Im KulturGut Trier wird seit einiger Zeit Tribal Fusion Bellydance von der Tänzerin Noelany gelehrt. 5vier.de hat am letzten Montag den Anfänger- und Fortgeschrittenenkurs mitgemacht.
Ich kenne das Gebäude des KulturGuts noch aus alten Palais-Zeiten. Nun soll ich genau dort einen Kurs zum Tribal Fusion Bellydance besuchen. Es hat schon einen gewissen Underground-Touch, die ehemaligen Clubkellerräume als Übungsraum zu benutzen. Der Raum ist mit grünem Licht ausgeleuchtet und versprüht einen leicht mystischen Charme. An der Wand lehnen Spiegel.
Vor dem Kurs spreche ich mit Jeanne Smyczynski, die zum Organisationsteam des KulturGuts gehört und Ansprechpartnerin für die verschiedenen Kurse ist. Die Idee des Vereins ist, eine Plattform für Künstler und Kulturbegeisterte zu bieten und diese zusammenzubringen. Zudem werden gelegentlich Partys angeboten, im Semester viele Studentenpartys. Dann wird der Keller wieder zu dem, was er einmal war: ein Tanzflur. Heute Abend ist er das auch, jedoch auf eine andere Art und Weise. Den Kurs Fusion Bellydance gibt es erst seit März diesen Jahres in Trier, er wurde zunächst nur als Workshop am Wochenende angeboten. Da das Interesse daran schnell sehr groß war, konnten bald Kurse begonnen werden. Die Teilnehmerinnen sind zwischen 16 und 60 Jahre alt – eine gut gemischte Gruppe, die alle zum Ziel haben, ihrem Körper etwas Gutes zu tun.
Leiterin des Fusion Bellydancekurses ist Sabine Poth, die als Erzieherin arbeitet. Oft verwandelt sich jedoch in Tänzerin und Lehrerin Noelany. Eine junge Frau, geschmückt mit Piercings und Tätowierungen und langem dunkelroten Haar. Wer sie einmal tanzen gesehen hat, wird mitgerissen von den gleichzeitig fließenden, und doch kraftvollen Bewegungen. Für sie ist Tanzen mehr als nur ein Hobby, es ist ihr Lebensinhalt: „Er begleitet mich täglich und ist ein großer Teil in meinem Leben. Damit hat Tribal Dance mich mit zu dem Menschen gemacht der ich nun bin. Tanzen ist eine ganz große Leidenschaft von mir!“ Noelany kam über den Bauchtanz zum Fusion Bellydance und entwickelte eine große Leidenschaft für diesen Stil. Den Weg zum KulturGut fand sie über einen ehemaligen Arbeitskollegen, die von ihrem Angebot sehr begeistert waren. Vor allem, da es diesen Tanzstil in Trier bisher noch nicht gab.
Bauchtanz ist für Prinzessinnen – Tribal Dance tanzen Priesterinnen
Dies beschreibt genau den Stil des Tribal Style Bellydance: Ende der 70er Jahre hat sich die Abwandlung des klassischen Bauchtanzes in den USA entwickelt. Tänze aus anderen Kulturen, beispielsweise indische und arabische Folkoretänze flossen in den Gruppentanz mit ein. Die einzelnen Bewegungsabfolgen liegen fest und werden von einer Vortänzerin durch Ques gesteuert, wie zum Beispiel ein Kopfnicken oder eine bestimmte Handbewegung. So wird es ermöglicht spontan und dennoch in festgelegten Bewegungskombinationen zur Musik zu tanzen. Der Tanz sieht dann zwar aus wie einstudiert, ist aber improvisiert. Die Bewegungen sind sehr präzise, kraftvoll und stolz ausgeführt, im Gegensatz zum weichen, eher koketten und sehr weiblichen Bauchtanz. Aus diesem Gruppentanz heraus entstand der Tribal Fusion Bellydance, der in kleinen Gruppen oder auch als Solistin aufgeführt werden kann. Elemente aus Hip-Hop, orientalischem Tanz und Tribal Style fließen mit ein und verleihen der Tänzerin ein kraftvolles Äußeres. Eine Mischung aus beiden Stilen wird im KulturGut in Trier vermittelt – daher der Name Fusion Bellydance.
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Anfänger
Montags um 18 Uhr beginnt der Anfängerkurs, ab Dezember mittwochs. Der Kurs läuft jeweils sechs Wochen und es können zu jeder Zeit neue Frauen dazu kommen. Wir sind heute nur zu dritt. Auf dem Boden des gelegentlichen Tanzflurs rollen wir unsere Iso-Matten aus und beginnen mit Yogaübungen. Wie Noelany erklärt, sind diese nötig, um den Körper flexibel und biegsam zu machen. Die Muskelgruppen, die im Alltag oft vernachlässigt werden, werden gedehnt und gekräftigt. Um richtig fit zu werden, kommt man um das tägliche Üben nicht herum – es ist nötig, um die Tanzbewegungen später präzise ausführen zu können. Anschließend üben wir einige Bewegungsabläufe des späteren Tanzes. Körperliche Fitness sollte auch im Anfängerkurs schon ein wenig vorhanden sein, erklärt Expertin Noelany, zudem sollte man Geduld mitbringen. Wer glaubt, in zwei Monaten tanzen zu können, hat weit gefehlt, denn im ersten Jahr werden nur die Grundbewegungen gelernt. Sobald diese verinnerlicht sind, können sie zu einer Choreographie ausgearbeitet werden. Anfänger können jedoch jederzeit in den Kurs einsteigen, denn die Bewegungen werden oft wiederholt. Im Fortgeschrittenenkurs wird mehr getanzt und Choreographien eingeübt – die Tänzerinnen sind eher ambitioniert und üben viel. Der Tanz ist sehr anstrengend – schon allein wegen der aufrechten und angespannten Haltung. Eine körperliche Herausforderung bis in die Fingerspitzen.
Clubatmosphäre und harte körperliche Arbeit
Schon die Körperhaltung treibt Schreibtischmenschen wie mir die Schweißperlen auf die Stirn. Der Rücken ist gerade, die Schultern nach unten gezogen, die Brust nach vorne gestreckt, die Hüfte nach hinten gekippt. Aus dieser Körperhaltung heraus werden die einzelnen Bewegungen gemacht, immer wieder muss man sie sich ins Gedächtnis rufen. Hierin liegt der Unterschied zum klassischen Bauchtanz, in dem eher weiche Bewegungen gemacht werden. Nach nur kurzer Zeit bemerke ich Muskeln, die lange in Vergessenheit geraten waren. Meine Arme und Schultern beginnen ein wenig zu brennen – dennoch macht es großen Spaß den Körper kontrolliert zu verbiegen und sich einmal nur mit sich selbst zu beschäftigen. Denn gerade die Körperwahrnehmung wird im Alltag oft nur zu gerne vernachlässigt. Die geübten Bewegungen führen wir im Anschluss zur Musik aus. Diese ist im Tribal Fusion Bellydance weniger klassisch orientalisch, sondern hat viele elektronische Einflüsse und ist eine moderne Abwandlung davon. Noelany selbst tanzt am liebsten zu Dubstep. Es macht Spaß, die Bewegungen zum Rhythmus der Musik auszuführen und zu spüren, wie sie von Mal zu Mal einfacher werden. Meine Mittänzerin Andrea, 50 Jahre alt, macht den Kurs neben der Freude am Tanzen hauptsächlich aus gesundheitlichen Gründen, sie hat Probleme mit den Bandscheiben. Die Rückenmuskulatur wird im Tanztraining besonders gut gestärkt, eine spannende Alternative zu konventionellem Krafttraining. Die Kurse dauern jeweils 1,5 Stunden, die Zeit vergeht jedoch wie im Fluge. Als Noelany um 19:15 Uhr ankündigt, wir würden uns nun zum Abschluss mit ein paar Übungen entspannen, bin ich sehr überrascht – wir hatten doch gerade erst angefangen! Auf den Matten machen wir wieder ein paar Yoga-Übungen zu ruhiger Musik. Ich fühle mich richtig gut.
Fortgeschrittene
Normalerweise wäre mein Training als Anfängerin jetzt beendet, aber ich möchte auch den Fortgeschrittenenkurs mitmachen, denn dort lerne ich den richtigen Tanz kennen. Es ist 19:30 Uhr und die Teilnehmerinnen trudeln nach und nach ein. Sie tragen bequeme Kleidung und haben sich ein Tuch um die Hüften gekotet. Viele nähen sich ihre Kleidung selbst. Der Stil ist eine Mischung aus Alternativ und Orientalisch, mit viel Schmuck. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Noelany berichtet, die Tänzerinnen sind auf Auftritten oft beladen mit altem Schmuck, viele haben Tätowierungen und Piercings, jedoch unabhängig vom Tanzstil. Diese Gruppe ist bisher noch nicht aufgetreten. Jedoch würden sie gerne bald auf kommenden Balkan-Beats-Partys in Trier tanzen. Noelany selbst hat schon einige Auftritte in Trier hinter sich, viele Teilnehmerinnen kennen sie daher. Die 50-jährige Ute berichtet, sie habe Noelany einst tanzen gesehen und war davon so begeistert, dass sie es auch gerne versuchen wollte. Heute sind nur fünf Frauen da, normalerweise sind sie im Fortgeschrittenenkurs zu Acht. Die Yoga-Übungen am Anfang und Ende des Kurses sind gleich dem Anfängerkurs. Dazwischen wird getanzt. Dass der ganze Körper und auch die Aufmerksamkeit beansprucht wird, merke ich hier verstärkt. Konnte ich mich vorher im Anfängerkurs intensiv auf eine Übung konzentrieren, muss ich nun mehrere Abläufe gleichzeitig koordinieren. Schrittfolgen kombiniert mit Arm- und Kopfbewegungen, möglichst passend zum Rhythmus – es wird klar, was Noelany meinte mit „die Grundbewegungen müssen automatisiert sein“. Meine Mittänzerinnen sind konzentriert, ihre Bewegungen sehen sehr fließend aus – ich versuche irgendwie hinterher zu kommen. Um 21 Uhr sind wir fertig. Ich bin platt aber glücklich. Auch Tanta, 28 Jahre alt, ist begeistert vom alternativen Bauchtanz. Sie ist schon lange dabei und fühlt sich nach der physischen und psychischen Anstrengung immer wieder sehr gut, so auch jetzt. Sie hat ihre Freundin Chopa, 29 Jahre alt, heute zum ersten Mal mitgebracht, sie wollte sich den Kurs mal ansehen, wie ich. Obwohl sie ebenfalls noch nicht so gut mit den Fortgeschrittenen mithalten konnte, hat ihr so gut gefallen, dass sie nun im Anfängerkurs die Bewegungen lernen will.
Mein Fazit nach drei Stunden Tribal Fusion Bellydance ist: Fünf Sterne für Körper und Geist!
Fotos: Anna-Lena Bauer (1-3) und Noelany (4-7)
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