Gegen die Eisbären Bremerhaven (26.1., 17 Uhr) bestreitet die TBB ihr erstes Rückrundenspiel. In einer turbulenten ersten Saisonhälfte musste sich die Mannschaft durch eine beispiellose Verletzungsmisere manövrieren, suchte lange nach ihrer Identität. Nun fehlt vor allem eines: Konstanz. 5vier blickt zurück.
Nach 17 Spielen steht die TBB Trier mit einer 7-10-Bilanz im unteren Tabellendrittel – nicht mitten im Abstiegsgetümmel, aber eben auch weit weg vom Kampf um die Playoffs. Anders als nach der überragenden Hinrunde der Vorsaison; damals lauerte die TBB vor dem Abschluss der Hinrunde in Schlagdistanz zu den Playoffplätzen, nur um nach dem Jahreswechsel wieder in die Niederungen der Liga hinabzustürzen.
Schwieriger Start in eine Seuchensaison
Natürlich hinkt der Vergleich: Nach dem sommerlichen Wechselkabinett wurde der Kader auf den wesentlichen Schlüsselpositionen neu besetzt – analog zum allgemeinen Wettrüsten in der BBL. Zudem kann man in Trier ohne Übertreibung von einer Seuchensaison sprechen.
Schon die Vorbereitung – teils ohne Ward und Chikoko, die sich verletzten, als auch ohne Seiferth und Anderson, die beide verspätet und lädiert zum Team stießen – verlief bestenfalls holprig. Der Rest ist Geschichte: Bis weit in die Hinrunde hinein mussten immer neue Verletzungsfälle kompensiert werden. Am schlimmsten traf es zweifellos Tony Canty, der in der laufenden Saison bisher ganze drei Minuten auf dem Feld stand. Der junge Aufbauspieler avanciert nach seiner zweiten Trainingsverletzung allmählich zur tragischen Figur, die kürzlich absolvierte Schulteroperation wird ihn noch lange außer Gefecht setzen. War der Fehlstart gegen Vechta also nur eine logische Konsequenz? Nicht unbedingt: Das Team hatte auch mit sich selbst zu kämpfen. Trévon Hughes übernahm immer wieder die Rolle des Go-to-Guys, ohne aber den Sieg erzwingen zu können. Dreierspezialist Samenas konnte erst spät in der Hinrunde richtig eingebunden werden, legte lange schwache Zahlen auf. Rookie Warren Ward zahlt in seiner Profisaison vor allem defensiv reichlich Lehrgeld, Stefan Schmidt konnte den verletzten Seiferth schwerlich ersetzen. Jermaine Anderson legte lange schwache Quoten auf – zuletzt war der Kanadier aber die erhoffte Bank.
Die Klassenbesten
Topscorer: Trévon Hughes erzielte 16.2 Punkte pro Partie. Damit liegt er ligaweit auf Platz 6.
Bester Rebounder: Andi Seiferth schnappte 5.4 Rebounds pro Spiel – zur Erinnerung, der 24-Jährige startete veletzungsbedingt mit einem beträchtlichen Vorbereitungsdefizit in die Spielzeit
Bester Vorlagengeber: Trévon Hughes verteilte 3.7 Assists im Schnitt
Bester Balldieb: Abermals Trévon Hughes mit 1.8 Steals, fünftbester Wert in der Liga. Linharts Fußstapfen sind natürlich etwas zu groß
Dauerbrenner: Henrik Rödl setzte Trévon Hughes im Durchschnitt fast 32 Minuten ein, damit liegt der Shooting Guard knapp vor Jermaine Anderson (31 Minuten). Beide starteten angeschlagen in die Saison
Nervenstärkster: Jermaine Anderson verwandelte 45 von 48 Freiwürfen (93.8%) – solche Zahlen hat man in Trier lange nicht gesehen
Scharfschütze: Jermaine Bucknor legt in seiner zweiten TBB-Saison Wahnsinnsquoten auf: Der Forward verwandelt weit über die Hälfte seiner Dreier. Nun darf er seine Fähigkeiten beim diesjährigen ALLSTAR Day unter Beweis stellen
Die Erfolgsgeschichten
Die Saison schreibt allerdings auch ihre Erfolgsgeschichten. Dazu zählen nicht nur die spektakulären Teamerfolge in Ulm und Bonn. Das beste Beispiel gibt wohl Andreas Seiferth ab. Der Center verpasste die ersten drei Spiele und avancierte dann im Zeitraffer vom Invaliden zum Allstar. Nach dem Spiel gegen die Telekom Baskets titelten wir: „Seiferth schießt Bonn ab“, was bei 27 Punkten (Karrierebestwert) keine Übertreibung war. Dabei ist es noch nicht so lange her, dass der gebürtige Berliner hinter dem blutjungen Maik Zirbes nervöse Backup-Minuten abgriff.
NBA scouts will start being seen at Trier games in the near future if Seiferth keeps up this production. – David Hein, beko-bbl.de
Der gefährliche Spätstarter im Team ist Laurynas Samenas. Als ausgewiesener Dreierexperte gekommen, war zu Saisonbeginn nicht viel von ihm zu sehen. Schließlich legte der Litauer aber in fünf Spielen hintereinander 10+ Punkte auf. Höhepunkt: der elfte Spieltag und die Partie in Ludwigsburg. Mit 25 Punkten (7/10 FG, 7/7 FT) drehte Samenas das Spiel und bescherte Trier den knappen Auswärtssieg. Zuletzt ist der Shooting Guard wieder etwas in den Hintergrund getreten.
Für mehr Konstanz steht Jermaine Bucknor. Allseits wird der Kanadier für seine Allrounder-Qualitäten und Crunchtime-Heldentaten gelobt, und das zu Recht. Mit dem höchsten Effizienzwert aller TBB-Spieler und einem fast schon lächerlich sicheren Wurf machte sich der Forward unverzichtbar. Einen Schreckmoment musste auch er verwinden, als unerwartete Rückenprobleme ihn zur Pause zwangen. Schon bald stand der 30-Jährige aber wieder auf dem Parkett. Im Interview mit 5vier.de verriet er: „Ich bin ein Basketball-Junkie“. Bucknor ist die Wohlfühl-Story der Hinrunde.
Und noch eine Erfolgsgeschichte gibt es: Die Zuschauerzahlen. Die sind im Vergleich zur Vorsaison sogar noch leicht gestiegen. Zwar korrigierte ein ausverkauftes Spiel gegen Bayern München (5900 Zuschauer) den Schnitt nach oben. Andererseits machten auch gegen das abstiegsgefährdete Bayreuth rund 4900 Zuschauer die Bude voll. Das Publikum kommt also trotz (oder gerade wegen) der Gefühlsachterbahn in die Arena.
Die Baustellen
Nach zwei wichtigen Siegen im Aufwind, gastierte die TBB am Sonntag beim Tabellenfünfzehnten in Bremerhaven – und musste doch wieder einen Dämpfer hinnehmen. Ursächlich war unter anderem das Reboundverhalten; bislang weder eine Paradedisziplin noch die Achillesferse der TBB. Der Einbruch überrascht. Während sich Trier gegen Bayern und Bamberg extrem teuer verkauft, in Ulm und Bonn sogar gewinnt, setzt es bittere Niederlagen gegen vermeintlich leichtere Gegner. Fans reiben sich am Gegensatz von individualistischem „Hero Ball“ und einer „Pass-First“-Mentalität – beides hat die TBB in dieser Saison schon gezeigt. Kurz und gut: Es fehlt an Konstanz. Der Rückrundenstart gegen Bremerhaven ist insofern ein idealer Gradmesser: Gelingt im wiederholten Aufeinandertreffen nun ein Sieg, findet die Mannschaft vielleicht endlich ihre spielerische Identät.
[statistik]
TBB Teamstats Hinrunde 2013/2014
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Punkte pro Spiel: 77.4
Feldwurfquote: 44.6%
Dreierquote: 36.9%
Rebounds pro Spiel: 33.9*
Assists pro Spiel: 12.1
* Offizielle Beko-BBL-Teamstatistik vermutlich fehlerhaft. In der Addition individueller Spielerstatistiken kommen wir auf andere Werte.
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