Wohin man auch sieht, eines ist klar. 2012 geht die Welt unter. Die Frage ist – warum? Und wie? 5vier Reporter Lars Eggers lugt aus seinem Bunker hervor und fragt nach.
Endlich passiert mal was in der Welt: Sie geht unter. Endlich machen all die Kriege, Naturkatastrophen und Skandale Sinn. Woher wir das wissen? Von den Mayas, jenem mystischen südamerikanischen Volk, das offensichtlich nichts besseres zu tun hatte, als in die Sterne zu gucken und uns eine große runde Steinplatte zu meißeln, die uns darüber informiert: Am 21. Dezember 2012 geht die Welt unter. Wie praktisch. Dann können wir uns dieses Jahr wenigstens den Weihnachtsstress sparen. Und alles was du fürs Ende brauchst, gibt es bequem bei Amazon zu bestellen: kein Witz.
Aber es sind ja nicht nur die Maya, es gibt viele andere Quellen und eine bunte Palette an Möglichkeiten, wie sich die Erde letzten Endes den Abfluss hinunterspült.
Weltuntergangsszenario 1: die Maya
Fangen wir mit dem bekanntesten und offensichtlichsten Szenario an. Die Mayas – übrigens nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Biene. Die Prophezeiung hat alles, was ein modern-weltlicher Panikhase zum wohlig-panischen Auf-und-Ab-Laufen braucht. Am 11. August 2012 bricht das vierte Zeitalter der Maya an: das letzte des Kalenders. Es dauert nur wenige Monate und endet schließlich am 21.12.2012. Dann endet die Welt. Oder?
Leider gibt es nicht sehr viel mehr. Die so oft beschriebene Prophezeiung existiert schlicht und ergreifend nicht. Das Ende des Maya-Kalenders ist ungefähr so aufregend wie die Pappe am Ende deines 2012er Wandkalenders – es gibt keine Untergangsprophezeiung. Einige Seiten im Internet warnen allerdings, dass 2012 laut einer Prophezeiung der Maya-Gott Bolon Yokte, der Herrscher der Totenwelt, auf die Erde herabsteigt. Dies wird in einer Inschrift aus der Maya-Stadt Tortuguero erwähnt. Stimmt soweit – aber auch dort wird mit keinem Wort der Weltuntergang erwähnt. Die Götter steigen im Maya-Mythos alle Nase lang wegen irgendwelchen kleinen Ereignissen auf die Erde. Bolon Yoktes Ankunft hat also nichts mit dem Ende der Welt zu tun – außer für ein paar rituelle Opfer vielleicht – aber man kann es ja nie allen recht machen.
Nächstes Problem: Die Maya hatten nicht nur einen Kalender, sondern mindestens drei. Auch sind unsere Berechnungen nicht halb so korrekt, wie viele glauben, da wichtige Kleinigkeiten, wie zum Beispiel eine eindeutige Referenz zum Abgleichen mit unserem Kalender (der ganz nebenbei mehrmals geändert wurde und alles andere als präzise ist) oder eine detaillierte Kenntnis über die Nutzung der gefundenen Kalender fehlen. Wenn man alle Erkenntnisse zusammenfasst gibt es insgesamt fünf Daten, die das Ende der (Maya-)Zeit darstellen: 1123, 1840, 1989, 2012 und 2184. Ich weiß nicht wie es euch geht, aber mir ist 1989 kein Weltuntergang aufgefallen – von einigen wirklich apokalyptischen Modeerscheinungen vielleicht mal abgesehen.
Fassen wir mal zusammen: Die Maya haben 2012 keinen Weltuntergang geplant und das Datum ist alles andere als sicher. Also – schade – kein sicheres Ende durch den Mayakalender.
Weltuntergangsszenario 2: Nostradamus
Das kann doch kein Zufall sein. Nicht nur die Maya, sondern auch Düster-Welt Prophet Nummer Eins Nostradamus prophezeit den Weltuntergang im Jahr 2012. Und hier gibt es alles, was wir brauchen, um endlich mit gutem Gewissen mit der Renovierung des Bunkers zu beginnen, der seit dem Ausbleiben der Millenium-Katastrophe vor sich hin staubt. Denn Nostradamus hat ja alles vorhergesagt, was so passiert ist – von den Weltkriegen bis hin zum Wasserglas, das mir letzte Woche in der Küche runtergefallen ist. Oder?
Guckt man sich die Originalschriften von Nostradamus mal genau an, so muss man sich ernsthaft fragen: Wie kommen die Jungs, die behaupten 2012 sei ein wichtiges Datum für Nostradamus, auf dieses Datum? Der Apokalypse-Apotheker macht in seinen kryptisch verschlüsselten Reimen keine einzige Zeitangabe. Beispiel gefällig? Hier eine Passage, die viele gern als Beweis für das Ende 2012 à la Nostradamus zitieren:
„So große Hungersnot durch die pesttragende Welle,
Durch langandauernden Regen am weiten arktischen Pol Samatobryn,
100 Orte der Halbkugel
werden gesetzlos und frei von Politik leben.“
Ja. Alles klar. Jetzt sehe ich es auch. Steht ja praktisch wörtlich drin. Vielleicht hätte der gute Nostradamus etwas weniger von seiner eigenen Medizin probieren sollen.
Also wieder Fehlanzeige. Wohin soll man sich jetzt noch wenden? Aber natürlich: die Erfinder der modernen Apokalypse, die schon seit vielen Jahrhunderten Fan-Art von Leuten wie Hieronymus Bosch oder Rogier van der Weyden inspirieren: die Kirche!
Weltuntergangsszenario 3: die Kirche
Nun muss es klappen: Paradise Lost! Die apokalyptischen Reiter! Das Jüngste Gericht! Irgendwo muss doch da was zu holen sein! Oder?
Ich muss erneut enttäuscht den Kopf hängen lassen. Zwar sagen immer wieder christliche Prediger die „Entrückung“ (auch als Rapture bekannt) voraus, aber die katholische Kirche hat bis dato kein Release-Datum für den Weltuntergang herausgegeben. Der letzte Gottesmann, der vom Ende redete, war Harold Camping, ein Prediger aus Kalifornien. Er meinte in der Bibel gelesen zu haben, dass am 21. Mai 2011 die Entrückung losgeht. Offensichtlich hatte er aber eine andere Ausgabe als die Verantwortlichen Autoritäten ein Stock höher, denn nichts passierte. Wenn also jetzt nicht gerade jemand Papst Ratzinger eine Digicam in die Hand drückt und den Kirchenvater als „Papa Ratzi“ bezeichnet ist wohl kein christlicher Gotteszorn zu erwarten.
Unsere letzte Möglichkeit in Panik zu verfallen steht daher – im wahrsten Sinne des Wortes – in den Sternen.
Weltuntergangsszenario 4: der Weltraum
Endlich mal ein faktisch beweisbares Szenario: Erde, Sonne und das schwarze Loch im Zentrum unserer Galaxis werden am 21.12.2012 (da haben die Maya-Fans übrigens das Datum her, steht nicht auf der Steinplatte) eine gerade Linie bilden. Booyah! Instant-Weltuntergang. Ich frage fast flehend: oder?
Werfen wir einen Blick auf die Pressemeldungen der NASA, die sich als echte Spielverderber herausstellen:
„Eine der bizarrsten 2012-Theorien ist mit sehr wenig Rücksicht auf die Fakten entstanden. Dass zur Wintersonnenwende die Erde, Sonne und das schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße auf einer Achse liegen, soll etwas hervorrufen, was aus astronomischer Sicht nicht den geringsten Sinn ergibt.“
Okay. Aber der Weltraum ist doch ein so gefährlicher Ort! Irgendetwas muss es doch geben, dass uns vernichten kann!
„Meteoriteneinschlag? Nichts Derartiges ist 2012 zu erwarten. Ein gigantischer Sonnensturm? Kein besonderes Risiko. Eine Verschiebung der Pole? Sehr unwahrscheinlich in den nächsten Jahrtausenden. Umkehrung der Erd-Rotation? Völlig unmöglich. Supernova? Kein Stern ist so nah, dass er die Erde schädigen könnte.“ Ich muss schon sagen, die NASA ist wirklich überraschend gut informiert und weiß genau, wie man Apokalypse-Ängste zerstreut. Echt enttäuschend.
Was bleibt uns dann noch ganz ohne Weltuntergang? Etwas, dass sehr vielen Menschen offensichtlich sehr viel mehr Angst macht – das Leben geht einfach weiter. Kein Ende in Sicht, zumindest kein absolutes.
Ich jedenfalls werde meinen Bunker so schnell nicht aufgeben – man weiß ja nie! Außerdem kann ich dort ganz phantastisch Kartoffeln lagern und alte Möbel abstellen.
In diesem Sinne: Keine Panik!
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ZurückindieVergangenheit meint
Bravo. Endlich mal ein sinnvoller und unterhaltsamer Artikel zu dem Thema. Es ist wohl wie hier gesagt: Nichts macht den Menschen mehr Angst, als dass es einfach weitergeht.
lukka meint
„Papa Ratzi“…dafür wird Herr Eggers aber einen deftigen Ablass erwerben müssen. 😉