Anstößige Kunst in der Europäischen Kunstakademie: Nick Hornbys „Nipple Jesus“. 5vier-Redakteurin Stefanie Braun hat sich das Stück angesehen.
Ein anstößiges Werk ist es, was Nick, ehemaliger Türsteher, in seinem neuen Job als Museumswärter bewachen muss: Eine Jesusdarstellung. Bestehend aus abertausenden von weiblichen Brustwarzen, allesamt aus pornographischen Zeitschriften herausgeschnitten und als Collage zusammengeklebt. Nipple Jesus eben.
Kunst, die nicht nur bei Nick, alias Tim Olrik Stöneberg, Anstoß findet. Schon bald sieht er sich in seinem Job Kunstkritikern gegenüber, die der Ikone mit pornographischem Inhalt mit Stoßgebeten und handfesteren Mitteln entgegentreten wollen. Und als wenn das nicht schwierig genug wäre muss er zudem seine eigene Einstellung zum Thema Kunst überdenken.
Der Monolog von Nick Hornby basiert auf der gleichnamigen Erzählung des britischen Schriftstellers, der mit seinen Bestseller- Romanen „High Fidelity“ und „About a Boy“ weltweite Bekanntheit erlangte. Hornbys Figur Dave, die hier zu ‚Nick‘ umbenannt wurde, setzt sich in „Nipple Jesus“ nicht nur mit seinen eigenen Gedanken zur Kunst auseinander, sondern liefert auch einen witzigen, mit allerlei Spitzen angereicherten Blick in den Kunstbetrieb.
Bereits seit dem 13. Mai wird die Ein- Mann- Show in der Europäischen Kunstakademie aufgeführt, Jungregisseurin Britta Benedetti inszenierte und Tim Olrik Stöneberg spielt den „Sicherheitsbeauftragten/ Kunstexperten“ Nick. Einen Typen, denn man im Volksmund wahrscheinlich als ‚Proll‘ bezeichnen würde. Mit blondem Hahnenkamm auf dem Kopf und Mundartenmix. Mal berlinernd, mal auf Kölsch, mal auf Trierisch philosophiert er sich durch die Kunst und die Akademie und spricht dabei Gedanken an, die vielen schon einmal gekommen sein werden. Was ist Kunst und ab wann darf man sich wagen etwas als solche zu bezeichnen?
Wann geht Kunst zu weit oder kann sie überhaupt nicht weit genug gehen?
Nicks Grenzen sind erreicht als er erkennt woraus der „Nipple Jesus“, den er bewachen soll hergestellt ist. Zumindest sind sie zunächst erreicht, denn als er die Künstlerin persönlich kennen lernen darf, beginnt sein Horizont sich zu erweitern.
Tim Olrik Stöneberg spielt gekonnt die verschiedenen Facetten der Figur des Nick aus; so gekonnt, dass manch einer in Versuchung geführt werden könnte zu glauben, er spiele den prolligen Ex- Türsteher nicht bloß. So erlebt man die Verwandlung des Kunstbanausen zum Kunstversteher und wieder zum -kritiker live mit. Dabei bleibt Stöneberg stets nah an seiner Figur und verleiht ihr damit eine Authentizität, die den Zuschauer stets mitfühlen lässt. Die Erschließung des Raumes oder eher der Räume, die dem Schauspieler und damit auch dem Publikum zur Verfügung stehen, erscheinen nicht nur als Mittel zum Zweck den Zuschauer auf Trab zu halten. Vielmehr helfen sie die Figur des Nick näher kennen zu lernen und verleihen dem Monolog eine gewissen Dynamik. Entworfen wurde die „Bühne“ von Vesna Hiltmann.
Regisseurin Britta Benedetti gelang hier eine Inszenierung, die sich feinfühlig in die Wesenszüge eines einfachen Mannes, engstirnigen Kritikers und fixierten Künstlers hineinversetzen kann. Durch die Nähe zur Figur und das direkte Miterleben und Nachvollziehen-Können seiner Gedanken bleibt die Inszenierung auch nach fast 1 ½ Stunden Monolog spannend. Auch wenn man von dem überraschenden Ende mal absieht.
Insgesamt eine gelungene Inszenierung, die auch durch den besonderen Ort ein passendes Flair bekommt; ob das eigene Seelenheil mit einer Jesus- Darstellung aus „Nippeln“ allerdings umgehen kann bleibt jedem selbst überlassen.
Wer nun neugierig geworden ist hier die Termine für nächsten Vorstellungen:
- Do. 16.06., 20.00 Uhr
- Mi. 22.06., 20.00 Uhr
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