16 Premieren, ein Festival, drei One Night Stands, „nebenbei“ externe Stücke, Clubs und Open Air Veranstaltungen. Das Theater Trier kann in der vergangenen Spielzeit wieder auf eine lange Liste von Erfolgen zurückblicken. Eine ereignisreiche Spielzeit, aber auch immer wieder eine Zitterpartie.
„Eines der am wenigsten subventionierten Häuser in Deutschland“, so las man es in der Online-Petition. Dennoch überregionale Aufmerksamkeit für viele spannende Stücke und interessante Inszenierungen. Neben altbekannten Klassikern trumpfte das Theater Trier in der vergangenen Spielzeit auch mit der Aufbereitung von mittelalterlichen und neuzeitlichen Texten auf. Unter dem gespannten Bogen fanden auch Highlights vor allem im Tanztheater ihren Platz. Mehr noch als in der Spielzeit 2011/12 zeigte das Theater Trier sein Engagement für die Kultur in der Region, aber auch den Kämpfergeist für den eigenen Fortbestand. Hatte der eigene Kulturdezernent der Stadt Trier doch in wenigen Worten ein düsteres Bild für die institutionalisierte Kulturszene gezeichnet. Kultur to go; befürchtet wurde leichte Kost mit wenig Kostenaufwand. Ideen, die der Stadt Einsparungen ermöglichen würden, aber eine Universitätsstadt ziemlich arm aussehen lassen würde.
Engagement und Kämpfergeist
So kann’s nicht gehen! Empörung machte sich in den Reihen der Kulturbeteiligten breit, Angst um den Job bei den Angestellten des Theaters, man wollte ein Zeichen setzen, wenn die Erfolge der eigenen Inszenierung anscheinend nicht ausreichen wollten. Eine Onlinepetition wurde ins Leben gerufen, Facebook und Twitter, sowie Öffentlichkeitsarbeit und Demonstrationen in der Innenstadt sorgten für eine breite Aufmerksamkeit, und bescherten Kulturdezernent Thomas Egger über 40.000 Unterschriften auf seinen Schreibtisch. Die würde er in den kommenden Diskussionen mit einfließen lassen. Aber versprechen wollte er nichts. Man müsse ja auch sehen, das Geld knapp sei.
Knapp waren selten die Aufmerksamkeit, ob regional oder überregional, oder der Applaus, für die mit wenigen Mitteln hervorragend inszenierten Stücke mit oft hochkarätiger Besetzung. Man denke nur an La Traviata mit einer wie immer überragenden Adréana Kraschewski oder an Das Leben des Galilei, welches sogar in die Auswahl zur „Wichtigsten Inszenierung des Jahres 2012“ aufgenommen wurde. Besondere Beachtung fanden auch die beiden Tanztheaterstücke Das Narrenschiff und Falco – The Spirit never dies.
Das Narrenschiff, als tänzerische Annäherung an den mittelalterlichen Text von Sebastian Brant, überzeugte nicht nur mit der choreografischen Umsetzung, sondern auch mit atmosphärischem Bühnenbild und Kostümen. Eine tänzerische Annäherung an das Leben eines großen Künstlers stellte wiederum Falco – The Spirit never dies dar, Regisseurin Amy Share-Kissiov bahnte sich ihren Weg zur Figur des Falco und zum Menschen Hans Hölzel zielsicher. Zusammen mit Sänger Alexander Kerbst, der die Kunstfigur Falco spielt, wird dieses Tanztheater eine Wiederaufnahme in der kommenden Spielzeit erleben.
Experimente als Höhepunkte
Auch im Musiktheater waren die Höhepunkte Experimente, auf die man sich eingelassen hatte. Altbekannte Opern auf neue Weise inszeniert, wie etwa der Operndoppelabend mit Orffs Die Kluge und Ravels L’heure Espanol. Die Stimmung mal bedrohlich und düster, dann surreal und märchenhaft, dazu die gekonnten Inszenierungen und Darbietungen der Sänger ließen die zwei so unterschiedlichen Kurzopern zu einem kurzweiligen Abend verschmelzen. Auch Die verkaufte Braut, eine Inszenierung von Thomas Münstermann, stellte ein Experiment dar, wurde doch mit dem etwas verstaubten Image gespielt. Belächelte Nebenfiguren wurden zu virtuos gezeichneten Hauptfiguren gemacht und dem Ganzen so eine neue Richtung verliehen. Als Experiment startete in der vorletzten Spielzeit auch das Studiostück Gut gegen Nordwind, welches sich bis in die letzte Spielzeit als Publikumsliebling behauptete. Auch die Fortsetzung Alle sieben Wellen, nach dem Fortsetzungswerk von Daniel Glattauer, war ein Erfolg und wird in der kommenden Spielzeit fortgesetzt. Neben den hausinternen Inszenierungen rief das Theater Trier auch externe Stücke aus anderen Theatern in die Stadt:
Während des Festivals Maximierung Mensch kamen unter anderem das Theater Koblenz, Kaiserslautern, Mainz, Köln und Saarbrücken nach Trier, um Stücke aufzuführen und den heimischen Theatergänger bequem über den Tellerrand gucken zu lassen.
Gespaltene Spielzeit
Das Theater Trier und auch die zahlreichen Zuschauer blicken auf eine gespaltene Spielzeit zurück. Obwohl jedes der Experimente glückte, jede noch so gewagte Inszenierung ein Treffer war und gerade die „braven“ Stücke eher das Nachsehen hatten, konnte sich gegen Ende der Spielzeit keine Entspannung einstellen. Die Freude über eine qualitativ solide Spielzeit mit nicht wenigen Highlights ist getrübt und bleibt es vorerst auch. Gute Leistung und Zustimmung vonseiten der Bevölkerung und der Zuschauer reichen nicht aus, um dem Theater Trier erneut das Gefühl der Sicherheit zu geben.
Die Zukunft bleibt wackelig und von Mächten abhängig, die auf andere Qualitäten denn auf gute Leistung, effizientes Arbeiten und (über-)regionale Anerkennung achten. Das Schicksal des Theaters Trier und somit vielleicht auch anderer kultureller Einrichtung in Trier und Umgebung ist nach der vergangenen Spielzeit noch nicht besiegelt, aber es bleibt in der Schwebe.
5vier.de dankt für die vielen schönen Inszenierungen und Interviews der letzten Spielzeit und wünscht dem Theater Trier und seinen Mitarbeitern für die kommende Spielzeit alles Gute.
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