Von Florian Schlecht (Text)
Das erste Halbjahr der Saison 2013/14 ist in der Regionalliga Südwest vorbei. 5vier blickt zurück auf die Aufstiegsfavoriten, die Krisen bei den Traditionsvereinen, Trainerwechsel und die wichtigsten Rekorde.
Aufstiegskampf mit Exoten, Tradition und Reserven
Als Tabellenführer darf die SG Sonnenhof Großaspach Weihnachten feiern. Mit 40 Punkten hat sich die Mannschaft um den Ex-Trierer Sahr Senesie ein kleines Polster an der Spitze erspielt. Nicht ausgeschlossen ist, dass Großaspach so bald auf den Pfaden seines großen Vorbildes wandert. Nur 100 Kilometer entfernt von dem Verein, der dank der Unterstützung von Multitalent Uli Ferber (Hotelier, Ehemann von Andrea Berg, Berater von Mario Gomez) den Sprung von einer Hobbytruppe hin zu einem ambitionierten Klub vollbrachte, spielt in der 3. Liga mehr als erfolgreich der FC Heidenheim. Sportlich hat Trainer Rüdiger Rehm das Ruder fest im Griff. Der ehemalige Bundesligaprofi setzte im Sommer auf einen abgespeckten Kader und lässt einen schnellen Umschaltfußball spielen, der besonders auf fremden Plätzen zur Geltung kommt. Mit 23 Punkten aus neun Spielen stellt Sonnenhof vor Trier das beste Auswärtsteam.
Größere Tradition haben Eintracht Trier und der FC Homburg vorzuweisen. Das bedeutet meistens auch einen stärkeren Druck im Umfeld. Im Gegensatz zu anderen Schwergewichten der Liga kommen die beiden Südwest-Klubs damit zurecht. Trier behielt im Sommer viele Leistungsträger wie Alon Abelski, Marco Quotschalla und Co., verstärkte sich klug und wählte eine offensivere Ausrichtung. 14 Spiele in Folge ohne Niederlage blieb Trier nach der Auftaktpleite gegen Kassel. Im Rückspiel beim Meister sah die Welt dann anders aus: Der 6:1-Erfolg war ein perfekter Jahresabschluss. Der höchste Auswärtssieg des ersten Halbjahres war dies in der Liga aber nicht. Homburg demontierte Baunatal gar mit 6:0. Ergebnisse, die auch Tennisprofi Sabine Lisicki zufrieden stellen würden. Den deutlichsten Triumph legte der 1. FC Kaiserslautern II mit dem 7:0-Heimsieg gegen den SC Pfullendorf hin.
Ein Torjäger, ein Bollwerk
Der Mann, der es richtig krachen ließ, spielt aber woanders. 21 Tore hat Petar Sliskovic bislang auf seinem Konto. Zum Vergleich: In der vergangenen Saison räumte Jerome Assauer die Torjägerkanone mit 20 Treffern ab, die er in einem ganzen Jahr geschossen hatte. Somit hat Sliskovic einen erheblichen Anteil daran, dass Mainz II mit 45 Treffern die beste Offensive der Regionalliga stellt – und vom Aufstieg träumen darf.
Ob Sliskovic auch in der Rückrunde für die Bruchweg-Kicker spielt, ist offen. Höherklassige Klubs wie RB Leipzig sind an dem Stürmer interessiert. Das Projekt Bundesliga scheint erst einmal gescheitert. Dort brachte ihm gegen den 1. FC Nürnberg nur ein Kung-Fu-Tritt Schlagzeilen ein – und die damit verbundene Rote Karte mit einer mehrwöchigen Sperre für das Fußball-Oberhaus.
Keinen Knipser à la Sliskovic, dafür eine hartnäckige Defensive stellt der SC Freiburg II. Nur 15 Gegentreffer kassierte die jüngste Mannschaft der Liga – und damit die wenigsten.
Zwei Aufsteiger als Überraschungsteams
Auch zwei Exoten klopfen noch an das Tor zur 3. Liga – sofern sie beabsichtigen, einen Lizenzantrag zu stellen. Beim SVN Zweibrücken hat Trainer Peter Rubeck den Fußball, der zum Meistertitel in der Oberliga führte, mit in die Regionalliga entführt. Auch wenn nur vier Spieler aus dem Aufstiegsteam weiter an Bord sind. In neun Partien blieb das Bollwerk ohne Gegentreffer. Der ehemalige Spieler von Eintracht Trier ist ein ehrgeiziger Arbeiter, wie jüngst ein Porträt im „kicker“ demonstrierte: Rubeck ist als Angestellter in einer Apotheke in Völklingen angestellt, fährt bis Zweibrücken immer 54 Kilometer.
Erfolgreich in der Regionalliga angekommen ist auch die SpVgg. Neckarelz. Kurios ist, dass die Mannschaft von Peter Hogen nach Freiburg II zu Hause am stärksten ist. Dabei wurden die meisten Heimspiele im Zweitliga-Stadion des SV Sandhausen ausgetragen, weil die eigene Anlage in Neckarelz renoviert werden musste. Der Aufsteiger überraschte besonders beim 3:3 in Kassel, wo in doppelter Unterzahl ein 1:3 umgebogen wurde.
Wankende Traditionsvereine und Trainerwechsel
In der Regionalliga Südwest spielen viele Traditionsvereine – doch die meisten davon haben durchwachsene Monate hinter sich. Geringe Chancen auf den Klassenerhalt hat der KSV Baunatal, der nur neun Punkte einfuhr und mit 48 Gegentreffern die schlechteste Defensive stellt.
Während der Aufsteiger um ein hartes Jahr wusste, hängt Wormatia Worms überraschend im Tabellenkeller fest. Vor der Saison als ein heißer Favoritentipp auf den Aufstieg gehandelt, hatte Worms mehr Trainer als Siege. Ein Spiel wurde gewonnen – drei Übungsleiter standen schon am Rand. Es begann mit Stefan Emmerling, der in der Krise zurücktrat. Interimscoach Sascha Eller erlebte eine 0:2-Niederlage gegen Hoffenheim II. Dann kam Hans-Jürgen Boysen, der mit der offensivschwächsten Mannschaft nur zwei Punkte in sieben Spielen sammelte.
Doch Worms war nicht der einzige Verein, der den Coach wechselte. Die TuS Koblenz machte den Anfang, warf Peter Neustädter raus und vertraute auf dessen Assistent Evangelos Nessos. Immerhin: Der fuhr stolze 25 Punkte in 15 Spielen ein. Einen Aufschwung gab es auch in Ulm, als Präsidenten-Trainer Paul Sauter das sportliche Zepter an Ex-Profi Oliver Unsöld weitergab. Anders sah es in Pfullendorf aus. Stefan Baierl kam für den erfolglosen Adnan Sijaric – ohne Wirkung.
Niederschmetternd ist der Absturz von Hessen Kassel. Im Sommer scheiterte der amtierende Meister in den Relegationsspielen noch an Holstein Kiel. 18.000 Zuschauer guckten damals im Auestadion zu. Ohne Erfolg war die Verpflichtung von Jörn Großkopf vom FC St. Pauli II. Während der 1:4-Heimpleite gegen Hoffenheim II ließ der Vorstand verkünden, dass die Fans ihr Eintrittsgeld zurückfordern könnten. Großkopf wurde nach einem 0:3 in Zweibrücken entlassen. Danach wurde alles noch schlimmer. Pokal-Aus in Offenbach, ein 0:6 in Kaiserslautern und ein 1:6 gegen Trier vor nur noch 800 Schaulustigen. Wer nach der Winterpause die Fäden in Kassel zieht, ist fraglich. André Schubert (ehemals Paderborn, St. Pauli) arbeitet als Berater, Rüdiger Abramczik ist als Coach im Gespräch.
Bergauf ging es zuletzt am Bieberer Berg. Sportlich hat Trainer Rico Schmitt nach dem Zwangsabstieg von Kickers Offenbach ein Team aufgebaut, das nach einem starken Start in den Keller rutschte, vor der Winterpause aber wieder aufdrehte. Ein 3:0 gegen Pfullendorf, ein 0:0 in Worms und ein 4:0 gegen Koblenz befreiten den DFB-Pokalsieger von 1970 zunächst vor den größten Sorgen. Auch ein drohendes Insolvenzverfahren soll beim hoch verschuldeten OFC zumindest bis zum Jahresende vom Tisch sein.
Zuschauerrekorde und ein Dreifach-Platzverweis
Verlassen kann sich Offenbach auf seine Fans. 6.063 Zuschauer strömten im Schnitt pro Partie an den Bieberer Berg – Rekord. Dahinter folgen Waldhof Mannheim (3.521) und Eintracht Trier (2.000). Zahlen, von denen der SC Freiburg II nur träumen kann. Kein Klub begrüßte weniger Besucher (225) als die Breisgauer zu jedem Heimspiel.
Die meisten Besucher in einem Spiel kamen zum Aufeinandertreffen der Fan-Magneten. Den 1:0-Sieg von Mannheim gegen Offenbach verfolgten 9.784 Zuschauer. Weniger erfreulich war für Waldhof die traurige Bestmarke, die Squipon Bektasi aufstellte, der dreimal vom Platz flog. Eine Ampelkarte gab es zunächst in Mainz, nach der Sperre folgte dann erste rote Karte gegen Homburg – und die zweite gegen Pfullendorf. Mannheim reagierte, schickte den Neuzugang aus Worms in die zweite Mannschaft. Das Happy-End gab es zum Jahresende: Bektasi kam wieder zu zwei Kurzeinsätzen in der Regionalliga. Ganz ohne Platzverweise.
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