Jeder Bewohner aus Trier oder dem umliegenden Gebiet kennt sie. Sie ist groß, gelb, rot, lang und begegnet man ihr wird man angestarrt. Ich rede hier natürlich über den Römerexpress. Im Volksmund auch einfach die „Bimmelbahn“ genannt.
Trier. Meistens steht sie an der Porta Nigra: Die „Bimmelbahn“. Eine lange Wagonkette, mit einem Traktor vorne dran, der als Lokomotive getarnt ist. In dem Zug sitzen gefühlte 100 Menschen die uns bei den alltäglichen Tätigkeiten beobachten. Je nach Wetter lunzen sie uns durch eine Acrylglasscheibe an. Aus den Boxen dröhnen Worte in einer Fremdsprache. Irgendwie hat das schon was Voyeuristisches. Es erinnert ein wenig an den Jurassic Park, nur eben das wir die Dinos sind.
Ich weiß natürlich, dass wir Trierer auf den Tourismus angewiesen sind. All die Asiaten, Franzosen und sonstigen Urlauber füttern unsere Geschäfte geradezu mit Euros. Aber dennoch muss ich zugeben, dass dieser Zug mich nicht selten stört. Es kam schon häufig vor, das ich stark auf die Bremse treten musste, wenn die rot-gelbe Bahn durch die Straßen schleicht. Oder wenn ich am Dom von der „Sieh um Dich“ in die Innenstadt gehen wollte, einen großen Schlenker machen musste, weil sich mir eine motorisierte Wand in Schrittgeschwindigkeit in den Weg stellte.
Ja, wir armen Trierer. Wir lassen uns begaffen und bremsen von dem Tourismus und ich habe mich schon häufig gefragt in wie vielen Fotoalben, die irgendwo in China rumliegen, mein Gesicht zu sehen ist. Andererseits ist es doch so, das wir stolz auf unsere reichhaltige Kultur sind. Auf unsere römischen Bauten, den Stein, den der Teufel gegen den Dom schmetterte und auch unsere Innenstadt mit ihrer großartigen Architektur. Den Porz, den Moselwein und Kaiser Konstantin. Wir wollen sie Teilen, wir wollen Profit daraus schlagen und können uns doch letztendlich glücklich schätzen, dass da draußen so viele Menschen sind, die sich ebenfalls dafür interessieren. Da werde ich auch gerne zum Dinosaurier, lasse mich mustern und ablichten, während im Hintergrund die Geschichte unserer Stadt auf Französisch erklärt wird.
Wenn man den Stolz unseres Kulturreichtums hinzu zieht, muss man allerdings auch kritisch mit der Kritik an der Bimmelbahn umgehen. Der Zug fährt schließlich schon seit über 20 Jahren durch unsere Stadt. Egal ob bei Regen oder Schnee. Dieses Gefährt gehört zu unserer Stadt. Solange es die Wetterverhältnisse zulassen ist der Römerexpress unterwegs. Man erkennt ihn schon aus der Ferne und er hat sich zu einem kleinen Wahrzeichen entwickelt, dass es mich nicht wundern würde, wenn er in ein paar hundert Jahren in den Geschichtsbüchern der Stadt Trier Erwähnung findet. Ein mobiles Kulturgut der Zukunft wäre vielleicht der richtige Begriff für diese Bahn. Als Trierer meint man gerne mal von diesem Koloss genervt zu sein, doch vielleicht hält es sich wie mit der einen oder anderen Sehenswürdigkeit der Stadt. Man sollte sie womöglich einfach mal selbst erleben. Sich die Zeit nehmen und mitfahren und die Trierer Urgesteine mal aus der Perspektive der Touristen betrachten. Es kann ja sogar sein, das man hier und da noch was dazu lernt, was man damals im Sachkunde Unterricht in der Grundschule versäumt hat. Die Fahrt ist nicht teuer, also werde ich gerne mal zum Touristen in meiner eigenen Heimat. Eine Fahrt für mehr Verständnis für den langsamen Zug.
Raphael Wlotzki
PS.: Bei der Recherche hat sich im Nachhinein herausgestellt, dass auf dem Nummernschild der Bimmelbahn „T-Rex“ steht, was super zu meiner Dinosaurier Metapher passt. Ich wollte diesen kleinen lustigen Zufall natürlich nicht unerwähnt lassen. Das konnte ich mir nicht verkneifen.
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