kontakt zum König wohl eher sporadisch gewesen sein. Von einer beratenden Funktion oder einer innigen, wenn auch heimlischen Beziehung, kann wohl nicht die Rede sein. Trotzdem bot der Stoff immer wieder Inspiration für eine Geschichte über eine Liebe, Respekt und fremde, exotische Kulturen.
In den Hauptrollen der Anna und ihrem König sind Evelyn Czesla und László Lukács zu sehen, die Prinzessin Tuptim gibt Claudia-Denise Beck, ihren Geliebten Lun Tha spielt Ensemble-Neuling Luis Lay. Silvia Lefringhausen spielt die Lady Thiang. In den Rollen der Söhne Louis und Chulalongkorn werden von zwei talentierten Jungs gespielt, die sich sogar imselben Alter befinden wie die historischen Vorlagen zu dieser Zeit. Lukas Reinsch und Manuel Thielen teilen sich die Rolle des Thronnachfolgers von Siam und Felix Philippi/Philipp Voigtländer die des Sohnes von Anna.
Die Leistungen, besonders dieser jungen Darsteller, ist immens zu loben. In dieser nicht gerade kleinen Produktion zeigten sie besonderen Mut und Talent sich dieser Herausforderung zu stellen. Auch der mitwirkende Kinderchor des Trierer Konzertchors zog durch seine liebenswerten Auftritte und ihre natürliche Spielweise die Herzen der Zuschauer auf seine Seite. László Lukács zeigt in dieser Inszenierung einen neuen frischen Aspekt seines schauspielerischen Könnens, durch viele Details wirkt sein Spiel natürlicher und dynamischer als gewöhnlich. Die Rolle des Königs, eines kinder- und frauenreichen Vaters, scheint ihm wie auf den Leib geschrieben, doch erst die Feinheiten des Spiels machen die Figur zu einem Ganzen. Evelyn Czesla kämpfte tapfer mit dem fremden, ihr starrsinnig vorkommenden König und mit ihrer oppulenten Garderobe. Im Spiel mit ihrem Bühnensohn Louis und in den kleinen und großen Streitereien mit dem König zeigt sie viel Tiefe. Leider wirkt sie manchmal allzu mütterlich und über den Dingen stehend, was diese schöne Tiefe fehlen lässt.
Doch um „The King and I“ richtig zu beschreiben muss auch gesagt werden, dass sowohl Chor als auch hauseigenes Ballett einen großen Beitrag zum Bild liefern. Sie stellen Hofstaat, gemeines Volk, Nebenfrauen des Königs und eine kleines „Stück im Stück“. Diese eingeschobene tänzerische Darbietung bestach durch fremdländische Ästhetik und war ein kleines Fest für die Augen. Generell kann man sagen, dass die neue Produktion vor allem durch farbenfrohe Optik besticht. Kostüme und Bühnenbild sind mehr als üppig und durch viele, oft glitzernde Einzelheiten hat das Auge immer etwas zu schauen. Die Köstüme, von Michael D. Zimmermann, sind historisch gehalten und immer wieder ein Augenschmaus. Das Bühnenbild ist an einigen Stellen märchenhaft, fast etwas zu märchenhaft, doch immer überwältigend.
Leider muss man sagen, dass „The King and I“ dieses Feuerwerk an Gold, Glitzer und feinen Stoffen braucht, denn an einigen Stellen hätte die Inzenierung mehr Tiefe und Vielschichtigkeit brauchen können.
Dale Albright wollte mit seiner Inszenierung vor allem eines: unterhalten. Dies ist ihm gelungen, doch er hätte ruhigen Gewissens etwas mehr in die Konfliktkiste greifen können. Gibt es doch genügend Konflikte: Sklaverei, Unterdrückung der Frau, Polygamie, letztendlich bieten auch die Unterschiede zwischen den Kulturen genug Potential. Diese Themen werden angekratzt, doch keines davon wirklich aufgegriffen.
Musikalisch sind die Trierer durch die West Side Story nun mitreißende, emotionsgeladene Gassenhauer gewöhnt, dies erwartet sie hier nicht. Die Geschichte ist durch Funk und Fernsehen bekannt, die Lieder sind es eher nicht. Zwar sind die musikalischen Leistungen der Sänger, der Chöre und auch des Orchester unter der Leitung von Christoph Jung durchweg gut, doch die Lieder reißen einen wenig mit.
Insgesamt ist „The King and I“ eine optisch schöne, ansprechende Produktion, die Story ist eine schwärmerische Liebesgeschichte, doch leider fehlt es der Inszenierung an einer Tiefe, die für mehr Reiz gesorgt hätte. Eine Produktion für alle, die gerne in bunten, exotischen Bilder schwelgen.
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