Es ist wohl eines der heißesten Themen, die aktuell in Trier und ganz Deutschland diskutiert werden: Das Flüchtlingsproblem oder das Nicht-Flüchtlingsproblem.
Trier. Eine kaum zählbare Menschenmenge folgte der Einladung zu einer städtischen Informationsveranstaltung in der Grundschule Tarforst am 12. Januar 2016 um 19.30 Uhr. Die Bürgermeisterin Angelika Birk und Baudezernent Andreas Ludwig stellten gemeinsam mit Mitarbeitern das Konzept der neuen Nutzung von Flächen in Tarforst und am Trimmelter Hof genauer vor.
Geplant sind Sozialwohnungen, die in erster Linie für anerkannte Flüchtlinge gedacht sind. Das Spektakel, das sich einem dort bot, war jedoch ganz anders als erwartet. Ich fuhr mit dem Wissen über die Präsentation einer Gebäudeplanung zu dieser Veranstaltung und rechnete mit einem Gremium, ein paar Fotografen und Reportern und vielleicht dem einen oder anderen Bürger, den diese öffentliche Veranstaltung interessiert.
Ich täuschte mich. Was mich in der großen Turnhalle der Grundschule erwartete war ein gigantischer Ansturm von Bürgern, ein kleiner Tisch an dem Bürgermeisterin Angelika Birk und Baudezernent Andreas Ludwig und ein kleines Gremium saßen.
Auch die Veranstalter schienen nicht mit diesem Aufgebot von Menschen gerechnet zu haben. Alle fünf Personen, die vorne das Konzept vorstellten teilten sich ein schnurloses Mikrofon. Damit jeder die Sprecher hören konnte, mussten sie beinahe schon ins Mikrofon brüllen und aufstehen. Soweit so gut. Viele Menschen machen das Geschehen interessanter – dachte ich mir – und behielt Recht. Tatsächlich wurde die Präsentation zu einem Exempel der allgemeinen Stimmung, die in Deutschland zu herrschen scheint.
Es fing ganz harmlos und trocken an. Welche Grundstücke werden erschlossen für die Gebäudeplanung? Wie viele Flüchtlinge haben wir derzeit im Land? Wie sind der Ablauf und das Vorgehen, wenn ein Flüchtling nach Rheinlandpfalz kommt? Welche Stadtteile in Trier haben besonders viele Flüchtlinge aufgenommen?
Eigentlich spannende Fragen, die jedoch mit Zahlen auf eine etwas langatmige Art und Weise mit einer kleinen Beamerprojektion abgeklappert wurden. Selbst ich, der recht weit vorne in der großen Halle saß, konnte kaum erkennen, was dort gezeigt wurde. Für denjenigen, den es interessiert, hier ein paar Zahlen, die ich mir notiert habe:
51.000 Flüchtlinge kamen 2015 nach Rheinland-Pfalz
Die Flüchtlinge werden Landesweit verteilt
500 Flüchtlinge kamen in Trierer Wohnungen
30 davon haben sich selbst eine Wohnung gesucht
20 Flüchtlinge werden in der Geschwister Scholl Schule untergebracht
Die Flüchtlinge kommen aus 23 Ländern
Die meisten kommen aus Syrien, Afghanistan, Pakistan und dem Iran
In Kürenz sind im sogenannten Burgunderviertel 140 untergebracht
In Ehrang sind 110 Flüchtlinge
In Trier-West 160
In Tarforst, Irsch und Filsch 7
Jede Woche kommen ca. 50 neue Flüchtlinge nach Trier die man verteilen muss
… die Zahlen und Fakten gingen weiter…
Dann wechselte die Stimmung und die noch vorher etwas ermüdet wirkenden Besucher der Präsentation, wurden wieder aufgerüttelt. Mir wurde klar warum die Menschen da sind. Als erzählt wurde, dass man noch keine Antwort darauf hat, wie sich das Erbauen des Flüchtlingsheims auf die Grundstückswerte in Tarforst auswirkt, hallte das erste Raunen durch den Raum. Man hatte noch keine Zahlen vorliegen.
Dann kam die nächste Problematik auf, als ein Herr aus dem Publikum in den Saal brüllte: „ Was ist mit unserer Kita? Für die Ausländer habt ihr Geld, aber für unsere Kita nicht.“ Die gemischte Folge: Applaus, Buhrufe und genervtes Stöhnen
Und schon befand ich mich mitten in einem Gesellschaftsspiegel, der sich in mehrere Personenkreise einteilen ließ. Ich hatte eine Antwort auf den großen Ansturm in der Turnhalle. Denn es waren…
… Menschen, die um ihre Finanzen fürchten und die möglicherweise sinkenden Grundstückspreise, wenn das Flüchtlingsheim erbaut wird.
… Menschen, die ihrem Frust mit teils rassistischen Kommentaren freie Luft machen wollten. (Anm.: Als Frau Birk über mögliche berufliche Kompetenzen unter den Flüchtlingen hinwies, flüsterte ein Herr neben mir „Die können gut Bomben bauen.“)
… Menschen, denen das soziale Engagement und der korrekte Umgang mit den Flüchtlingen am Herzen liegen.
… Menschen, die Sorge um das städtische Bild in Tarforst haben.
Die Veranstaltung artete in einem Zank aus, der noch gerade so durch eine Frage und Antwortrunde in den Griff zu kriegen war. Hier ein Auszug:
Ein Mann fragt:
Was macht man, damit so etwas wie in Köln nicht passiert?
Angelika Birk antwortet:
Ich bin entsetzt, das man Menschen nur als Gefahr betrachtet. Es ist rassistisch.
Die Fragerunde nimmt äußerst unangenehme Züge an. Rassistische Fragen, Appelle an das Verständnis für Flüchtlinge und Nächstenliebe. Hin und wieder eine etwas sinnvollere Frage zu dem Bauprojekt.
Dann unterstellt ein Herr am Eingang des Raumes, dass der Beschluss eines Bauprojektes solchen Ausmaßes an Diktatur grenzt. Er erntet Buh-Rufe und ich bin verwirrt darüber, auf was für einer Diskussionsebene man sich inzwischen befindet.
Während ich versuche bei den Fragen und Antworten hinterherzukommen, dass wichtigste an diesem langen Abend herauszufiltern, wird mir etwas klar. Neben der Arm-Reich-Schere, die in den letzten Jahren immer häufiger in den Medien war, hat sich eine neue Schere in Deutschland aufgetan, die sich immer weiter öffnet, bis schließlich beide Klingen voller Wucht zusammenknallen könnten. Es ist eine Links-Rechts-Schere. Es scheint so, als ob die Menschen die objektive und mittlere Ebene verlassen hätten. Es gibt nur zwei Positionen die man beziehen kann und beide sind emotional aufgeladen, was meines Erachtens ein großes Risiko darstellt.
Schließlich milderten sich die Fragen ab und die Gemüter beruhigten sich. Kurz wurde noch über gestalterische Richtlinien gesprochen und dann war ein Abend voller Emotionen beendet. Ich verblieb nachdenklich und unsicher, was ich von diesem „Spektakel“ halten soll. Hoffentlich keimt aus der Problematik im Umgang mit Flüchtlingen nicht noch der Verlust der sachlichen Diskussion.
Sebastian meint
Ich finde es schlimm, das Problemstadtteile wie Ehrang oder Trier- West die Mehrzahl an Asylfordernden aufgedrückt bekommen.
Wir haben schon Probleme genug mit z.b. Drogen, Arbeitslosigkeit und Gewalt.
Ständig wird geduldet, dass die „gehobenen“ Stadtteile sich wehren, weigern und weniger Asylanten zugeteilt bekommen.
Die Herrschaften fürchten um ihr feines Image! Es reicht!!